Geliebte des Schattens - Kenyon, S: Geliebte des Schattens - Seize the Night (Dark Hunter 07)
trug schwarze Jeans und ein schwarzes T-Shirt, hatte ein sorgfältig getrimmtes Ziegenbärtchen, kurz geschnittenes, tiefschwarzes Haar und stechend blaue Augen. »Wer zum Teufel bist du denn?«, fragte sie dieses Bild von einem Mann.
»Zarek.«
Damit hatte sie nicht gerechnet. Das war also der Junge aus dem Haus von Valerius, der mit der Peitsche bestraft worden war. Abgesehen von dem dunklen Haar und der Körpergröße deutete nichts darauf hin, dass die beiden Männer Brüder waren.
Tabitha kreuzte die Arme vor der Brust. »Du bist also der Dreckskerl mit den Blitzen.«
Er quittierte die Beleidigung mit einem boshaften Lachen. »Ich an deiner Stelle wäre vorsichtig. Es gibt kein
Gesetz, das mir verbietet, auch deinen Hintern zu rösten.«
Sie schnaubte nur verächtlich. »Doch, natürlich gibt es das. Ash wird dich umbringen, wenn du mir etwas tust.«
»Das kann er gern versuchen, allerdings bezweifle ich, dass er damit allzu weit kommt.«
Sie sog scharf den Atem ein. »Sieht ganz so aus, als hättest du die Arroganz gepachtet, was?«
Er zuckte lässig die Achseln.
»Wieso bist du hier?«, fragte sie.
»Ich habe euch beide beobachtet.«
Die Vorstellung, dass sie diesem Kerl als Anschauungsobjekt gedient hatte, ließ sie angewidert zurückweichen. »Du kranker Perversling!«
Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Wohl kaum. Bei euren kleinen Liebesspielchen habe ich immer weggesehen. Schließlich bin ich schon einmal in meinem Leben geblendet worden und habe keine Lust, das zu wiederholen.«
»Wieso hast du uns dann zugesehen?«
»Vorwiegend aus Neugier.«
»Und wieso bist du jetzt hier?«
»Weil ich neugierig bin, weshalb Kyrians Schwägerin mit einem Kerl wie Valerius in die Kiste steigt.«
Sie starrte ihn aufgebracht an. »Das geht dich verdammt noch mal nichts …« In diesem Augenblick begann der Raum, sich um sie zu drehen.
Schlagartig war Valerius’ Bibliothek verschwunden, und sie fand sich in einem scheinbar vollständig verspiegelten Raum wieder.
»Wo sind wir hier?«
»Im Olymp. Ich muss dir etwas zeigen.«
Der Spiegel vor ihr begann zu leuchten, dann veränderte sich seine Oberfläche, sodass sie nicht länger darin zu sehen waren.
Stattdessen spiegelte er die Vergangenheit wider.
Sie sah ein altes Leinenzelt mit einem an ein hölzernes Gestell gefesselten Mann, der gefoltert wurde. Auf Lateinisch gellten seine Schreie nach Gnade durch die Luft, während ein Mann mit einer mit Widerhaken versehenen Peitsche auf ihn einschlug.
Tabitha presste sich die Hände auf die Ohren, bis die Schläge aufhörten und ein anderer, in römischer Uniform gekleideter Mann vortrat.
Es war der junge Valerius, dessen Gesicht dringend nach einer Rasur verlangte und von Blutspritzern übersät war. Er sah müde und ausgelaugt aus, so als hätte er seit Tagen nicht mehr geschlafen, dennoch verströmte er die Aura von Macht und Überlegenheit.
Er kippte dem Mann einen Eimer Wasser ins Gesicht. »Sag mir, wohin sie marschieren.«
»Nein.«
Die lateinischen Worte echoten in Tabithas Kopf und vermischten sich mit Valerius’ Befehl, den Mann weiter zu drangsalieren.
»Dein Geliebter war es, der mich geblendet hat«, erklärte Zarek neben ihr, während das Bild auf dem Spiegel verschwamm, ehe es sich erneut klärte und zwei kleine Jungen zutage förderte.
Einer lag zusammengekrümmt auf dem Boden, während der andere mit einer Peitsche auf ihn eindrosch. Eine der Peitschenschlingen grub sich tief in das Auge des Jungen, worauf er wie am Spieß zu schreien begann
und seine schmutzverkrusteten Finger auf die blutende Wunde presste.
»Ich bin der auf dem Boden«, raunte Zarek. »Valerius ist der mit der Peitsche, der gnadenlos auf mich einschlägt. Der Kerl, mit dem du vögelst.«
Unfähig, sich diese Grausamkeit noch länger anzusehen, wandte Tabitha sich ab, prallte jedoch gegen eine Gestalt, die sie festhielt.
Sie begann sich zu wehren, bis sie aufsah und Ash vor sich stehen sah, der alles andere als begeistert zu sein schien.
»Was treibst du da, Zarek?«, fragte er.
»Ich zeige ihr die Wahrheit.«
Ash schüttelte den Kopf und starrte den einstigen Dark Hunter finster an. »Ich kann nicht fassen, dass du mit einer Nymphe der Gerechtigkeit verheiratet bist und doch nichts von ihr gelernt hast. Jede Erinnerung hat drei Seiten. Deine, die des anderen und die Wahrheit, die meist irgendwo dazwischen liegt. Du zeigst ihr nur ein winziges Detail, das deine Sicht der Dinge erklärt. Wieso gibst
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