Geliebte Fälscherin (German Edition)
kostbaren Erstausgabe von Les Aventures de Télémaque und las ihre Lieblingsstellen noch einmal. Sie musste an das Wandgemälde in Adelicias Schlafzimmer denken, während sie genau wusste, dass sie dieses Buch nicht behalten konnte und auch nicht behalten würde. Sie wollte es Mr Stanton bei ihrem nächsten Treffen zurückgeben. Sie würde sich von Herzen dafür bedanken und ihm erklären, warum sie sich nicht mehr mit ihm verabreden konnte. Blumen und Schokolade waren eine Sache. Aber ein Geschenk von diesem Wert war viel mehr.
Und von jemand anderem als von Sutton wollte sie nicht mehr .
* * *
In der nächsten Woche zog sich Claire früh am Morgen warm an, während die Spätjanuarsonne kurz davor stand, ganz aufzugehen, und ging zu den Ställen hinaus. Zeke hatte ihr versprochen, Athena zu satteln und für sie vorzubereiten. Aber als sie um die Ecke bog, sah sie, dass Zeke nicht Athena an den Zügeln hielt.
„Guten Morgen, Miss Claire.“ Der Junge lächelte sie breit an, wobei seine Ohren wackelten. „Wie geht es Ihnen, Madam?“
Claire schaute zuerst ihn und dann Truxton an. Sie würde Suttons Pferd nicht ohne seine Erlaubnis reiten. „Ich habe dich gebeten, Athena zu satteln, Zeke.“
„Ja, Madam. Aber Mr Monroe hat mir etwas anderes aufgetragen, bevor er abreiste. Er sagte, ich sollte Sie überraschen. Also …“ Der Junge schaute den Hengst und dann wieder Claire an. „Überraschung!“
Claire war überwältigt. Sie wollte Athena natürlich nicht beleidigen, aber Truxton zu reiten war, als sitze man auf einer vierbeinigen Lokomotive. Sie konnte kaum glauben, dass Sutton ihr so sehr vertraute. Ehe sie es vergaß, griff sie in ihre Manteltasche. „Cordina hat mir etwas für dich mitgegeben.“
Zeke nahm das in ein Tuch eingewickelte Päckchen entgegen und hielt es sich an die Nase. „Das riecht nach Tante Cordinas leckeren Waffeln.“ Er schnupperte noch einmal. „Mit gebratenem Hähnchen!“
Claire ließ sich von ihm in den Sattel helfen und fühlte die Kraft des Vollbluts unter sich. Sie bemühte sich, ihre nächste Frage völlig beiläufig klingen zu lassen. „Hast du in letzter Zeit wieder etwas in der Erde gefunden?“
Mit einem Grinsen kramte er in seiner Tasche und zog einen Vierteldollar und mehrere Metallknöpfe sowie einen Deckel von einer Blechdose für Kautabak heraus. „Ich finde ständig neue Sachen. Ich sage Mr Monroe schon dauernd, dass dort ein Schatz vergraben ist. Aber er schüttelt immer nur den Kopf.“ Zeke steckte die Sachen wieder in seine Tasche. „Wann, glauben Sie, ist er zurück, Madam?“
Claire schaute zu ihm hinab und fühlte ein Ziehen in ihrer Brust. „Das weiß ich nicht genau.“ Obwohl sie Sutton in fast jedem zweiten Brief danach fragte, hatte er ihr noch keine Antwort gegeben, wann er zurückkommen würde.
Truxton reagierte mit Wendigkeit und Geschwindigkeit auf ihre Befehle und flog förmlich über die Wiesen. Der kalte Wind biss in Claires Wangen und brannte in ihrer Lunge. Der Gedanke an Suttons Traum ließ ihr Herz höherschlagen. Das Vollblut sprang über den Bach, als wäre er nur ein Strich auf der Erde, und sie schwebte mit ihm, genau wie Sutton es ihr gezeigt hatte.
Sie konnte es nicht erklären, aber sie fühlte sich in diesem Moment Sutton so nahe wie nie zuvor.
Sie lenkte das Tier auf den Höhenzug hinauf und brachte es dort zum Stehen. Als sie Belmont unter sich und die Stadt Nashville in der Ferne sah, sehnte sie sich danach, diese Schönheit auf der Leinwand einzufangen. Sie hatte bislang vier Landschaftsbilder aus verschiedenen Blickwinkeln auf der Wiese gemalt.
Ihre Arbeit machte Fortschritte. Aber nur sehr langsam.
Sie ging nachts schlafen und dachte, ein bestimmtes Bild sei verheißungsvoll, aber wenn sie am nächsten Morgen aufwachte, sah sie es mit anderen Augen. Es war nur ein Bild, das ein Tourist, der durch das französische Viertel schlenderte, von einem Straßenkünstler kaufen konnte. Gut, aber bei Weitem nicht gut genug für die Auktion, die in nur etwas mehr als einem Monat stattfand. „Deinem Talent fehlt einfach jede Einzigartigkeit …“ Obwohl sie versuchte, diesen Ausspruch zu verdrängen, stieg die Meinung ihres Vaters über ihre Arbeit aus dem Grab auf und verurteilte ihre Bemühungen, noch bevor die Farbe auf der Palette war. Und etwas in ihr fragte sich, ob er vielleicht recht gehabt hatte.
Vielleicht war sie doch nur eine mittelmäßige Malerin und Fälscherin.
Als die Sonne ihre goldenen Finger über
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