Geliebte Diebin
recht.
Aber Apryll, wie hatte sie nur so dumm sein können, sich von Payton überlisten zu lassen? Miranda bewunderte die Lady und hatte gleichzeitig Mitleid mit ihr. Devlynns Temperament und sein Zorn kannten keine Grenzen. Aye, selbst als Herrscherin über ein Schloss würde sich Apryll jetzt den Wünschen eines Mannes beugen müssen. Es war doch immer wieder das Gleiche.
Für Bronwyn würde es nicht anders sein.
»Gute Nacht, mein Kleines«, flüsterte sie ihrer Tocht er zu.
Sicher, dass das Mädchen fest schlief, ging Miranda durch das Zimmer und zog ihre Tunika aus. Sie war die älteste Tochter von Morgan von Black Thorn, sein ältestes Kind. Dennoch war sie ständig übergangen worden, zum Vorteil ihres jüngeren Bruders. »Nicht länger«, schwor sie sich laut, als sie in ihr einsames Bett schlüpfte. »Nicht länger.«
Apryll war allein. In Devlynns Zimmer. Sie stand neben dem knisternden Feuer im Kamin und wunderte sich über den Krug und die beiden Becher, die auf dem kleinen Tisch standen. Sie wusste, dass hinter jeder Tür ein Wachmann stand, einschließlich der Tür, die nur selten benutzt wurde und zur Kapelle führte.
Yale schlief im Zimmer nebenan und es gab noch einen Raum, der zwischen den beiden Schlafzimmern lag. Doch auch diese Tür, die von dort auf den Flur führte, wurde von einem Mann bewacht, dem Devlynn vertraute.
Sie ging zum Fenster, der lange Rock wehte wie eine Schleppe über die duftenden Binsen, mit denen der Boden bedeckt war. Sie spähte nach draußen und erkannte keinen Gang, der am Fenster vorbeiführte, keine Leiter, die man sorglos in der Nähe des Fensters hatte stehen lassen, kein Seil, das eventuell praktischerweise in einer Ecke neben der Fensterbank befestigt worden war. Nein, es gab nur den Abgrund von drei Stockwerken, der unten keinesfalls von sanften, weichen Strohballen abgedeckt wurde. Dort unten war nur nackter, harter Boden, der im schwachen Licht des Mondes lehmig aussah. Wolken hatten vorher ihre eisigen Regenfluten ausgeschüttet und die Nacht war jetzt klar und kalt. Silbernes Sternenlicht spiegelte sich im Aalweiher und in den Pfützen in der Nähe des Baches. Sie betrachtete das dunkle Band des Wassers. Der Bach rann an der Mühle vorüber, wo er zum Teich wurde.
Vielleicht konnte sie so entkommen - indem sie dem Bach
bis zur anderen Seite der Mühle folgte, wo er sich unter der dicken Mauer hindurchwand und dann in den Fluss mündete, einen natürlichen Graben, der das Schloss an drei Seiten umgab. Zweifellos würde es dort ein Gitter geben oder ein anderes Hindernis, doch sie war eine gute Schwimmerin, und es könnte ihr gelingen, unter dem Gitter durchzuschwimmen oder sich hindurchzuzwängen.
Aber zuerst einmal musst du aus diesem Zimmer entkommen und aus dem Schloss. Du musst an einem Dutzend Wachleuten vorüber, die bei Todesstrafe verwarnt wurden, ihren Platz nicht zu verlassen. Heute Nacht würde sie wohl kaum Erfolg haben.
Wenn sie zwei Wochen oder länger hier ausharrte, würden die Wachen womöglich wieder in ihre alte Faulheit versinken, sie würden einschlafen oder trinken ...
Zwei Wochen ?
Lieber Gott, könnte sie es so lange unter Devlynns misstrauischen Blicken aushalten? Könnte sie die Bemerkungen und die verächtlichen Blicke von Sir Lloyd und all den anderen ertragen? Konnte sie auf ihren Bruder warten und sich auf die Befreiung verlassen?
Wo war Payton?
Warum war er noch nicht gekommen, um sie zu holen?
Konnte es sein, dass er den Kampf aufgegeben hatte und nach Serennog zurückgekehrt war? Warum sollte er sich die Mühe machen, ein Lösegeld für sie zu bezahlen oder ihr bei ihrer Flucht zu helfen, wenn er über ein Schloss herrschen und sich selbst zum Baron ernennen konnte, auch wenn er behauptete, dass es nur vorübergehend sei? Möglicherweise war jetzt sein Wunsch nach Rache und sein Bedürfnis nach Gerechtigkeit erfüllt.
Seufzend sah sie zu, wie sich die großen Flügel der Windmühle behäbig drehten. Einige Fenster in den Hütten, die um den Schlosshof standen, waren geöffnet, das Licht von Feuern war zu erkennen, Gelächter und Bruchstücke von Unterhaltungen drangen an ihre Ohren. Jemand sang mit einer klaren, tiefen Stimme, eine Frau schimpfte mit ihren Kindern und aus den Ställen kam das leise Wiehern eines Pferdes.
Oh, sie sehnte sich nach Serennog. Auch wenn es bei weitem nicht so großartig war wie dieses Schloss, so war es doch ihr Zuhause, wo die Menschen sie brauchten, sich auf sie verließen. Was
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