Geliebte der Nacht
sie, während sie sich einen Bissen Salat mit Vinaigrette in den Mund schob. Ihrem Magen ging es schon viel besser. Sie schluckte den letzten Bissen Salat herunter, dann goss sie sich ein weiteres halbes Glas Chianti ein und lehnte sich mit einem Seufzen zurück. „Ich danke dir dafür. Ich muss auch Savannah danken. Sie hätte sich nicht all diese Mühe machen sollen.“
„Sie mag dich“, sagte Lucan, wobei seine ernsthafte Miene undurchschaubar war. „Du warst vergangene Nacht eine große Hilfe. Vielen Dank, dass du dich um Rio und die anderen gekümmert hast. Und auch um mich.“
„Du musst mir nicht danken.“
„Doch, das muss ich.“ Der kleine, genähte Schnitt auf seiner Stirn wölbte sich bei seinem finsteren Blick. „Du warst die ganze Zeit immer nur freundlich und großzügig, und ich –“ Er brach ab und murmelte leise etwas vor sich hin. „Ich weiß es zu schätzen, was du getan hast, das ist alles.“
Oh, dachte sie, das ist alles. Selbst seine Dankbarkeit zeigte er nur durch die volle Rüstung seiner emotionalen Barrieren.
Gabrielle fühlte sich plötzlich zu sehr wie eine Außenseiterin und verspürte den dringenden Wunsch, das Thema zu wechseln. „Ich habe gehört, Tegan hat es heil zurück geschafft.“
„Ja. Aber Dante und Niko hätten ihn fast in der Luft zerrissen, nachdem er während des Angriffs so plötzlich verschwunden war.“
„Was hat er denn erlebt?“
„Einer von den Rogues im Lagerhaus versuchte zur Hintertür hinauszuschlüpfen, als die Situation sich zuspitzte. Tegan folgte ihm auf die Straße. Eigentlich wollte er den Scheißkerl töten, aber dann entschied er sich, ihn erst zu verfolgen, um zu sehen, wo er hin wollte. Er folgte ihm bis zu der alten Nervenheilanstalt vor der Stadt. Der Ort wimmelte nur so von Rogues. Wenn es je einen Zweifel daran gab, so sind wir jetzt sicher, dass es sich dabei um eine große Kolonie handelt. Wahrscheinlich eins der Hauptquartiere an der Ostküste.“
Ein kalter Schauder lief Gabrielle über den Rücken, als sie daran dachte, dass sie ganz allein dort gewesen war – sogar im Inneren der Nervenheilanstalt gewesen war, ohne zu ahnen, dass es sich um eine Hochburg der Rogues handelte.
„Ich habe ein paar Bilder vom Innenbereich gemacht. Sie sind noch in meiner Kamera. Ich hatte noch gar keine Chance, sie herunterzuladen.“
Lucan war ganz starr geworden und sah sie an, als hätte sie ihm soeben mitgeteilt, sie habe mit scharfen Granaten Jonglieren gespielt. Sein Gesicht schien unter der erschöpften Blässe noch ein bisschen fahler zu werden. „Du bist nicht nur hingegangen, du hast auch noch da eingebrochen?“
Sie zuckte schuldbewusst mit den Achseln.
„Mein Gott, Gabrielle.“ Lucan hievte seine Beine über den Bettrand und blieb so sitzen. Stumm starrte er sie eine ganze Weile an, ehe er Worte fand. „Du hättest leicht getötet werden können. Ist dir das klar?“
„Ich bin ja nicht tot“, entgegnete Gabrielle, eine lahme Bemerkung, aber trotzdem eine Tatsache.
„Das ist nicht der Punkt.“ Er griff mit beiden Händen in seine Schläfenhaare. „Scheiße. Wo ist deine Kamera?“
„Ich habe sie im Labor gelassen.“
Lucan langte nach dem Telefon neben seinem Bett, nahm den Hörer ab und drückte die Taste für die Sprechanlange. Gideon meldete sich.
„Hey, wie geht es dir? Alles okay?“
„Ja“, antwortete Lucan, aber er funkelte Gabrielle an. „Sag Tegan, er soll den Sonderauftrag zur Aufklärung der Nervenheilanstalt vorerst auf Eis legen. Ich habe gerade herausgefunden, dass wir Bilder von dem Inneren der Anlage haben.“
„Im Ernst?“ Es folgte eine Pause. „Ich glaube, ich spinne. Du meinst, dass sie tatsächlich in den gottverdammten Laden reingegangen ist?“
Lucan wölbte eine Augenbraue und warf Gabrielle einen sarkastischen Blick zu. „Lade die Bilder aus der Kamera hoch und sag den anderen, wir treffen uns in einer Stunde, um die neue Strategie zu besprechen. Ich glaube, wir haben gerade entscheidende Zeit gewonnen.“
„Alles klar. Wir sehen uns in sechzig Minuten.“
Das Gespräch wurde mit einem Klicken der Sprechanlage beendet.
„Tegan will zu der Nervenheilanstalt zurück?“
„Ja“, antwortete Lucan. „Wahrscheinlich eine Selbstmordmission. Er war wahnsinnig genug, darauf zu bestehen, heute Nacht allein dort einzudringen, um Informationen über den Ort zu sammeln. Nicht, dass ihm das jemand ausreden wollte, am allerwenigsten ich.“
Er stand vorsichtig auf und begann
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