Geliebte der Nacht
…“
„Alles okay hier?“, fragte Ray, trat an den beiden Frauen vorbei auf Lucan zu und legte seine Hand leicht auf das Holster mit seiner Dienstwaffe.
„Alles in Ordnung“, antwortete Gabrielle schnell. Sie wies mit der Hand auf Lucan. „Das ist, äh … ein Freund von mir –“
„Wolltet ihr gerade irgendwohin?“ Megans Freund trat noch einen Schritt vor und deutete auf die vollgestopfte Reisetasche, die neben Lucans Füßen lag.
„Äh, ja“, antwortete Gabrielle, wobei sie schnell an Ray vorbeiging und sich zwischen ihn und Lucan stellte. „Ich bin heute Abend ein bisschen aufgewühlt. Ich dachte, ich fahre in ein Hotel und entspanne mich etwas. Lucan ist hergekommen, um mich hinzubringen.“
„Hah.“ Ray versuchte um sie herum einen Blick auf Lucan zu werfen, der nach wie vor unhöflich stoisch und schweigend dastand. Lucans abschätziger Blick verriet, dass er den jungen Polizisten bereits taxiert und für nicht ernst zu nehmen befunden hatte.
„Ich wünschte, ihr wärt nicht hergekommen, Leute“, meinte Gabrielle. Und das war die reine Wahrheit. „Wirklich, ihr müsst nicht bleiben.“
Megan trat zu ihr und nahm Gabrielles Hand beschützend in ihre. „Ray und ich wollten dich eigentlich überreden, mit uns zur Polizeiwache zu kommen, Süße. Das ist wichtig. Ich bin sicher, dass dein Freund einer Meinung mit uns ist. Sie sind doch der Kriminalbeamte, den Gabby erwähnt hat, oder? Ich bin Meg –“
Lucan wechselte seine Stellung. Eine fast nicht wahrnehmbare Bewegung brachte ihn direkt vor Megan und Ray. Es ging so schnell, dass die Zeit um Lucan herum stehen zu bleiben schien. Gabrielle konnte erkennen, dass er ein paar unglaublich schnelle Schritte machte, aber ihre Freunde blinzelten nur verwirrt, als Lucan plötzlich direkt vor ihrer Nase stand. Seine Körpergröße und bedrohliche Ausstrahlung schienen sie zu lähmen.
Ohne Vorwarnung hob er die rechte Hand und packte Megan an der Stirn.
„Lucan, nein!“
Megan schrie auf, ein halb erstickter Laut, der ihr in der Kehle stecken blieb, als sie Lucan in die Augen sah. Mit der Geschwindigkeit einer Viper streckte er die Linke aus und packte Ray auf dieselbe Art. Der Polizist wehrte sich kaum eine Sekunde lang, dann wurde sein Gesicht schlaff, und ein Ausdruck tranceartiger Benommenheit legte sich darüber. Lucans starke Finger schienen alles, was das Paar aufrecht hielt.
„Lucan, bitte! Ich bitte dich!“
„Hol die Speicherstifte und die Tasche“, sagte er ruhig. Ruhig, kalt und befehlsgewohnt. „Ich habe draußen einen Wagen stehen. Steig ein und warte auf mich. Ich bin gleich da.“
„Ich werde nicht zulassen, dass du meine Freunde aussaugst.“
„Wenn ich das vorhätte, lägen sie bereits tot auf dem Boden.“
Er hatte recht. Gott, sie hatte keinen Zweifel, dass dieser Mann – dieses dunkle Geschöpf, das sie in ihr Leben gelassen hatte – gefährlich genug war, genau das zu tun.
Aber er hatte es nicht getan. Und würde es auch nicht; so weit vertraute sie ihm.
„Die Bilder, Gabrielle. Schnell.“
Sie hängte sich die schwere Reisetasche über die Schulter und steckte die beiden Speicherstifte in die vordere Tasche ihrer Jeans. Auf dem Weg nach draußen hielt sie kurz inne und spähte in Megans ausdrucksloses Gesicht. Ihre Augen waren geschlossen, genau wie Rays. Lucan murmelte ihnen etwas zu, so leise, dass Gabrielle es kaum hören konnte.
Der Tonfall seiner Worte klang nicht bedrohlich, sondern auf seltsame Weise beruhigend und überzeugend. Geradezu einlullend.
Mit einem letzten Blick auf die bizarre Szene in ihrem Wohnzimmer eilte Gabrielle durch die offene Wohnungstür hinaus auf die Straße. Vor Rays rotem Mustang wartete eine elegante Limousine am Kantstein. Es war ein teures Fahrzeug – maßlos teuer, dem Aussehen nach – und das einzige andere Auto weit und breit.
Als sie sich näherte, öffnete sich die Beifahrertür wie durch Willenskraft.
Die Willenskraft von Lucans Geist. Sie fragte sich, wie weit diese übernatürlichen Kräfte wohl reichten.
Sie glitt in den tiefen Ledersitz und schloss die Wagentür. Keine zwei Sekunden später erschienen Megan und Ray auf ihrer Türschwelle. Sie gingen ruhig die kurze Treppe hinunter und auf dem Gehsteig direkt an ihr vorbei, die Augen geradeaus. Beide sagten kein Wort.
Lucan kam gleich nach ihnen. Er schloss die Wohnungstür und ging um den Wagen herum, in dem Gabrielle saß und wartete. Dann stieg er ein, steckte einen Schlüssel ins Zündschloss und
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