Geliebte des Schattens - Kenyon, S: Geliebte des Schattens - Seize the Night (Dark Hunter 07)
nach unten und blieb stirnrunzelnd vor der mit einem Gefahrenschild versehenen Tür stehen, ehe er sich nach links zu der leicht angeschlagen wirkenden Doppeltür wandte, die in ein kleines Esszimmer führte. Sein Blick wanderte über einen alten braunweißen Bauerntisch und mehrere mit Leder bezogene Stühle, die ebenfalls schon bessere Zeiten gesehen hatten.
An den weiß gestrichenen Wänden hingen etliche Schwarz-Weiß-Aufnahmen europäischer Sehenswürdigkeiten wie dem Eiffelturm, Stonehenge und dem Kolosseum. Die schwarzen Fensterläden waren geschlossen worden, um ihn nicht dem gleißenden Tageslicht auszusetzen. An der hinteren Wand befand sich eine schwarze Anrichte mit einer Ansammlung von Fotos und Sammeltellern, darunter auch welche von Elvis und Elvira, sowie zwei antike silberne Kerzenleuchter.
Valerius’ Blick blieb jedoch an dem Foto in der Mitte der Anrichte hängen, das Tabitha in einem Hochzeitskleid neben einem Mann zeigte, dessen Gesicht mit einer ausgeschnittenen Fotografie von Russell Crowe beklebt war.
Er streckte die Hand danach aus.
»Oh, hier sind Sie«, sagte Tabitha in diesem Moment hinter ihm.
Erschrocken zuckte Valerius zurück. »Sie sind verheiratet?«
Sie runzelte die Stirn, bis ihr Blick auf das Foto fiel. »Oh, gütiger Himmel, nein. Das ist meine Schwester Amanda, das kleine Mädchen neben ihr ist ihre Tochter Marissa.«
Valerius betrachtete das Foto genauer. Abgesehen von der Narbe glichen die beiden Frauen einander wie ein Ei dem anderen. »Sie haben eine Zwillingsschwester?«
»Ja.«
»Wieso ist sie mit Russell Crowe verheiratet?«
Tabitha lachte. »Ah, das ist nur ein kleiner Scherz mit meinem Schwager, diesem selbstgerechten, dusseligen Besserwisser.«
Er musterte sie mit hochgezogenen Brauen. »Ich schließe daraus, dass Sie nicht allzu viel für den Mann übrig haben.«
»Ehrlich gesagt liebe ich ihn heiß und innig. Er behandelt meine Schwester und meine Nichte wirklich gut und ist auf seine Art ein echter Schatz. Aber er nimmt sich viel zu ernst, so wie Sie. Ihr Jungs solltet euch ein bisschen locker machen und mehr Spaß haben. Das Leben ist kurz … na ja, für euch vielleicht nicht, für uns Sterbliche dagegen schon.«
Völlig fasziniert lauschte Valerius dieser Frau, die sich doch eigentlich von ihm abgestoßen fühlen sollte. Sie war ungehobelt und frech, zugleich jedoch auf eine unerwartete Art charmant und erheiternd.
Sie stellte eine kleine rote Schachtel mit einer roten Pampe auf den Tisch, bei der es sich offenbar um Fertigmakkaroni mit Tomatensoße handelte, aus der ein Plastiklöffel ragte.
Valerius musterte die Dose stirnrunzelnd. »Was ist das?«
»Ravioli.«
Er hob eine Braue. »Das sind doch keine Ravioli.«
Sie musterte den Inhalt. »Also gut, es ist Beefaroni. Nudeln mit Hackfleischsoße. Meine Nichte nennt alles, was in diesen kleinen roten Mikrowellenschachteln auf den Tisch kommt, grundsätzlich Ravioli.« Sie zog einen Stuhl für ihn heran. »Essen Sie.«
Angewidert musterte Valerius die undefinierbare rote Masse. »Entschuldigung? Sie erwarten wohl nicht ernsthaft, dass ich das esse, oder?«
»Äh, doch. Sie sagten doch, Sie wollten etwas Italienisches. Das hier ist italienisch.« Sie nahm die Dose und zeigte auf das Etikett. »Sehen Sie. Von Chef Boyardee. Die machen die besten Sachen.«
Valerius lauschte entsetzt. Diese Frau machte Witze. »Ich esse niemals aus Pappbehältern und mit Plastikbesteck.«
»Tja, Pech gehabt, Mister Superduperfeinschmecker. Mag ja sein, dass ich Ihren Sinn für Ästhetik verletzt habe, aber das gemeine Volk hier auf der Erde isst nun mal das, was auf den Tisch kommt, und wenn man uns zu etwas einlädt, lehnen wir es grundsätzlich nicht ab.«
Tabitha kreuzte die Arme vor der Brust, während er sich stocksteif vor ihr aufbaute. Könnten Blicke töten, wäre der rote Pappbehälter längst Geschichte.
»Ich werde bis Sonnenuntergang fasten.« Mit einem gebieterischen Nicken wandte er sich ab und ging die Treppe hinauf.
Tabitha starrte ihm mit offenem Mund nach. Mit ihrer Bemerkung hatte sie ihn allen Ernstes ins Mark getroffen und zutiefst gekränkt. Auch wenn Letzteres völlig unlogisch erschien. Schließlich sollte sie diejenige sein, die sich gekränkt fühlte. Seufzend nahm sie den Pappbehälter, schob sich einen Löffel voll in den Mund und kehrte in die Küche zurück.
Leise schloss Valerius die Tür hinter sich, obwohl er sie am liebsten zugeworfen hätte. Doch jemand seines Standes
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