Geliebte der Nacht
schüchtern.
»Ja Margret?«
»Ihr müsst schlafen und stark für Euren Sohn sein. Wenn Lady Cassandra erwacht, werde ich Euch sofort wecken.«
»Ich kann nicht schlafen, wenn ich weiß, dass es ihr schlecht geht«, murmelte er und verdrängte die Tränen ein weiteres Mal.
Einige Strähnen fielen ihm ins Gesicht, die das Lederband nicht hatte halten kön nen, un d verliehen seiner traurigen Erscheinung noch einen mitleiderregenden Akzent. Tiefblau waren die Ringe unter seinen Augen, doch so übernächtigt er war, er konnte und wollte seine geliebte Gräfin nicht allein lassen. Vorsichtig legte die Dienstmagd ihre Hand auf seine Schulter.
»Ich mache mir Sorgen um Euch, Herr«, sagte sie leise.
»Eure Fürsorge in allen Ehren, aber ich kann nicht«, widersprach James.
Margret seufzte und nickte knapp. Sie war bloß die Magd und wollte deshalb nicht respektlos werden, immerhin war sie auf ihren Lohn angewiesen. Aydan gluckste in seiner Kinderwiege und drohte jeden Moment zu schreien, weshalb die Magd ihre Hand von James‘ Schulter zog und um das Bett herum ging. Vorsichtig nahm sie den kleinen Erben Avabrucks hoch, als sie vor der Wiege stand, und musterte ihn. Sie erinnerte si ch, als wäre es gestern gewesen, dass sie Mira das erste Mal im Arm gehalten hatte und nun war ihre Tochter mit irgendeinem Herrn durchgebrannt und hatte sich nicht mehr gemeldet. Nicht mal einen Brief hatte dieses undankbare Kind geschrieben, dabei hatte Margret alles für sie getan. In diesem Augenblick stellte die Magd sich die Frage, ob sie etwas falsch gemacht hatte in der Erziehung Miras. Ein leises Stöhnen ließ sie und James zur Gräfin blicken. Cassandra bewegte unmerklich ihren Kopf und ihre Lider flatterten. In den bordeauxfarbenen Laken sah sie aus wie eine Marmorstatue, die zum Leben erwacht war. Ihr Atem ging schwer und James starrte sie an.
»Meine Schöne«, hauchte er und streichelte sanft ihre Wange.
Cassandra stöhnte schmerzvoll auf und ihr Ausdruck verriet, dass sie die Zähne zusammenbiss. Kleine Schweißperlen standen auf ihrer Haut und ihre Temperatur nahm rasch zu.
»Sie hat Fieber«, sagte James laut genug, dass Margret es hören konnte.
Der Graf zog die Decke zurück, der Schnitt an ihrem Oberkörper schien entzündet zu sein, denn um die Schnittstelle hatte sich eine rote Umrandung gebildet. Vorsichtig glitten die Finger seiner linken Hand an der Schnittwunde entlang und er ertastete die Hitze, die die Verletzung ausstrahlte. Er dachte nach und im nächsten Augenblick ließ ein gellender Schrei ihn zusammenzucken. Cassandra bäumte sich auf und schrie so laut, dass einem das Mark in den Knochen erfror.
~ Cassandra ~
Ihr Schrei tat selbst ihr in den Ohren weh, doch verstummte sie einfach nicht. Die Schmerzen waren viel zu groß und sinnesraubend. Si e wusste nicht, was in ihr vorging, bloß diese Hitze raubte ihr den Verstand. Cassandra spürte, dass ihr Körper sich veränderte und sie merkte das unkontrollierte Zucken ihrer Glieder, das plötzlich eingesetzt hatte. Der kalte Lufthauch an ihrer Haut ließ sie erzittern, aber ihre zuckenden Gliedmaßen hielten nicht still, auch nicht, als sie James‘ kraftvollen Griff um ihre Arme fühlte. Sie hörte Aydan schreien.
Ihre Beine strampelten wie wild und es erschien ihr, als würde sie von innen heraus verbrennen. Sie bäumte sich auf und ihre Schreie verstummten immer noch nicht.
»Holt Caleb her«, drang James‘ aufgebrachte Stimme an ihr Ohr.
Sie vernahm keine Antworten, ebenso wenig Schritte. Mit wem hatte er gesprochen? Vielleicht war es ein Bediensteter gewesen, dachte sie. Cassandra hörte ihren Gemahl murmel n.
»Was ist es nur, was m it dir geschieht, meine Schöne?«
Zu gern hätte sie geantwortet, dass sie es selbst nicht wusste. Ihre Lider waren schwer wie Blei und sie schaffte es nicht sie zu öffnen, bis eine erneute Hitzewelle über ihren Körper hinweg rollte. Die Gräfin riss die Lider auf und starrte ihren Mann an, weiterhin schrie sie und wurde nicht heiser. James schreckte zurück.
»Deine Augen«, sagte er erschreckt und blickte sie mit aufgerissenen Iriden an.
Sie spürte, wie etwas ihre Luftröhre hinauf kroch und sich ausbreitete, in ihr stieg Panik auf, dass sie ersticken könnte. In ihrem Kopf hallte immer nur eine Frage wider: »Was ist das?«
Mit einem Mal erstickten die Schreie und ein kehliges Grollen rol lte ihre Kehle hoch. Cassandra wusste nicht, was geschah, das eigene Knurren verängstigte sie und Panik ließ
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