Geliebte Fälscherin (German Edition)
betont hatte, als er ihr den Schlüssel anvertraut hatte.
Die Tür knarrte, als sie sie aufschob.
Sein Zimmer lag im Schatten, aber sie änderte das schnell, indem sie die Vorhänge vor den Fenstern zurückzog. Das Nachmittagslicht fiel ins Zimmer. Sofort fiel ihr auf, wie spärlich eingerichtet dieses Zimmer war. Dann wurde ihr bewusst, dass keine Möbel oder andere notwendigen Dinge fehlten. Sie verglich das Zimmer einfach mit der Einrichtung und Dekoration des Haupthauses, in dem Kristallvasen, Miniaturstatuen und andere Ziergegenstände jeden Tisch und jeden Kaminsims schmückten.
Die Schlichtheit und Ordnung in Suttons Zimmer passten zu ihm.
Die Akte lag auf dem Schreibtisch, genau wie er gesagt hatte. Claire wandte sich zum Gehen. Doch dann stieg ihr ein leichter Duft in die Nase, sodass sie stehen blieb. Sie atmete noch einmal ein, aber der Duft war verschwunden. Einem Impuls folgend, ging sie zum Schrank, öffnete ihn und hielt sich eines von Suttons Hemden ans Gesicht. Sie atmete die Mischung aus Myrte und Gewürzen, aus Sonnenschein und Wiesen ein, schloss die Augen und dachte an ihn.
Er hatte ihr zweimal geschrieben, seit er abgereist war. Sie hatte ihm fast jeden Tag geschrieben. Nachts, bevor sie schlafen ging. Einer seiner Briefe kam aus dem Café du Monde in New Orleans. Es machte sie ziemlich nervös, dass er so nahe bei dem Haus war, in dem sich die Galerie ihrer Eltern befunden hatte. Aber in seinem nächsten Brief hatte er ihr mitgeteilt, dass sie zur Angola -Plantage aufbrachen, die gut zweihundert Kilometer von New Orleans entfernt war, und sie konnte wieder ruhiger schlafen.
Sie lächelte beim Gedanken an das Postskriptum, das er an seinen letzten Brief angefügt hatte. „Versuche, bei Pastor Buntings Predigten nicht einzuschlafen. Obwohl ich gehört habe, dass die Kirchenbänke ziemlich bequem sein sollen.“
Seine Briefe zu lesen war, als säße sie neben ihm und unterhielte sich mit ihm. Sie ertappte sich oft dabei, dass sie lachte oder laut auf etwas antwortete, das er geschrieben hatte. Mit seiner Arbeit für Mrs Acklens Geschäftsinteressen und für den Fall mit Mr Holbrook, worum auch immer es dabei ging, waren seine Tage offenbar völlig ausgefüllt.
Aber ihr Lieblingsteil des Briefes war das Ende, wo er ihr sagte, dass er für sie betete, was sie veranlasste, auch für ihn treuer zu beten.
Zwei gerahmte Miniaturporträts von einem Mann und einer Frau zierten seinen Nachttisch. Seine Eltern, nahm sie an. Die Zeichnung von dem Mann hätte leicht die Darstellung eines Künstlers von Sutton in späteren Jahren sein können. Die Ähnlichkeit war verblüffend. Das Gesicht der Frau ließ sich am besten mit zart beschreiben. Ihre Gesichtszüge waren ganz weich und rund und wiesen nicht die geringste Schärfe auf. Schön …
Claire strich mit einer Hand über Suttons Kissen und fragte sich erneut, ob es außer den geschäftlichen Gründen noch einen anderen Grund gab, der ihn in Louisiana hielt. Eines wusste sie genau: Es war ihm schwergefallen, von hier abzureisen. Sie hatte es an seinem Gesicht gesehen. Sie hatte es an seinem Verhalten gespürt.
Auf seltsame Weise wurde die Trennung dadurch für sie erträglicher.
Die Meldung von dem Urteil des Untersuchungsausschusses in Bezug auf das Land seiner Familie war kurz nach seiner Abreise im Nashville Banner erschienen. Auf der Titelseite. Der Artikel war nicht gerade vorteilhaft für seinen Vater ausgefallen, ganz im Gegenteil. Allein schon aus diesem Grund war sie froh gewesen, dass Sutton nicht hier gewesen war. Aber er hatte den Artikel inzwischen bestimmt längst gelesen. Mrs Acklen ließ sich die Zeitungen auf die Plantage nachschicken.
Claire katalogisierte die Kunstwerke, die sie sich für diesen Tag vorgenommen hatte, zu Ende. Dann holte sie ihren Skizzenblock und ihre Stifte und brach zu den Wiesen auf. Sie zog ihren Mantelkragen enger um ihren Hals, und ihr Atem bildete in der Januarkälte einen weißen Nebel, als sie den ausgetretenen Pfad entlangging.
Die letzten Tage waren in einem gleichmäßigen Rhythmus verlaufen. Sie wachte vor Sonnenaufgang auf, las im kleinen Salon und freute sich, wenn sie auf Bibelstellen stieß, die Mrs Acklen in der Bibel, die sie ihr geschenkt hatte, unterstrichen hatte. Man bekam tiefe Einblicke in eine Person, wenn man Verse las, die für sie eine besondere Bedeutung gehabt hatten. Nach dem Frühstück mit Eli und Cordina in der Küche malte Claire bis zur Mitte des Vormittags, wobei sie
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