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Geliebte Gefangene

Geliebte Gefangene

Titel: Geliebte Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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Teil dessen, was sie zu Sophie machte. Außerdem würde sie nie nachgeben.
    Doch bevor diese Nacht zu Ende ging, würde er noch einmal den skrupellosen Straßenräuber spielen. Er würde alles, was er an Charme, Überredungskunst und Leidenschaft besaß, benutzen, um für immer ihr Herz zu gewinnen. Wenn sie diesmal ihre endgültige Entscheidung traf, würde er zweifellos dafür sorgen, dass es die richtige war: eine Entscheidung, die auch ihn mit einschloss.
    „Haben Sie verstanden, Mylord?“, fragte Sophie erneut und bemühte sich, keine Angst oder ein anderes Gefühl in ihrer Stimme mitklingen zu lassen. Sie wünschte, er würde ihr endlich antworten, anstatt einfach nur dazustehen. „Habe ich mich klar ausgedrückt?“
    Der große Mann, der vor ihr stand, war Harry, und doch war er es auch wieder nicht. Er hatte sich verändert, ihr Harry. Dieser elegante, selbstbewusste Herr in Schwarz erinnerte kaum noch an den Jungen, den sie einmal gekannt hatte. Sein Lächeln war noch das gleiche und auch sein Lachen, doch die muskulöse Brust und die kräftigen Arme in dem gut sitzenden Rock waren ihr unbekannt, genauso wie seine gebieterische, herrische Art. Sophie vermutete, dass sein Titel dafür verantwortlich war. Auch hatte er jetzt etwas Dunkles an sich, das schwer zu erklären war, eine unterschwellige schlechte Stimmung, die so schwarz zu sein schien wie seine Kleidung.
    Dieser dunkle Charakterzug beunruhigte sie. Und ebenso beunruhigt fragte sie sich, welche Narrheit ihn wohl dazu verführt hatte, sich als Straßenräuber zu verkleiden. All die Jahre hatte sie genug Zeitungsberichte über die mondäne Londoner Gesellschaft gelesen, um zu wissen, dass seine jugendliche Spontaneität sich inzwischen zu einem gefährlich rücksichtslosen Wagemut und einer Vorliebe für Wetten ausgewachsen hatte. Es war eine Sache, herauszufinden, wie hoch er als Kind einen Baum hinaufklettern konnte, aber eine ganz andere, mit verbundenen Augen in halsbrecherischem Tempo einen Phaeton zu lenken. Wenn ihr Kutscher heute Nacht bewaffnet gewesen wäre, hätte er Harry sehr wohl auf der Stelle töten können. Die Tatsache, dass Harrys Pistole gar nicht gespannt war, wäre dann genauso bedeutungslos gewesen wie seine Absicht, nicht zu schießen. Es schien fast, als wollte er sterben, mit einer endgültigen, flammenden Geste der Welt zeigen, dass ihn alles nicht mehr kümmerte.
    Doch in einem Punkt hatte er recht gehabt, schmerzhaft recht gehabt: Gott möge ihnen beiden helfen, er war ihr immer noch nicht gleichgültig.
    „Verstehen Sie mich, Mylord?“, fragte sie erneut und kam sich dabei wie ein verzweifelter Papagei vor, der nur eine einzi ge Frage auswendig gelernt hatte. „Verstehen Sie …“
    „Ja, Mädchen, ich verstehe.“ Seine Stimme klang leise, vorsichtig, und bewusst ließ er sich nun nichts mehr von den Gefühlen anmerken, die er zuvor gezeigt hatte. „Deine Entscheidung kümmert mich nicht, aber ich werde mich trotzdem an sie halten.“
    „Danke.“ Sie wusste, sie tat das Richtige. In den Berichten über Harrys Wetten und Heldentaten hatten die Zeitungen ihn auch mit vielen Frauen in Zusammenhang gebracht, alles reiche, adlige Schönheiten. Und jede von ihnen war der Beweis dafür, dass er niemals eine fortwährende Liebe für eine bescheidene alte Jungfer vom Land gehegt hatte. Eine Duchess mochte sich eine Affäre mit Harry leisten können, für eine Gouvernante wäre sie der Untergang.
    Natürlich hatte sie die richtige Entscheidung getroffen.
    Plötzlich fühlte Sophie die abendliche Kühle, und sie rieb sich fröstelnd die Arme. Wenigstens würde die bevorstehende Wanderung sie wärmen, wenn auch nie so sehr wie der Kuss, den sie so schroff zurückgewiesen hatte, es vermocht hätte. Sie sah die Straße entlang, auf der ihre Kutsche verschwunden war. „Wissen Sie, wie weit es bis zum nächsten Gasthaus ist? Ich war eingeschlafen, als wir angehalten wurden, und weiß nicht, wie weit wir bereits gekommen sind.“
    „Nicht weit“, antwortete Harry und deutete in die entgegengesetzte Richtung. „Vielleicht eine Viertelmeile, höchstens.“
    „Aber wie weit ist es in dieser Richtung?“, fragte sie. „Dorthin ist dieser elende Kutscher nämlich mit meiner ganzen Habe verschwunden.“
    „Oh, das sind mindestens fünf Meilen“, erklärte Harry. „Das heißt, wenn diese Mausefalle, mit der du unterwegs warst, so weit kommt, ohne auseinanderzubrechen.“
    „Das ist sie beinahe schon“, sagte sie. Mit jeder

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