Geliebte des Feuers
weißt, worum es dabei geht?«
»Ja, Dean, das bin ich. Ich bin langweilig. Ich habe Studenten, ich unterrichte, ich forsche, ich leite Ausgrabungen mit Owen, und das war’s auch schon. Dieser Jadestein dagegen kam direkt aus der Brust einer Frau, also hat er an sich schon eine merkwürdige Ausstrahlung.«
»Aus einer Brust?« Dean rieb sich die Stelle über seinem Herzen. Miri erinnerte sich an die glühende Narbe und berührte seine Brust. Die Haut fühlte sich heiß an.
»Die Jade wurde der Frau bereits zu Lebzeiten in die Brust platziert«, erklärte sie. »Und sie hat lange genug gelebt, dass ihre Haut und ihr Fleisch über die Ränder wachsen konnten.«
»Ein tolles Schönheitsmal. Wie viel hat sie ihrem Schönheitschirurgen wohl dafür bezahlt?«
»Bestimmt viel zu viel. Es muss unglaublich schmerzhaft gewesen sein. Es wundert mich schon, dass die Operation selbst sie nicht umgebracht hat.«
»Warum sollte jemand so etwas auf sich nehmen? Wurde sie dazu gezwungen?«
»Keine Ahnung. Owen und ich wollten eigentlich zu der Ausgrabungsstätte nach Yushan fahren, um dort nach weiteren Hinweisen zu suchen. Eines steht jedoch fest, die Jade stammt nicht aus dieser Region. Die anderen Bruchstücke zu finden ... dürfte jedoch fast unmöglich sein. Natürlich können Recherchen das Gebiet eingrenzen, aus dem sie stammt, aber allein die Entdeckung des ersten Steins war ein Wunder. Ich bezweifle, dass wir das wiederholen können.«
»Vielleicht gibt es da draußen jemanden, der nicht deiner Meinung ist.«
»Dann weiß die Person aber mehr als ich. Oder sie hat jemanden wie dich um sich.«
Sie hatte das zwar scherzhaft gemeint, aber nach einem Blick in Deans Gesicht erlosch ihr Lächeln. »Geld und Macht, Miri«, sagte er. »Wenn sie jemanden wie diesen Robert engagieren können, warum sollten sie dann nicht auch jemanden wie mich aus dem Hut ziehen?«
»Weil die Chancen ...« Sie wollte unmöglich sagen, aber dann verkniff sie es sich. »Männer wie du sind sehr selten, Dean. Was du kannst, ist... nicht normal. Glaubst du nicht, ich hätte während all der Jahre Augen und Ohren offen gehalten? Nach mehr ... gesucht?«
Nach mehr Menschen wie dir, hatte sie sagen wollen. Vielleicht hatte Dean das erkannt, an ihrer Stimme, ihrem Zögern. Er rutschte unruhig hin und her. »Miri, wir sind nicht direkt ein öffentliches Spektakel. Jedenfalls nicht die wirklich Talentierten von uns. Ich meine, zum Teufel, kannst du dir vorstellen, wie das wäre?«
»Das möchte ich lieber nicht. Es fällt mir schon schwer genug, alles zu glauben, was heute Abend passiert ist, und ich habe durchaus Erfahrung mit... ungewöhnlichen Dingen. Dank dir. Aber wenn der Rest der Welt davon wüsste? Es wäre ein Spektakel, ein Zirkus, eine Freakshow. Vermutlich käme sogar Panik auf. Leute würden zu Schaden kommen.«
»Und zwar sehr wahrscheinlich Leute wie ich.«
»Pah! Du bist kugelsicher, schon vergessen?«
»Das ist mehr ein Problem als ein Vorteil, Miri. Ich glaube außerdem, dass das nur eine einmalige Angelegenheit war.«
»Man hat dir vor heute Abend schon einmal in die Brust geschossen«, sagte sie leise. »Und das hast du auch überlebt. «
Dean musterte sie lange. »Das zählt aber nicht. Die Kugel ist doch eingedrungen, und ich habe geblutet wie ein Schwein.«
»Aber du bist weggegangen. Hast du überhaupt versucht, in eine Notaufnahme oder zu einem Arzt zu kommen?«
»Nein. Ich hatte zu viel Angst.« So einfach war das. Miri fühlte, dass er sie beobachtete, dass er wartete. Aber sie fragte nicht, warum er so viel Angst gehabt hatte. Sie erinnerte sich an alles, was er ihr über diesen Mann, der sie angegriffen hatte, verschwiegen hatte, an das, was hinterher geschehen war. Und sie glaubte auch den Grund zu kennen, warum er nirgendwo hingehen wollte, wo sich jemand verpflichtet fühlen konnte, eine Schussverletzung der Polizei zu melden.
»Also hast du dich selbst behandelt«, sagte sie langsam. »Was ist eigentlich mit der Kugel? Wie hast du sie herausbekommen?«
»Das musste ich gar nicht. Es war ein glatter Durchschuss.«
»Du hättest trotzdem sterben müssen.«
Hörbar stieß er den Atem aus. »Warum bist du so sehr darauf fixiert, Miri? Du hast doch auch überlebt, vergiss das nicht.«
»Aber ich habe medizinische Hilfe bekommen. Ich kann mir nicht im Traum vorstellen, was du durchgemacht hast.«
»Leicht war es nicht«, gab er zu. »Ich weiß noch nicht einmal, wie ich auf die Idee gekommen bin, es
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