Geliebte der Nacht
fest und zielstrebig.
Er hielt vor einer Glastür, und als Gabrielle neben ihn trat, sah sie etwas, was nach einer Art Kontrollraum aussah. Da gab es Monitore und Computer, die eine lange, U-förmige Konsole säumten. Digitale Lesegeräte übermittelten Koordinaten von einer vielfältigen Hightech-Maschinerie. Im Zentrum des Ganzen fuhr ein freakig aussehender junger Mann auf seinem Drehstuhl zwischen den zahlreichen Workstations hin und her wie ein Konzertmeister. Sein kurzes blondes Haar stand zerzaust und stachelig von seinem Kopf ab, was sehr lustig aussah. Er blickte auf, und in seinen blauen Augen stand erst eine Begrüßung und dann leichte Überraschung, als die Tür aufglitt und Lucan mit Gabrielle an seiner Seite hereinkam.
„Gideon“, sagte Lucan mit einem leichten Nicken.
Das war also der Mann, von dem er gesprochen hatte, dachte Gabrielle und bemerkte erleichtert das zwanglose Lächeln und den freundlichen Blick des Fremden. Er stand von seinem Stuhl auf und nickte erst Lucan, dann Gabrielle zu.
Gideon war groß und schlank mit jungenhaft gutem Aussehen und ungezwungenem Charme. Ganz anders als Lucan. Er war überhaupt nicht so, wie sie sich einen Vampir vorgestellt hätte – nicht dass sie auf diesem Gebiet viel Erfahrung hatte.
„Ist er –“
„Ja“, antwortete Lucan, bevor sie den Rest der Frage flüstern konnte. Er stellte die Reisetasche auf einen Tisch. „Gideon gehört zum Stamm. Genau wie die anderen.“
Da erst wurde Gabrielle bewusst, dass das Gespräch, das sie auf dem Weg hierher gehört hatte, verstummt war.
Sie spürte weitere Blicke auf sich. Sie kamen von irgendwo hinter ihrem Rücken. Als sie sich umdrehte, schien die gesamte Atemluft aus ihren Lungen zu entweichen. Drei große Männer standen hinter ihr im Raum. Einer, in dunklen, offenbar maßgeschneiderten Hosen und elegantem weitem Seidenhemd, aalte sich in einem Lederclubsessel. Ein anderer, der von Kopf bis Fuß in schwarzes Leder gekleidet war und die kräftigen Arme vor der Brust verschränkt hielt, lehnte an der hinteren Wand. Der letzte stand in Jeans und weißem T-Shirt über einen Tisch gebeugt, wo er die kompliziert aussehenden Teile einer zerlegten Handfeuerwaffe gereinigt hatte.
Alle drei starrten sie an.
„Dante“, sagte Lucan und deutete auf den grüblerischen Mann in dem Lederoutfit, der ihr grüßend zunickte – oder vielleicht eher abschätzend, wenn sie danach ging, wie sich seine dunklen Augenbrauen hoben, ehe sein Blick leicht verschmitzt wieder zu Lucan glitt.
„Der Technikfreak da drüben ist Nikolai.“ Bei der Vorstellung durch Lucan schenkte der Mann mit dem lohfarbenen Haar Gabrielle ein kurzes Lächeln. Er verfügte über scharf geschnittene Gesichtszüge, faszinierend hohe Wangenknochen und einen starken, störrischen Kiefer. Selbst während er sie ansah, handhabten seine gelenkigen Finger die Waffe so mühelos, als könnte er die Teile dieses Stücks auch im Schlaf zusammensetzen.
„Und das da ist Rio“, sagte Lucan und deutete auf den Hübschen mit dem tadellosen Sinn für Stil. Der Mann, der lässig in dem Sessel lümmelte, schenkte ihr ein glutvoll strahlendes Lächeln, das vor natürlichem Sexappeal sprühte. Doch im Blick seiner dunklen Topas-Augen lag eine eindeutig gefährliche Energie.
Diese vage bedrohliche Energie ging von jedem von ihnen aus. Dazu waren trotz ihrer entspannten Haltung der muskulöse Körperbau und die offen gezeigten Waffen eine deutliche Warnung, dass es sich hier um Männer handelte, die den Kampf gewöhnt waren. Vielleicht blühten sie dadurch sogar auf.
Lucan legte seine Hand auf Gabrielles Rücken und zog sie leicht zu sich heran. Seine plötzliche Berührung erschreckte sie, als er vor den drei anderen Männern Nähe zwischen ihnen herstellte. Sie war noch nicht ganz sicher, ob sie ihm traute, aber wie die Dinge lagen, war er ihr Verbündeter in einem Raum voller bewaffneter Vampire.
„Das ist Gabrielle Maxwell. Sie bleibt vorerst bei uns.“
Er ließ das ohne Erklärung so stehen, als wollte er diese tödlich aussehenden Männer herausfordern, ihn zu hinterfragen. Keiner tat es. Als sie Lucan ansah, seine Befehlsgewalt inmitten so viel Kraft spürte, da wurde Gabrielle bewusst, dass Lucan nicht bloß einer dieser Krieger war.
Er war ihr Anführer.
Gideon war der Erste, der das Wort ergriff. Er kam um seine Computer und Monitore herum und streckte Gabrielle die Hand entgegen. „Es ist schön, Sie kennenzulernen“, sagte er, wobei in
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