Geliebte Gefangene
Prinzessin von England als Schutzschild. Er wusste, dass er gewinnen würde.
Wut und Hass tobten in ihrem Herzen, gepaart mit Angst und Hoffnungslosigkeit. Monatelang hatte sie Elizabeth sicher behütet, um sie jetzt in den Händen dieses Schurken zu sehen. Die Wahrheit traf Anne mit zerstörerischer Wucht. Simon war nie eine Gefahr für sie gewesen. Er hätte niemals einem Kind etwas zuleide getan. Aber Malvoisier hatte da keine Skrupel.
Simon. Wenn sie ihm nur alles erzählt hätte. Warum hatte sie ihm nicht vertraut? Sie sandte eine verzweifelte Bitte zu ihm aus. Wenn er wusste, dass sie hier draußen war, dann würde er sie vielleicht finden.
„Welch ein glückliches Zusammentreffen, Lady Greville“, sagte Malvoisier. „Ich hatte gehofft, dass Ihr das Kind selbst bringen würdet. Ich wollte Euch ein letztes Mal sehen.“
„Ihr könnt sie nicht haben“, presste Anne wie erstarrt hervor. „Ich werde es nicht zulassen.“
Malvoisiers Lächeln wurde breiter. „Ihr habt keine Wahl.“
Anne fing an zu zittern. „Ihr seid ein Verräter und ein Mörder.“ Sie deutete zur Hütte. „Das wart Ihr.“
Malvoisier zuckte die Schultern. „Es war notwendig.“
Elizabeth schluchzte auf, und Anne versuchte, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen, um das Kind nicht noch mehr zu verängstigen. Das Gesicht der Kleinen war angespannt, ihre Augen wanderten von einem zum anderen. Offenbar verstand sie nicht genau, was passierte, aber ihr musste klar sein, dass etwas schrecklich schiefgegangen war. Sie verharrte aufrecht und stolz in Malvoisiers Griff, ganz wie es einer Prinzessin von England anstand, aber Anne konnte sehen, dass sie zitterte.
„Ihr werdet die Prinzessin für Eure eigenen Zwecke benutzen“, sagte sie in bitterer Erkenntnis. „Ich weiß es.“
„Natürlich.“ Malvoisier lächelte. „Ich habe Pläne, aber die sind kostspielig. Dies …“, er blickte auf Elizabeth hinunter, „… ist mein Passierschein in die Freiheit.“
„Ich habe eine Pistole. Ihr müsst sie gehen lassen, Malvoisier.“
Der General lachte. „Wenn Ihr eine Pistole habt, dann schlage ich vor, sie für Euch selbst zu benutzen. Ihr könnt mich nicht daran hindern, das Mädchen mitzunehmen. Es ist meine Geisel.“
Eine Brise bewegte die Baumspitzen, das einzige Geräusch in einer sonst gespenstischen Stille. Es schien, als würden selbst die Vögel den Atem anhalten.
„Woher wusstet Ihr es?“, fragte Anne und räusperte sich. Sie hatte keinen anderen Plan, als ihn am Reden zu halten und zu hoffen, dass irgendjemand zu Hilfe kommen würde. „Woher wusstet Ihr, dass Ihr uns hier finden würdet?“, fragte sie erneut.
Malvoisier sah sie mit einem verächtlichen Blick an. „Pater Michael, der alte Narr, hat alles verraten.“ Er machte eine kleine Pause. Anne konnte fühlen, dass er reden wollte. Sie kannte ihn. Er brannte darauf, ihr zu erzählen, wie schlau er gewesen war.
„Ich wusste, wo sie die Nachrichten hinterlegten, die er für Euch abholte. Ich fand einen der Boten des Königs und brachte ihn zum Reden. Es war ganz einfach. Ich habe sie alle gelesen, bevor der Priester sie für Euch holte. Ich war Euch immer einen Schritt voraus und wusste, wann sie kommen würden, um das Kind zu seinem Vater zurückzubringen.“
„Ich verstehe“, sagte Anne mit sinkendem Mut. „Ihr wusstet also von dem Schatz?“ Sie atmete schwer. „Wusstet Ihr es die ganze Zeit?“
Malvoisier warf einen schnellen Blick auf Elizabeth. „Ich hatte gehört, dass ein Trupp des Königs einen Schatz in Grafton hinterlassen hatte, kurz bevor ich angekommen war. Aber, wie alle anderen, dachte ich, es wäre Geld.“ Er lachte. „Eines Tages ging ich zu Eurem Vater, um ihn zu zwingen, mir davon zu erzählen. Er verfluchte mich und schimpfte mich einen Schurken und Verräter.“
„Er hatte recht“, entgegnete Anne ruhig. „Ihr hattet dem König Treue geschworen und wolltet ihm gehorchen und dienen.“
Malvoisier zuckte mit den Schultern. „Ich diene keinem Mann außer mir selbst.“ Sein Arm schloss sich fester um Elizabeth, und das Kind schauderte. „Dies ist besser als jeder Schatz. Seine Majestät wird ein ihm würdiges Vermögen zahlen, um sie zurückzubekommen. Und wenn nicht, wird General Cromwell es tun.“
Ungläubig und wütend starrte Anne ihn an. „Ihr würdet sie an die Feinde des Königs verkaufen?“
„Wenn es sein muss.“ Malvoisiers Augen blitzten böse auf. „Wollt Ihr mich wegen meiner Treulosigkeit töten, Lady
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