Geliebte Fälscherin (German Edition)
öffnete die Tür und sah Mrs Acklen in ihrem Morgenrock mit einer Öllampe in der Hand an der Seite stehen.
„Entschuldigen Sie, Miss Laurent. Waren Sie schon im Bett?“
„Nein. Ich meine … ja, Madam. Aber ich habe noch nicht geschlafen.“
„Kann ich bitte hereinkommen?“
„Natürlich.“ Claire öffnete die Tür ein Stück weiter. „Stimmt etwas nicht, Madam?“ Erst jetzt sah sie die Kleiderhülle, die Mrs Acklen über den Arm liegen hatte.
Mrs Acklen trat ein und schaute sich um. Sie zog die Schultern zusammen. „Hier drinnen ist es kalt, Miss Laurent. Warum haben Sie nichts gesagt? Sorgen Sie dafür, dass bis zum Ende der Woche Teppiche bestellt und geliefert werden.“
Claire wollte schon sagen, dass das nicht nötig sei, stellte dann aber fest, dass sie ihre Zehen kaum fühlte. „Ja, Madam. Danke, Madam.“
„Was wollen Sie bei dem Empfang anziehen, Miss Laurent?“
Die Frage kam unerwartet. Claire trat an den kleinen Schrank und holte eines ihrer neuen Kleider heraus. Ein dunkelgraues Kleid, für das Sutton ihr mehrmals ein Kompliment gemacht hatte. „Ich habe es heute Abend aufgebürstet und meine Stiefel poliert. Ich bin also bereit.“ Sie hielt Mrs Acklen das Kleid hin, da sie wusste, wie viel Wert sie auf Kleidung legte.
„Das ist zwar sehr nett, Miss Laurent, aber ich denke, ich habe etwas, das Ihnen ein wenig besser steht und das für den Anlass passender ist.“ Mrs Acklen legte die Kleiderhülle über das Bett. „Aber zuerst will ich Sie erinnern, dass ich viel Wert auf Anstand und Sitte lege. Das wissen Sie.“
Claire nickte.
„Auch wenn es Zeiten im Leben gibt, in denen ich glaube, dass es einschränkend ist, sich an die Erwartungen der Gesellschaft zu halten. Das kann einen sogar ersticken. Und es ist oft unnötig.“
Obwohl sie versucht war zu nicken, war Claire nicht sicher, worin sie ihr zustimmen sollte. Deshalb zog sie stattdessen die Augenbrauen hoch und legte den Kopf leicht schief. Eine Geste, die sie von Mrs Acklen gelernt hatte. Die Geste signalisierte Aufmerksamkeit, ohne jedoch unbedingt Zustimmung zu bekunden.
Mrs Acklen schmunzelte. „Sie haben mich genau beobachtet, Miss Laurent.“ Sie fuhr mit einem Finger über die Kante der Kleiderhülle. „Erlauben Sie mir, mich deutlicher auszudrücken. Ich habe einen großen Teil meines Lebens Schwarz getragen. Und wenn ich auf meine letzten Jahre zurückblicke, fragte ich mich, ob die Zeitdauer, die mit diesem Brauch verbunden ist, nicht falsch gewählt wurde. Will ich, wenn ich sterbe, dass Pauline ein ganzes Jahr lang schwarz gekleidet ist, um an meinen Tod zu erinnern? Oder gar zwei Jahre? Will ich, dass sie sich ständig darauf konzentriert, dass ich nicht mehr bei ihr bin? Oder würde ich eher wünschen, dass sie zwar um mich trauert, aber dann ihr Leben weiterlebt und so lebt und sich so kleidet, dass sie es feiert, dass ich ewig bei Gott bin?“
Claire spürte, dass die Frage rhetorisch gemeint war. Aber wenn sie eine Antwort geben sollte, hätte sie der zweiten Aussage zugestimmt.
„Auf keinen Fall, Miss Laurent, sind Sie verpflichtet, dieses Kleid zum Empfang zu tragen. Aber ich denke, es würde Ihnen sehr gut stehen.“ Sie zog das Kleid hervor. „Und ich hoffe aufrichtig, dass Sie es anziehen werden.“
42
„S eien Sie versichert, Mr Monroe, dass wir darauf achten werden, dass alles geschützt ist. Die Gäste werden nicht einmal wissen, dass wir hier sind.“
„Danke, Matthews.“ Sutton drückte dem Mann die Hand und warf einen letzten Blick in die Kunstgalerie. Alle Türen waren verschlossen bis auf den Haupteingang, durch den sich bereits ein ständiger Gästestrom bewegte. Vor Kurzem hatte es in einem Haus in der Stadt einen Diebstahl gegeben, und das auch noch während eines gesellschaftlichen Ereignisses. Das hatte Sutton veranlasst, wachsamer zu sein als sonst. „Ich komme später wieder zu Ihnen.“
„Gut, Sir.“
Sutton trat in den kalten Dezemberabend hinaus und kam sich vor, als betrete er eine Märchenwelt. Belmont badete in einem Wasserfall aus funkelnden Lichtern, und die kalte Nachtluft vibrierte erwartungsvoll. Er war auf dem Anwesen gewesen, als die Beleuchtungsfirma Hunderte Öllaternen und mit Kerzen ausgestattete Gegenstände auf dem ganzen Gelände aufgebaut hatte. Sie hatten sie in den Gärten aufgehängt, über Spalieren und an den Wegen verteilt, angefangen beim Eingangstor von Belmont die ganze Einfahrt hinauf bis zu den Stufen vor dem Haus. Der Anblick, als
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