Geliebte des Schattens - Kenyon, S: Geliebte des Schattens - Seize the Night (Dark Hunter 07)
mich gebeten, sie zu mir zu nehmen und sie vor den anderen zu beschützen.«
Tränen der Rührung stiegen Tabitha in die Augen. »Und dabei hast du dich in sie verliebt?«
»Ich habe mich in das Bild von ihr verliebt, in ihre unschuldige Schönheit. In die sanfte Weichheit, die sie verkörpert hat. In Dinge, für die in meiner eigenen Welt bis zu diesem Zeitpunkt kein Platz war. Wann immer ich zu Hause war, habe ich Stunden damit zugebracht, sie aus der Ferne zu beobachten. Ich habe zugesehen, wie sie ihre tägliche Arbeit verrichtet hat, und konnte nur staunen, wie ein so wunderschönes Geschöpf ein Scheusal wie mich lieben konnte. Dann wieder habe ich mich selbst für meinen Wunsch kasteit, die Liebe einer Sklavin zu gewinnen. Schließlich war ich ein römischer General edlen Geblüts. Wozu brauchte ich schon die Zuneigung einer Sklavin?«
Trotzdem hatte er sich danach gesehnt. Sie wusste es. Sie spürte es.
Valerius verfiel in Schweigen. Wüsste sie es nicht besser, hätte sie geschworen, dass Tränen in seinen Augen glitzerten.
»Sie haben sie vor meinen Augen vergewaltigt, und ich konnte ihr nicht helfen.«
»Oh, Val«, stieß sie hervor.
Er wich zurück, als sie die Hand nach ihm ausstreckte. »Ich konnte noch nicht einmal die Augen schließen oder den Kopf abwenden. Stattdessen lag ich vollkommen hilflos da, während sie sich an ihr vergangen haben. Je länger sie schrie, umso lauter lachten sie bis ganz zum Schluss, als Markus schließlich sein Schwert in sie gebohrt hat.« Die Worte lösten sich aus seiner Kehle, während ihm die Tränen in die Augen schossen.
»Wozu war ich nütze?«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, während seine Nasenflügel vor ohnmächtigem Zorn bebten. »Was habe ich ihr am
Ende genützt? Hätte ich sie nicht zu mir nach Hause geholt, hätten sie ihr wenigstens erlaubt weiterzuleben.«
Tabitha kämpfte ihre eigenen Tränen nieder. Endlich gestattete er ihr, ihn in die Arme zu nehmen, während sie versuchte, zu verdrängen, was geschehen war, nachdem Valerius’ Brüder Agrippina brutal ermordet hatten.
Sie hatte die Narben an seinen Handgelenken gesehen und wusste, dass sie ihn ans Kreuz genagelt hatten. Wie entsetzlich musste all das für ihn gewesen sein! Kein Wunder weigerte er sich, an die Vergangenheit zurückzudenken.
Sie würde ihn nie wieder danach fragen.
Sekundenlang stand er stocksteif da, ehe er sich langsam entspannte. Schließlich schlang er die Arme um sie und hielt sie fest.
»Was für ein Mann bin ich, dass jedes Mal genau der Mensch zu Schaden kommt, dem ich zugetan bin und helfen möchte?«
»Aber Marla oder Gilbert hast du doch nicht geschadet oder verletzt.«
»Trotzdem«, widersprach er. »Agrippina hat fast zehn Jahre unter meinem Dach gelebt, ehe meine Brüder sie getötet haben.«
»Niemand wird mir wehtun, Valerius. Das schwöre ich.«
Liebevoll strich er mit den Fingerspitzen über die Narbe auf ihrer Wange. »Du hast so viel Feuer in dir, dass es mich jedes Mal wärmt, wenn ich in deiner Nähe bin.«
»Dich wärmen? Die meisten Menschen frisst dieses Feuer auf. Mein Ex hat immer gesagt, es sei fürchterlich anstrengend, in meiner Gegenwart zu sein. Ich würde ihn völlig auslaugen, und er bräuchte für jede Stunde, die
wir zusammen verbringen, zwei oder drei Tage, um sich wieder zu erholen.«
Valerius lächelte knapp. »Ich finde dich nicht anstrengend.«
»Und ich finde dich nicht jämmerlich.«
Er lachte. »Woran liegt es nur, Tabitha, dass ich das Gefühl habe, ich könnte dir alles erzählen, obwohl ich dich erst so kurze Zeit kenne?«
»Keine Ahnung, aber mir geht es genauso.« Sie legte die Hände um sein Gesicht und zog ihn zu sich herab, um ihn zu küssen.
Er stöhnte, als seine Lippen ihren Mund berührten. In ihren Armen fühlte er sich nicht jämmerlich oder steif. Sie gestattete ihm, sich lebendig zu fühlen, zu lachen, Freude zu empfinden.
Nein, sie gestattete ihm, zum ersten Mal in seinem Leben Freude zu empfinden. Niemand außer Tabitha hatte jemals die Arme ausgestreckt und ihn umschlossen.
Sie wusste, dass er sturköpfig und unnachgiebig war, und akzeptierte es. Statt sich von ihm abzuwenden, zog sie ihn damit auf und fand eine Möglichkeit, damit umzugehen.
Sie schrieb ihn nicht ab.
Seit er denken konnte, war sie der einzige Mensch, der seine Freundschaft gesucht hatte. Das machte sie zur wundervollsten Frau auf der ganzen Welt.
Tabitha löste sich von ihm. »Wie viel Zeit haben wir,
Weitere Kostenlose Bücher