Geliebte der Finsternis
weiteren erfahren: Die Agkelos erbeuteten nur böse Menschenseelen, und die Anaimikos wurden von ihresgleichen ernährt.
Wussten die anderen Dark Hunter darüber Bescheid? Wenn ja - warum hatten sie ihm nichts von den verschiedenen Daimon-Gattungen erzählt?
»Wie hast du Urian kennengelernt?« Cassandra stand vom Bett auf und räumte die Kleidung, die Phoebe ihr gebracht hatte, in den großen Schrank neben der Tür.
»Als wir in der Schweiz lebten, beobachtete er uns. Er sollte Informationen sammeln, um uns zu töten. Aber wie er mir später gestand, verliebte er sich in mich, sobald er mich sah.« Phoebes Augen strahlten, und Cassandra freute sich über das Glück ihrer Schwester. »Eines Nachts trafen wir uns zufällig. Ich war nach dem heftigen Streit mit Mom über das College aus dem Haus geflohen. Da ertappte ich ihn in seinem Versteck.«
An diese Nacht erinnerte Cassandra sich sehr gut. Ihre Mutter und Phoebe hatten nur selten gestritten. Aber damals waren sie besonders wütend gewesen. Phoebe wollte wie ein normaler Teenager Abendkurse belegen. Und Mom hatte es ihr verboten.
»So schön war er …«, seufzte Phoebe träumerisch. »Obwohl ich wusste, dass er ein Daimon war, fürchtete ich mich nicht. In jener Nacht unterhielten wir uns stundenlang. Dann trafen wir uns immer wieder.«
»Also deshalb bist du jede Nacht davongeschlichen«, bemerkte Cassandra und entsann sich, wie sie Phoebe geholfen hatte, das Haus unbemerkt zu verlassen.
»Ja. Sechs Monate nach meiner ersten Begegnung mit Urian wurde sein Vater ungeduldig und bombardierte das Auto. Eigentlich sollte ich nicht mitfahren, sondern bei dir zu Hause bleiben. Weißt du noch?«
Auch an diesen Abend erinnerte Cassandra sich ganz genau. Kristallklar hatte sich jede Einzelheit in ihr Gedächtnis eingegraben. Weil sie an Übelkeit gelitten und die Mutter ihr verboten hatte, das Bett zu verlassen, war sie daheimgeblieben.
»Natürlich, du wolltest Nia zum Flughafen begleiten«, antwortete sie mit gepresster Stimme. Die ältere Schwester hätte in einer Chartermaschine nach Paris fliegen sollen, um den Vater zu besuchen. Dort wäre sie eine Woche geblieben und dann mit dem Vater in die Schweiz zu einem kurzen Urlaub zurückgekehrt.
Phoebe nickte. »Gerade noch rechtzeitig zog Urian mich aus dem brennenden Wagen und rettete mich mit seinem Blut.«
Erschrocken hielt Cassandra den Atem an. »Hat er dich gegen deinen Willen in einen Daimon verwandelt?«
»Nein, es war mein Entschluss. Ohne sein Blut wäre ich gestorben. Ich wollte ihn nicht verlassen.«
Nun ergriff Wulf das Wort. »Wie hat er einen Daimon aus Ihnen gemacht, Phoebe?«
Beide Frauen schauten ihn ungläubig an.
»Wenn ein Apollit das Blut eines Daimons trinkt, wird er automatisch umgewandelt«, erklärte Cassandra. »Wusstest du das nicht?«
»Nein, ich dachte, zu diesem Zweck müsste er sich eine menschliche Seele aneignen.«
»So ist es nicht«, erwiderte Phoebe. »Niemals habe ich einen Menschen getötet. Ich bezweifle, dass ich es könnte.«
Wenn Cassandra sich auch darüber freute - für einen Daimon war ein solches Leben sehr schwierig. Und gefährlich. »Was tust du, wenn du zu lange von Urian getrennt bist, Phoebe?«
»Ein Apollit teilt ihm mit, ich würde ihn brauchen. Aber Urians Blut ist ungewöhnlich stark. Deshalb komme ich sehr lange ohne neue Nahrung aus. Außerdem wird im Krankenhaus ein Vorrat verwahrt, für Notfälle. Jedes Mal, wenn er mich besucht, füllt er diese Kanister mit seinem Blut auf.«
»Und der Vorrat wirkt genauso wie bei einer direkten Zufuhr?«, erkundigte sich Cassandra. Im Gegensatz zu den Apolliten war es nicht das Blut, das die Daimons ernährte, sondern die Lebenskraft des Spenders.
»Nun, die Wirkung hält nicht so lange an, hilft mir aber über ein oder zwei Stunden hinweg, bis Urian zu mir kommen kann.«
»Also tötet er für euch beide?«, fragte Wulf.
»Ja.« Phoebe ergriff die Hand ihrer Schwester. »Bedaure mich nicht, Cassie. Mein Ehemann liebt mich mehr als alles andere in seiner Welt. Wäre es nicht so, hättest du den Tod gefunden. Ich hoffe, auch du wirst das Glück einer solchen Liebe kennenlernen.« Sie küsste Cassandras Wange. »Jetzt musst du dich ausruhen. Es war eine lange Nacht. Soll ich dir etwas zu essen holen?«
»Nein, danke, ich brauche nur ein bisschen Schlaf.«
»Dann wünsche ich euch beiden einen guten Tag.« Phoebe verließ das Zimmer, und Wulf versperrte die Tür hinter ihr.
Während er sich auszog,
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