Geliebte des Schattens - Kenyon, S: Geliebte des Schattens - Seize the Night (Dark Hunter 07)
müssen.
Erschüttert blickte sie auf die Hirnmasse auf ihrem weißen Kleid. So etwas hatte sie noch nie gesehen.
»Denk nach, Artemis, denk nach …«
Doch sie war zu keinem klaren Gedanken fähig. Alles, was sie hörte, war Acherons Stimme in ihrem Kopf, die ihr sagte, weshalb Nick und seine Mutter ihm so viel bedeutet hatten.
» Du wirst das nie verstehen, Artie. Sie hatten nur einander, und statt sich gegenseitig Vorwürfe zu machen, sie hätten ihr Leben ruiniert, was viele Leute tun würden, sind sie noch enger zusammengerückt. Cherises Leben war ein Albtraum, trotzdem ist sie ein freundlicher, hilfsbereiter Mensch, der auf andere zugeht. Eines Tages wird Nick heiraten und ihr einen Stall voller Enkelkinder schenken, die sie lieben darf. Bei Zeus, diese beiden haben es wirklich verdient.«
Doch nun lag Nick tot zu ihren Füßen.
Tot durch seine eigene Hand, und er war katholisch.
Der Geruch des Schwefels stieg ihr bereits in die Nase.
»Acheron!«, rief sie und gestattete ihrer Stimme, durch alle Dimensionen zu hallen. Sie musste es ihm sagen, bevor es zu spät war. Nur er konnte etwas dagegen unternehmen.
Doch er antwortete nicht.
»Acheron!«, rief sie noch einmal.
Wieder nichts als Schweigen.
»Was soll ich tun?« Es war ihr verboten, einen Menschen zum Dark Hunter zu machen, der seinem Leben selbst ein Ende gesetzt hatte. Doch wenn sie Nick allein ließ, würde Luzifer seine Seele für sich beanspruchen, und er würde bis zum jüngsten Tage in der Hölle schmoren.
Was auch immer sie tat - sie konnte nur verlieren. Acheron würde ihr vorwerfen, seinen Freund im Stich gelassen zu haben. Er würde glauben, sie hätte es mit Absicht getan, nur um ihn zu verletzen.
Und wenn sie Nick rettete …
Die Konsequenzen wären verheerend.
Doch als sie unschlüssig vor der Leiche des Mannes stand, flammte ein Bild vor ihrem geistigen Auge auf - der Ausdruck auf Acherons Gesicht, als sie seinem eigenen Schmerz den Rücken gekehrt hatte.
Es war das Einzige in ihrem Leben, was sie aufrichtig bereute. Das Einzige, was sie ändern würde, wenn sie es könnte.
Sie hatte keine Wahl. Sie durfte Acheron kein zweites Mal so verletzen. Unter keinen Umständen.
Sie sank auf die Knie, zog Nicks Leiche zu sich heran und gab ihm die Gestalt zurück, die er vor seinem Tod besessen hatte. Sie strich ihm das Haar aus dem Gesicht und sprach die verbotenen Worte einer längst vergessenen Zivilisation.
Der Stein lag in ihrer Hand, und sie spürte seine Hitze, als seine Seele sich auf ihn übertrug.
Sekunden später schlug Nick die Augen auf, die nun
nicht länger blau, sondern tiefschwarz waren. Zischend vor Schmerz sog er den Atem ein, als sich das grelle Licht in sie bohrte.
»Wieso hast du nicht Acheron gerufen, sondern mich?«, fragte sie leise.
»Er war wütend auf mich«, antwortete er lispelnd - noch musste er sich erst an die Vampirzähne gewöhnen, die aus seinem Kiefer wuchsen. »Er hat gemeint, ich soll mich selbst töten und ihm die Mühe ersparen.«
Artemis zuckte zurück. Ihr armer Acheron. Das würde er sich niemals verzeihen.
Ebenso wenig wie ihr.
Nick kam auf die Füße. »Ich will Vergeltung.«
»Tut mir leid, Nick«, wisperte sie. »Ich kann sie dir nicht gewähren. Du hast dich nicht an die Bedingungen des Handels gehalten.«
»Wie bitte?«
Bevor er fortfahren konnte, hob sie die Hand und sandte ihn in einen Raum innerhalb ihres Tempels.
»Wo bist du, Acheron?«, flüsterte sie. Die Welt zerfiel um sie herum, und von ihm war weit und breit nichts zu sehen.
Das war doch sonst nicht seine Art.
Besorgt schloss sie die Augen und machte sich auf die Suche nach ihm.
Desiderius ging die Straße entlang, als gehöre sie ihm. Und wieso auch nicht?
Schließlich tat sie genau das.
Er streckte die Arme aus und legte den Kopf in den Nacken, während die Schreie der Unschuldigen widerhallten.
»Du solltest hier sein, Stryker«, sagte er lachend. Nur Stryker konnte die Schönheit dieser Nacht wirklich nachvollziehen.
Doch die Zeit wurde knapp.
Er musste bis Mitternacht mit dem Kind zurückkehren, sonst würde die Zerstörerin seinen Körper auflösen.
»Vater?«
Beim Klang der Stimme seines Sohnes wandte er sich um. »Ja?«
»Acheron ist immer noch verschwunden, genauso wie Stryker es versprochen hat, und wir haben einen Weg hinein gefunden.«
Desiderius lachte. Endlich würde er seine Rache an Amanda und Kyrian bekommen.
Sobald er das Kind abgeliefert hatte, würde er sich über den
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