Geliebte des Schattens - Kenyon, S: Geliebte des Schattens - Seize the Night (Dark Hunter 07)
»Aber bitte, gern.«
Valerius riss sich aus seiner Starre. »Ich habe aber …«
»Wird schon klappen«, beruhigte Tabitha ihn und zwinkerte Otto zu.
Valerius rührte sich nicht vom Fleck. »Ehrlich, Tabitha, ich glaube …«
»Steig ein, Valerius. Ich verspreche dir, er beißt dich nicht.«
Er sah keineswegs überzeugt aus.
Lachend ging sie auf den IROC zu, während sie zu ihrer Verblüffung Ottos Stimme hinter sich hörte. »Passt auf euch auf, ja? Ich kann euch zwar beide nicht leiden, aber ich will auch nicht, dass die Bösen gewinnen.«
»Keine Sorge«, beruhigte Tabitha ihn und ging weiter, »diesmal weiß ich ja, was mich erwartet.«
»Sei bloß nicht so kess«, warnte Valerius. »›Hochmut kommt vor dem Fall‹, hat ein kluger Mann mal gesagt.«
»Ein schlauer Ratschlag«, gab sie zurück und warf einen letzten Blick über die Schulter. »Gute Nacht, Otto.«
»Gute Nacht, Tabitha. Und pass gut auf meinen Wagen auf.«
Valerius wand sich unbehaglich.
Tabitha musste ein Lachen unterdrücken. »Mmm.« Tief sog sie die Luft der Stadt in ihre Lungen, während sie das Tor öffnete, das das Grundstück von der Straße trennte. »Riech nur! Die Schönheit von New Orleans.«
Valerius runzelte die Stirn. »Ich rieche nur Verfall und Niedergang«, erwiderte er.
Sie warf ihm einen strafenden Blick zu, während er neben sie auf den Gehsteig trat. »Mach die Augen zu.«
»Lieber nicht, sonst trete ich noch in etwas, das ich die ganze Nacht nicht mehr vom Schuh bekomme.«
Wieder starrte sie ihn empört an.
»Ich kenne keine Frau außer dir, die diesen ranzigen Gestank angenehm findet.«
Sie schloss das Tor hinter ihnen. »Mach die Augen zu, Valerius, sonst ist deine Nase morgen früh vielleicht dein einziger noch intakter Körperteil.«
Valerius war nicht sicher, ob er ihrer Anweisung Folge leisten sollte, tat es jedoch widerstrebend.
»Und jetzt hol tief Luft«, forderte sie ihn mit sonorer Stimme dicht neben seinem Ohr auf. Ein Schauder überlief ihn, als er gehorchte.
»Riechst du die Feuchtigkeit des Flusses mit dem Hauch von Gumbosuppe in der Luft? Ganz zu schweigen vom Louisiana-Moos?«
Er schlug die Augen auf. »Ich rieche nur Urin, verrottetes Meeresgetier und Flussmatsch.«
»Wie kannst du so etwas sagen?«, herrschte sie ihn an.
»Weil es das ist, was ich rieche.«
Grollend stieg sie in den Wagen. »Du bist ein harter Brocken, weißt du das?«
»Ich habe mich schon mit schlimmeren Ausdrücken beschimpfen lassen.«
Ihre Miene wurde ernst und traurig. »Ich weiß. Aber jetzt sind neue Zeiten angebrochen. Heute Abend ziehe ich dir endlich mal diesen Besenstiel aus dem Hintern. Wir werden es so richtig krachen lassen, ein paar Daimons in den Hintern treten und …«
»Entschuldigung?«, fragte er gekränkt. »Du ziehst mir was aus meinem …«
»Du hast genau verstanden, was ich gesagt habe«, erwiderte sie mit einem hinterhältigen Grinsen. »Das größte Problem, das die Leute mit dir haben, ist, dass du so selten lachst und dich und alles um dich herum so schrecklich ernst nimmst.«
»Das Leben ist nun mal ernst.«
»Nein«, widersprach sie mit einem leidenschaftlichen Funkeln in ihren blauen Augen. »Das Leben ist ein Abenteuer. Aufregend und sexy. Manchmal auch ein bisschen langweilig, aber ernst sollte es niemals sein.«
Tabitha sah das Zögern in seinem Blick. Er war so wenig daran gewöhnt, anderen zu vertrauen, aus irgendeinem Grund wünschte sie sich von Herzen, er möge ihr sein Vertrauen schenken. »Komm mit mir, General Valerius, dann zeige ich dir, wie das Leben sein kann und weshalb es so verdammt wichtig ist, dass wir die Welt retten.«
Sie sah zu, wie er mit spitzen Fingern den Türgriff umfasste wie ein Mann, der eine volle Windel entsorgt. Seine angewiderte Miene war wirklich sehenswert.
Trotzdem stieg er schweigend ein, während sie den Gang einlegte und mit quietschenden Reifen davonfuhr.
Valerius hatte keine allzu hohen Erwartungen an diese Nacht, musste jedoch zugeben, dass ihm die energiegeladene Vitalität dieser Frau gefiel. Das Tempo, mit dem sie durchs Leben ging. Es war faszinierend, ihr zuzusehen. Kein Wunder, dass Ash sich mit ihr angefreundet hatte.
Als Unsterblicher zerbröckelte einem die Frische des Lebens schneller unter den Händen, als der eigene Körper es einst getan hatte. Die Jahrhunderte verschmolzen ineinander, sodass man allzu schnell seine eigene menschliche
Seite vergaß. Den Grund, weshalb die Menschheit es wert war, sie zu
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