Geliebte Diebin
streckte sich am Feuer aus, seine Nase zuckte bei dem Duft, der aus dem geschwärzten Topf stieg.
»Ihr seid wohl in Schwierigkeiten, Mädchen?«, fragte Mina schließlich und sah beziehungsvoll auf Aprylls gefesselte Hände.
»Das kann man wohl sagen.« Aprylls Handgelenke schmerzten von den engen Riemen und bei dem Geruch des Essens knurrte ihr der Magen.
»Seid Ihr eine Gefangene?«
»Für den Moment.«
»Ach, sind wir das nicht alle?« Sie schnalzte mit der Zunge und rührte in der Suppe. Ihr Gesicht, das vom Feuer erhellt wurde, war wettergegerbt und faltig, graues, zottiges Haar lugte unter ihrem Kopftuch hervor.
Die Hintertür öffnete sich und Devlynn kam herein, er brachte den Geruch nach Pferden, Dung und Staub mit.
»Ihr Mann hat gesagt, er kommt zurück, sobald er die Pferde versorgt hat«, wandte er sich an Mina.
Mina zuckte mit den Schultern und schöpfte die Suppe auf dicke Scheiben Brot. Sie aßen am Tisch. Apryll mühte sich ab mit ihren Fesseln, doch Devlynn bot ihr nicht an, die Riemen zu lösen. Selbst als Yale vorschlug, dass sie besser essen könnte, wenn sie nicht gefesselt wäre, wurde er mit einem einzigen warnenden Blick seines Vaters zum Schweigen gebracht.
Und Apryll war viel zu stolz, ihn darum zu bitten. Einmal begegnete sie Devlynns Blick. Sie sah, wie Wut in seinen grauen Augen brannte und hob trotzig das Kinn. Sie weigerte sich, die Rolle der Unterlegenen zu spielen. Lieber würde sie in der Hölle schmoren, ehe ihn anzuflehen, sie loszubinden.
Yale und Mina warfen die Essensreste dem Hund vor, während die Hühner es sich für die Nacht bequem machten und die Katze auf den Deckenbalken sprang, von wo aus sie aufmerksam und mit zuckendem Schwanz auf die eigenartigen Gäste starrte.
Die nahrhafte Suppe hatte herrlich geschmeckt. Sie war heiß gewesen, gewürzt mit Zwiebeln, und hatte Apryll gewärmt. Sie spülte sie mit Bier herunter und danach zeigte ihnen der Bauer den Heuboden, auf dem sie schlafen konnten. Es war der Platz über dem Stall, in dem zwei Kühe und ein Schaf standen.
Mina suchte ein paar zerschlissene Decken zusammen. Verlegen, dass sie so ärmlich aussahen, entschuldigte sie sich. »Es tut mir Leid, aber das ist das Beste, was wir haben.«
»Keine Sorge, die Decken sind in Ordnung«, versicherte ihr Apryll, und die Frau warf Devlynn einen Blick zu, der zusammen mi t dem Bauern Heu in die Krippe gab.
»Ist er ... ist er gut zu Euch? Er behauptet, er sei ein Baron ... Er sagt, er ist der Lord von Black Thorn persönlich.«
»Das ist er«, gab Apryll zu.
Mina runzelte die Stirn. »Black Thorn«, wiederholte sie leise, als seien das böse Worte. »Er ist ein dunkler Mann«, flüsterte sie und bekreuzigte sich über ihrer flachen Brust. »Seine Frau und sein ungeborenes Baby wurden getötet'... Viele glauben, dass er dafür verantwortlich war.« Mit noch einem verstohlenen Blick auf die Männer fügte sie hinzu: »Sie war eine störrische Frau, Lady Glynda. Mit ihrem feurigen Temperament war sie für ihn eine Herausforderung.« Sie schluckte. »Ich wünschte, ich könnte Euch helfen, aber wenn ich mich meinem Sam widersetze, wird er mich schlagen.«
»Ihr wart mehr als freundlich zu mir.«
Die dunklen Augen der Frau wanderten von der Krippe zum Heuboden, und ihre Stirn legte sich in besorgte Falten.
»Frau! Was tratschst du da? Hast du keine Arbeit zu erledigen?«, brummte ihr Mann, dieser Berg von einem Menschen mit seiner Knollennase und den dicken Lippen. Sein Gesicht wurde von zwei Kerzen erhellt, die auf einer Bank in der Nähe des Wassertroges flackerten. Das einzige andere Licht fiel durch die offene Tür, ein rötlicher Schein vom Feuer. Sam drohte seiner Frau mit einem Finger. »Versorge nur die Gäste, Mina, stör sie nicht mit deinem Gerede.« Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu und murmelte etwas von dummen, undankbaren Frauen.
Mina verdrehte unmutig die Augen und wandte sich erneut an Apryll. »Ihr werdet ein nasses Tuch brauchen, um Euch zu waschen. Ich bringe es Euch.« Sie wandte sich um und ging ins Haus zurück, während ihr Ehemann unzufrieden knurrte, weil sie sich ihm widersetzt hatte.
»Man darf sie nicht zu gut behandeln«, grollte er. »Oder sie plustern sich auf und verlangen das dann immer.« Sein Lachen klang hässlich. Zwischendurch schnaufte er, als wäre er davon überzeugt, der klügste Mann im ganzen Land zu sein.
Apryll hätte sich nichts lieber gewünscht, als diesen aufgeblasenen Esel von einem Mann
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