Geliebte des Feuers
seinen Mund und küsste sie.
»Mylady«, flüsterte er. Miri berührte unwillkürlich ihren Hals, die Stelle über ihrem Herzen, und bildete sich ein, dass sie ihre Narben spüren konnte, wie sie gegen ihre Bluse drückten.
Sie erschauerte. »Es ist schon lange her, dass ich das gehört habe.«
»Ich war wirklich ein lausiger Ritter. Ich bin doch immer nur selbst in Schwierigkeiten geraten und hab dich dann mit hineingezogen.«
»Ich war aber auch ein sehr williger Partner. Mehr als willig sogar.«
»Vielleicht, aber deswegen ist mein Verhalten trotzdem nicht richtig gewesen. Doch jetzt liegen die Dinge anders. Ich werde alles tun, was nötig ist, um mich vor dir zu beweisen, Miri. Du hast recht. Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit, und wie wir voneinander getrennt wurden, das war schrecklich. Du hast keinen Grund, mir zu vertrauen, nicht mehr, und ich sollte das auch nicht von dir erwarten. Also fangen wir von vorn an, okay? Wir sind jetzt erwachsen. Wir sollten das hinkriegen.«
Erneut kämpfte Miri gegen ein Lächeln an. »Ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass du mir lieber nicht gleich trauen solltest? Dass ich mich deines Vertrauens auch erst noch als würdig erweisen muss?«
»Nein«, antwortete er prompt. »Wirklich nicht.«
Miri wich zurück, und obwohl sie keine Kraft aufwandte, ließ er ihre Hand los. Sie kam sich wie eine gespaltene Persönlichkeit vor: die Frau, die sie geworden war, überschattet von dem Echo ihres sechzehnjährigen Selbst. Beide Seiten zerrten an ihr, beide Seiten waren voller Sehnsucht. Sie hörte das Heulen von Sirenen, den Klang von Stimmen. Die Welt holte sie Stück für Stück wieder ein. Sie wischte sich über das Gesicht.
»Polizei«, sagte sie lauschend. Dann hörte sie ein anderes Geräusch, ein merkwürdiges Geräusch. Das Rauschen von Flügeln.
Eine große Krähe fiel vom Himmel und landete auf dem Beifahrerspiegel des Vans. Miri war zu betäubt, um Überraschung zu empfinden. Das Einzige, was sie bemerkte, waren die merkwürdigen Augen des Vogels. Sie waren irgendwie hell, fast ... golden.
Die Krähe schrie, einmal, zweimal, und ihre heisere Stimme klang fast so, als würde sie sprechen.
»Das wurde auch Zeit, verdammt«, knurrte Dean und streckte den Kopf aus dem Fenster. »Mistkerl.«
»Dean«, sagte Miri. Er sah sie etwas konsterniert an, als hätte er etwas Falsches getan oder vielleicht auch etwas Richtiges, das er ihr aber nicht zu erklären wusste. Die Krähe starrte in den Van. Sie starrte Miri an, als wollte sie sich ihr Gesicht einprägen oder eine Skizze davon anfertigen. Das gefiel Miri nicht. Es war richtig aufdringlich, und Miri erwiderte diesen Blick aus den goldenen Augen, obwohl sie sich dabei ganz seltsam vorkam, riss den kleinen Lufterfrischer vom Rückspiegel und schleuderte ihn durch das offene Fenster geradewegs auf den Vogel. Sie zielte gut. Die Krähe kreischte einmal auf und flatterte dann davon.
Dean starrte sie an. »Du hast gerade meinen Partner mit einem Lufterfrischer beworfen.«
»Deinen Partn... also gut.« Ihre Eingeweide krampften sich zusammen. »Heben wir uns die Erklärungen für später auf.«
Die Sirenen wurden lauter. Polizeiwagen fegten über die Straße hinter ihnen, gefolgt von einem Krankenwagen, der kaum größer war als der Van. Vermutlich fuhren sie zur Universität. Wieder dachte Miri an Ku-Ku und Kevin und diese Kreatur in dem Feuer. Himmel.
»Glaubst du, dass uns jemand verfolgt?«
»Hast du Verlangen nach einer guten alten Partie Dukes of Hazzard?«
»Na klar. Die Macht dieses Vans ist gewaltig.«
Dean schnaubte verächtlich und rieb sich das Gesicht. »Mach dir keine Sorgen wegen der Polizei, Miri. Die haben nicht versucht, dich zu entführen.«
»Noch nicht.«
»Alle sind hinter dir her und ihre Mamas auch noch, stimmt’s?«
»Es ist eine Verschwörung«, stimmte sie zu. »Aber mal im Ernst. Kevin und dieser Robert haben beide auf Befehle hin gehandelt, die sie möglicherweise von verschiedenen Personen bekommen haben. Und wenn dein Serienkiller auch in die Sache verwickelt ist ... Dean, das ist schon schlimm genug, aber dann noch dieses ganze andere merkwürdige Zeug?«
»Robert«, sagte Dean. »Ich versuche immer noch, aus dem Kerl schlau zu werden. Jemand muss ihn gefunden haben. Entweder hat man ihn gefunden oder ihn erschaffen, was beides sehr viel Geld erfordert. Und Macht.«
»Alles läuft auf die Jade hinaus«, stellte Miri fest.
»Die Jade und dich. Bist du sicher, dass du nicht
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