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Geliebte Gefangene

Geliebte Gefangene

Titel: Geliebte Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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besiegte, der zufriedene Seufzer, als sie später im hohen Gras in seinen Armen lag. „Du würdest dich immer an Daten und derlei Sachen erinnern. Im Rechnen und im Umgang mit Zahlen warst du stets besser als ich.“
    „Ja“, erwiderte sie und betrachtete immer noch lächelnd die Pistole in seinem Gürtel. „Und ich wusste auch immer, dass man den Hahn einer Pistole spannen muss, wenn man sie benutzen will.“
    Er folgte ihrem Blick und betrachtete die Pistole, als würde er sie an diesem Abend zum ersten Mal sehen. „Ich hatte doch gar nicht vor zu schießen“, meinte er verlegen. „Nicht wirklich und auf dich schon gar nicht.“
    „Und was genau machst du dann eigentlich hier, Harry?“, fragte sie. Das Lächeln schwand aus ihrem Gesicht. Der Wind zerrte an ihrem festen Haarknoten und löste kleine Haarsträhnen, die ihr jetzt in die Stirn fielen und über die Wangen tanzten. Ungeduldig strich sie sie sich mit den behandschuhten Fingern aus dem Gesicht. „Wie kommst du dazu, in solch einer schrecklichen Maskerade Mietkutschen anzuhalten und weibliche Passagiere zu berauben?“
    „Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll, Sophie“, sagte er langsam. Sie würde über seine Wette mit Walter spotten und sie als närrisch und dumm bezeichnen. Und wenn sie damit auch recht hätte, so wollte er doch nicht, dass sie es ihm ins Gesicht sagte. Es würde alles verderben.
    Aber wie hätte er, als er bei White’s am Fenster stand und den Mond betrachtete, ahnen können, dass der ihn zurück zu Sophie Potts führen würde?
    „Es war der Mond, dieser Mond“, fuhr er fort und suchte nach den richtigen Worten. „Auch wenn du es mir nicht glaubst, Sophie, aber seitdem er über den Dächern aufgestiegen ist, musste ich an dich denken.“
    Skeptisch wie immer, neigte sie den Kopf zur Seite. „Der Mond, Harry? “
    „Ja, der Mond“, bestätigte er leise und voller Überzeugung, gerade so, als wollte er sie wieder umwerben. Er trat einen Schritt näher und zog die Handschuhe aus, bevor er die Hand nach ihr ausstreckte. „Es ist fast, als würde dieser teuflische Mond mich verfolgen, als ließe er mich an nichts anderes denken als an dich und die Vergangenheit. Erinnerst du dich an die Nacht, bevor ich nach Dover aufbrach? Es war auch April, mit einem Mond, der genauso hell war wie dieser hier, und …“
    „Nein, Harry, nicht“, unterbrach sie ihn jäh und schüttelte den Kopf. „Bitte, nicht.“
    „Warum nicht, Sophie?“, fuhr er unbeirrt fort. Er hob die Hand in einer so jähen, großen Geste, dass sein Pferd hinter ihm unruhig wieherte. „Erkennst du es denn nicht selbst? Es ist das Schicksal, das uns wieder zusammengebracht hat, und dieser Mond, der …“
    „Aber ich glaube nicht an das Schicksal, Harry“, unterbrach sie ihn und sah bewusst nicht zum Mond hinauf, sondern auf die ausgefahrene Landstraße zu ihren Füßen. „Wenn du dich daran erinnern kannst, dass ich Talent für die Kunst der Zahlen habe, dann solltest du dich auch daran erinnern, dass ich nicht an Schicksal oder Fügung oder was auch immer glaube. An nichts, das vorgibt, wir könnten unser von Gott gegebenes Leben nicht selbst bestimmen. Ich habe es nie getan, Harry, und werde jetzt nicht um deines Mondes willen damit anfangen.“
    „Ich verlange nicht von dir, irgendetwas neu zu beginnen.“ Zart berührte er mit den Fingerspitzen ihre eiskalte Wange. Er wollte sie nicht erschrecken. Vielmehr wollte er sie dazu bringen, ihm wieder zu vertrauen. Trotzdem konnte er das leichte Zittern spüren, das sie durchlief, den Schauer der … Ja, was denn für ein Schauer? Der Angst oder der Erregung oder der Unsicherheit? Der Erwartung, der Furcht oder der wildesten Freude? Ein Schauer, wie er ihn selbst in seinem Innern verspürte?
    „Ich möchte nur, dass du wieder die alte Sophie aus dem Herrenhaus bist“, fuhr er fort. „Die, die immer nach allem griff, was ihr das Leben zuwarf und es für sich beanspruchte. Erinnere dich daran, wer du bist, und was wir einmal zusammen besaßen. Das ist alles, was ich verlange.“
    „Das ist eine ganze Menge.“ Auch wenn sie sich seiner Berührung nicht entzog, lag Trauer in ihren Augen, als sie ihn jetzt anblickte. „Damals waren wir fast noch Kinder.“
    „Wir waren viel mehr, Sophie“, flüsterte er und beugte sich vor, um sie zu küssen. „Wir waren ein Liebespaar.“
    „Nein, Harry, nicht“, rief sie leise und wandte sich in dem Moment ab, als seine Lippen die ihren berühren wollten.

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