Geliebte der Finsternis
schlüpfte Cassandra in ein dunkelgrünes Seidennachthemd, das Phoebe ihr gebracht hatte. Zu ihrer Verblüffung passte es ihr trotz des leicht gewölbten Bauchs perfekt.
Sie stiegen ins Bett, und Wulf nahm Cassandra in seine warmen Arme. »Wie geht es dir wirklich, villkat?«
» Das weiß ich nicht. Welch eine seltsame, aufregende Nacht.« In Gedanken erlebte sie all die Ereignisse noch einmal. So viel hatte sie gelernt. Sie vermochte die Überraschungen kaum zu bewältigen. Jetzt war sie völlig erschöpft. »Tut mir sehr leid, dass du dein schönes Haus verloren hast.«
Sie spürte, wie er die Achseln zuckte. »Häuser kann man wieder aufbauen. Zum Glück ist niemand verletzt worden. Das finde ich viel wichtiger.«
»Ja, ich auch.«
Wulf merkte, dass sie sich entspannte. Mit geschlossenen Augen schmiegte sie sich an ihn. Er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar, atmete ihren zarten, femininen Duft ein.
Nach allem, was in dieser Nacht geschehen war, schwirrte ihm der Kopf. Am meisten hatte ihn das Bild des Babys auf dem Monitor des Ultraschallgeräts beeindruckt. Er legte seine Hand auf Cassandras Bauch und malte sich aus, wie das Kind darin heranwuchs. Sein Kind.
Sein und ihr Sohn.
Ein Teil von ihnen beiden, das Kind eines Dark Hunters und einer Apollitin, zweier Geschöpfe, die sich niemals hätten vereinen dürfen. Trotzdem lagen sie hier beisammen. Keine Feinde mehr. Wie sollte er Cassandra nennen? Seine Liebhaberin. Seine Freundin.
Bei dieser Erkenntnis stockte sein Atem. Ja, tatsächlich, die Freundschaft einer Frau. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten. So oft hatte er in den letzten drei Wochen mit ihr gelacht, ihren Geschichten gelauscht, ihre Angst gespürt, ihre Hoffnungen für die Zukunft des Babys geteilt.
Er würde sie verlieren.
Zorn und Schmerz stiegen in ihm auf. Und Neid, als er an die drei Dark Hunter dachte, die eine zweite Chance bekommen hatten.
Gewiss, er freute sich, weil Talon und Kyrian Ehefrauen gefunden hatten. Das verdienten sie, denn sie waren gute, ehrenwerte Männer.
Würde das Schicksal ihm doch auch ein solches Glück gewähren.
Cassandras Verlust … Dieser Schmerz wäre unerträglich.
Nun, vielleicht wünschte er sich zu viel - Cassandra und das Baby.
Lebendig und gesund.
Könnte er Mittel und Wege finden, sodass sie ihren siebenundzwanzigsten Geburtstag überleben würde?
Irgendeine Möglichkeit musste es geben. Die Götter sorgten stets für einen Ausweg. Nein, dies durfte nicht das Ende seiner Beziehung zu Cassandra sein. Was immer es kosten mochte, er würde einen Ausweg finden.
Die grausame Alternative würde er niemals akzeptieren.
12
Erst kurz vor sechs Uhr abends erwachte Cassandra und stellte fest, dass sie allein im Schlafzimmer war. Sie stieg aus dem Bett und zog die Sachen an, die Phoebe ihr gebracht hatte - eine schwarze Umstandshose und einen voluminösen grauen Pullover.
Dann öffnete sie die Tür und sah Chris, Wulf und Kat am Boden sitzen und essen. Beim Anblick des Festmahls, das sie genossen, blieb ihr die Luft weg.
»Hungrig?«, fragte Chris, als er sie zögernd auf der Schwelle stehen sah. »Komm her! Wulf schwört, so was hätte er seit seinen Tagen in der nordischen Methalle nicht mehr gesehen. Greif nur zu!«
Cassandra setzte sich zu ihnen vor den Couchtisch. Darauf standen einige Dutzend Platten mit verschiedenen Speisen.
Erstaunt inspizierte sie, was die Apolliten serviert hatten. Steaks, Fische, Brathühner, Eier, Kartoffeln, Bananen, Äpfel, et cetera. Was immer das Herz begehrte.
»Shanus sagte, sie wüssten nicht, was oder wie viel die Menschen essen«, erklärte Kat und leckte ihre Finger ab. »Deshalb haben sie ein bisschen übertrieben.«
»Nur ein bisschen?« Cassandra lachte. »Mit diesem üppigen Frühstück könnte man ein ganzes Dark Hunter-Heer sättigen.«
»Ja, ich weiß«, gab Kat lächelnd zu. »Und es schmeckt wirklich gut.«
Das bestätigte Cassandra, sobald sie in eine saftige Lammkeule gebissen hatte.
»Da ist das Minze-Gelee.« Kat reichte ihr eine Schüssel. »Warte, bis du das gekostet hast!«
»Moment mal, du triefst vor Fett …« Wulf ergriff eine Serviette und wischte Cassandras Kinn ab.
»Danke.«
Grinsend nickte er ihr zu.
Nach der Mahlzeit beschloss sie, spazieren zu gehen, denn sie brauchte Bewegung, um die Völlerei zu verkraften. Wulf begleitete sie. Da er dem Frieden immer noch misstraute, wollte er sie nicht aus den Augen lassen.
Sie verließen das Apartment und wanderten zum
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