Geliebte Diebin
Der Junge ritt bereits den Weg entlang nach Süden. Er grinste triumphierend, als Devlynn ihn eingeholt hatte.
»Nach Hause?«, fragte Yale, und Devlynn, dessen Herz schwoll vor Stolz auf seinen mutigen, leichtsinnigen Sohn, nickte.
»Als wäre Satan selbst uns auf den Fersen.«
Yale juchzte. »Hiya!«, rief er und beugte sich über den Hals des Pferdes, während der Schwarze dahinflog.
Devlynn folgte ihm, seine Augen suchten den Horizont in allen Richtungen ab, denn obwohl der Junge es nicht wusste, so waren seine Worte doch nicht nur so daher gesagt gewesen. Der Lord von Black Thorn war davon überzeugt, dass Payton oder andere Verräter, die er noch nicht identifiziert hatte, in der Gestalt von Luzifer selbst nach ihnen suchten, in der Absicht, sie beide durch die Tore der Hölle zu schleudern.
Pferde.
Sie hörte Pferde.
Dutzende von Pferden, wenn sie dem Geräusch trauen konnte.
Von dem Abhang spähte Geneva herunter durch die kahlen Bäume und entdeckte Reiter, die sich einem verfallenen Gebäude näherten, in dem sie Payton vermutete. Lebend. Oh, Liebling , dachte sie und das Herz tat ihr weh, die Sünden, die ich deinetwegen begangen habe. Sie musste ihm sagen, dass sie gelogen hatte. Aber all die Pferde und Soldaten - sie waren ein heruntergekommener Haufen, angeführt von einem Mann, dessen Gesicht sie nicht kannte.
Über ihren Rücken jagte eine Gänsehaut. Sie fürchtete um Paytons Leben. Aber noch ehe die Soldaten das alte Gebäude auf der von Unkraut überwucherten Lichtung erreicht hatten, hörte sie einen Ruf.
»Beeil dich!«
Der Ruf kam von einem großen Mann mit dunklem Haar ... dem Baron von Black Thorn ... Sie hatte ihn in ihren Visionen gesehen, denn er war der Tod ihres geliebten Payton, der Teufel in Menschengestalt, der Mann, zu dessen Vernichtung sie zu helfen bereit gewesen war.
Er hielt ein Schwert in einer Hand und zerrte Apryll aus dem Gasthof. Ein Junge rannte über die Felsen im Bach, als der Lord seine Gefangene auf den Rücken eines braunen Pferdes hob, sich dann auf einen grauen Hengst schwang und durch den eisigen Bach entkam, gerade als die Soldaten rufend und brüllend auf die Lichtung stürmten.
Payton. Ihr Herz setzte aus. Wo war er? Sie hatte das Gefühl, dass er noch lebte, doch würde das Biest von Black Thorn ihn am Leben lassen?
Nein. Ihr Herz erstarrte vor Furcht und all ihrer Angst zum Trotz lief sie auf das alte Gebäude zu. Vielleicht war ihre Vision unscharf, oder sie hatte die Götter verärgert, die sie dann mit dem Fluch belegt hatten, dass ihre »Vision« eine Lüge war. Konnte sie sich irren? Womöglich lag Payton in seinem eigenen Blut, tödlich verwundet durch Devlynn von Black Thorn.
Mit hölzernen Beinen begann sie zu laufen, schneller und schneller, den Hügel hinunter, durch die Bäume. Sie ignorierte die Äste, die an ihrem Kleid zerrten und auch den Regen, der vom Himmel in ihr Gesicht fiel und dann ihren Hals hinunterrann.
Nein!, dachte sie. Er kann nicht tot sein.
Sie stolperte, eine Ranke schloss sich um ihren Knöchel, sie strauchelte, doch sie fing sich wieder, ihre Hände griffen in den Schlamm. Übelkeit stieg in ihr auf, ihr Magen hob sich vom Mangel an Nahrung und Schlaf.
Schweiß rann über ihre Stirn trotz der Kälte. Sie würgte. Heftig. Die Flüssigkeit, die aus ihrem Magen kam, war gallebitter. Sie rappelte sich wieder hoch, als die Übelkeit nachließ, und bahnte sich einen Weg durch die Bäume bis zur Lichtung.
Die Pferde standen ohne die Reiter vor dem Gebäude. Durch die Spalten in den Wänden hörte sie Männerstimmen.
»Zum Donnerwetter, wacht auf!«
»Wo ist der Junge? Verdammte Hölle, habt Ihr den ebenfalls laufen lassen?«
»Was ist hier geschehen?«
»Wacht auf!«
»Habt Ihr Devlynn von Black Thorn gesehen? Denn das war er doch gerade, oder? Und Lady Apryll. Er hat sie auf ein Pferd gehoben und ist über den Bach entkommen. Bei allen Heiligen, können wir den hier denn nicht wach kriegen?«
»Ist er tot?«
Payton! Ihr Herz schmerzte und zerriss. Sie flog durch die Tür und fand ein paar Männer, die betroffen am Feuer standen, um den leblosen Körper eines Mannes geschart, des Mannes, den sie liebte.
»Nein«, schrie sie. Der Geruch nach Schweiß, Pferden und Regen mischte sich mit dem von brennendem Fett und verkohltem Fleisch. Mehr als ein halbes Dutzend Männer schauten alle misstrauisch in ihre Richtung. Einige griffen nach ihren Waffen, doch das kümmerte sie nicht. Sie bahnte sich einen Weg durch
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