Geliebte Fälscherin (German Edition)
Schritte seiner Mutter auf der Empore im ersten Stock verhallten. „Claire …“ Er seufzte und wusste, dass er nach seiner Mutter schauen sollte, aber er konnte Claire nicht ohne Erklärung hier stehen lassen. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich entschuldige mich für das alles. Ich hatte keine Ahnung, dass sie kommt.“
„Das macht nichts, Sutton. Das verstehe ich.“
Aber er sah ihr an, dass sie es nicht verstand. „Ich glaube, ich habe dir schon erzählt, dass meine Mutter eine empfindlichere emotionale Natur hat. Aber sie hat auch eine ziemlich exzentrische Seite.“ Er warf einen Blick zur Treppe. „Und das ist anscheinend schlimmer geworden. Sie kommt ziemlich gut klar, wenn alles nach ihren Erwartungen läuft. Aber mit Veränderungen kommt sie nicht so gut zurecht.“
„Oder …“ Claire lächelte, „mit Dienstboten von niedrigerem Rang, die sich Freiheiten gegenüber ihrem Sohn herausnehmen.“
Er erwiderte ihr Lächeln und wusste, dass sie es nicht ernst meinte. Aber das, was soeben passiert war, war für ihn nicht im Geringsten komisch. „Ich habe meiner Mutter nicht erzählt, dass ich meine Beziehung zu Cara Netta beendet habe, weil ich wusste, dass sie sich darüber aufregen würde. Und ich habe wirklich gedacht, dass es keine Rolle spielen würde. Wenigstens auf kurze Sicht. Denn sie war nicht da. Aber …“ Er atmete aus. „Jetzt ist sie da. Und wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege, hat sie sich gerade in Adelicia Acklens Privaträumen ausgebreitet.“
* * *
Claire balancierte das Tablett, als sie die Treppe hinaufstieg. Mrs Monroe war seit einer Woche hier. Die Frau hatte zu ihr noch nicht mehr gesagt als „Ja, bitte“ oder „Nein, danke“, es sei denn, sie verlangte etwas. Dann verfügte Eugenia Monroe allerdings über einen erstaunlich umfangreichen Wortschatz, wie Claire lächelnd feststellte.
Sutton fühlte sich wegen der ganzen Situation furchtbar, aber sie störte es wirklich nicht so sehr. Mrs Monroe konnte fordernd und manchmal auch hart sein, und die Frau mochte sie offensichtlich nicht. Aber Claire ahnte, dass ihre Abneigung eher daher rührte, dass Mrs Monroe ihre Beziehung zu Willister missbilligte, als aus persönlicher Aversion gegen sie.
Sobald Claire das Erdgeschoss erreichte, ging sie auf das Gästezimmer am Ende des Ganges zu und kam dabei am Esszimmer vorbei. Sie spürte, dass Mrs Monroe sehr einsam war, und da sie wusste, was diese Frau alles mitgemacht hatte, empfand sie Mitgefühl mit ihr. Genauso wie viele Pinselstriche eine fertige Leinwand ergaben, wurden die Menschen von den vielen guten und schlechten Erfahrungen in ihrem Leben geprägt. Und ohne zu wissen, was jemand durchgemacht hatte, war es unmöglich, den anderen wirklich zu kennen und ihn so anzunehmen, wie er war.
Das dauerte Zeit. Und es kostete Geduld. Und es erforderte ein vergebungsbereites Herz. Sie hoffte, dass Sutton ein solches Herz ihr gegenüber hätte, wenn sie ihm die Wahrheit sagte. Denn sie wollte ihm die Wahrheit sagen. Heute Abend. Aber sie wusste nur zu gut, dass man jemandem vergeben konnte und trotzdem beschließen konnte, dass man nicht mit ihm zusammen sein wollte.
Sie hatte Antoine DePaul alles vergeben, aber sie betete, dass sie diesen Mann nie wiedersehen würde.
Sie wusste nicht, was Sutton für heute Abend geplant hatte. Er wollte es ihr nicht sagen. Er hatte sie nur aufgefordert, um halb sechs fertig zu sein und das Kleid zu tragen, das sie beim LeVert-Empfang angehabt hatte. Diese Aufforderung genügte, um sie nach den letzten fünf Tagen in einen Höhenflug zu versetzen.
Sie balancierte das Tablett und klopfte an die Gästezimmertür.
„Herein!“
Sie öffnete die Tür und sah Mrs Monroe am Fenster stehen. „Guten Tag, Madam. Cordina hat Hähnchen mit Klößen zum Mittagessen gemacht. Soll ich das Tablett auf den Tisch stellen?“
„Ja, bitte.“ Mrs Monroes Blick blieb auf etwas jenseits der Glasscheibe gerichtet.
„Sind Sie sicher, dass Sie Ihr Essen nicht auf einer Veranda vor dem Haus genießen möchten? Es ist schön draußen.“
„Nein, danke.“
Claire stellte das Tablett auf den Tisch und warf ihr einen verstohlenen Blick zu. Suttons Mutter hatte ungefähr ihre Größe, aber sie war viel dünner und zerbrechlicher und ihre Haare hatten die Farbe von gesponnenem Gold. Und sie strahlte eine Eleganz aus, die auf eine vornehme Herkunft schließen ließ, und ein Auftreten, das die feineren Dinge im Leben gewohnt war.
„Kann ich
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