Geliebte Gefangene
König seinen Schatz zurückzugeben. Mehr kann ich nicht tun. Ich werde mein Schweigen niemals brechen. Eines Tages …“ Sie schluckte die Tränen hinunter, die in ihrer Kehle brannten. „Eines Tages kann ich Euch vielleicht alles erzählen. Ich bete, dass dieser Tag kommen wird. Vielleicht dann, wenn dieses Land nicht mehr durch den Krieg zerrissen ist.“ Ihre Stimme brach.„Aber im Moment sind das meine Bedingungen, und Ihr könnt sie annehmen oder nicht, ganz wie es Euch beliebt.“
Drückende Spannung erfüllte den Raum. Simon trat nahe an sie heran. „Das würdet Ihr tun, um die, die Ihr liebt, zu schützen?“, fragte er mit rauer Stimme.
„Ja. Ich würde es für sie tun, und um sicherzustellen, dass endlich Frieden nach Grafton kommt. Und damit der Schatz des Königs nicht in Eure Hände gerät.“
Simon war nun genauso blass wie sie. „Wenn Ihr das Dokument unterzeichnet, verratet Ihr damit Euren Treueschwur.“
Anne erwiderte seinen Blick. „Ich weiß.“ Es brach ihr das Herz. „Ich werde zustimmen, bei Todesstrafe keine aktive Rolle mehr bei der Unterstützung der Royalisten zu spielen. Aber Ihr müsst versprechen, Muna, Edwina und John in Ruhe zu lassen und Eure Suche nach dem Schatz des Königs aufzugeben.“
Die folgende Stille erschien wie eine kleine Ewigkeit. Schließlich schüttelte Simon den Kopf. „Nein“, sagte er. „Alles oder nichts.“
Wut und Erleichterung durchströmten Anne in einer riesigen Welle. Sie war bereit gewesen, ihren Treueschwur zu brechen, um die zu retten, die sie liebte, und um den Schatz des Königs zu schützen, aber sie würde niemals sein Geheimnis verraten. Der Ausgang des gesamten Krieges konnte davon abhängen, dass sie Stillschweigen bewahrte. „Dann gibt es keine Abmachung zwischen uns.“ Sie straffte die Schultern. „Und ich schwöre Euch, Lord Greville, wenn Ihr meine Cousine oder einen meiner Bediensteten mit Gewalt dazu zwingt, ihren Eid zu brechen, werde ich Euch persönlich töten und sollte ich selbst dabei mein Leben verlieren.“
Damit hastete sie aus dem Zimmer. Alles, was sie wollte, war, einen ruhigen und dunklen Ort zu finden, an dem sie sich für einen Augenblick verstecken konnte. Sie war so nah daran gewesen, all das, woran sie glaubte, zu verraten. Sie hätte einen Handel abgeschlossen, um die zu schützen, die sie liebte, und um den Schatz des Königs in Sicherheit zu wissen. Alles hätte sie getan, was nötig gewesen wäre. Aber es hätte ihr das Herz gebrochen. Und nun war sie außer sich vor Angst, dass Simon seine Drohung wahr machen könnte und Muna, Edwina oder John verhören und sie zum Reden bringen würde, weil sie sich weigerte, sich ihm zu unterwerfen. Falls er es wirklich tun würde, gäbe es nur eine Möglichkeit, sie zu retten: Sie müsste ihm die Wahrheit sagen. Und das konnte sie niemals tun.
Nachdem Anne aus dem Zimmer gestürzt war, saß Simon eine lange Zeit still an seinem Schreibtisch. Er hatte angefangen, General Fairfax einen Brief zu schreiben, aber nach nur zwei Zeilen hatte er aufgegeben und die Feder beiseitegelegt. Er entfaltete das Pergament und starrte auf die Erklärung der militärischen Unterwerfung, die Anne beinahe unterzeichnet hätte.
Es hatte nur wenig gefehlt, und sie hätte ihren Treueschwur an die Sache der Royalisten gebrochen. Simon wusste, dass sie damit all ihre Prinzipien verraten und ihr Leben zerstört hätte.
Nachdenklich rieb er sich über die Stirn. Er verstand die Qualen, die sie litt, wenn sie sich zwischen ihrer Loyalität gegenüber denen, die sie liebte, und der gegenüber ihrer Sache entscheiden musste. Er hatte sie weit getrieben, indem er drohte, die, die ihr am nächsten standen, zu foltern, sie zu erpressen. Schuldgefühle überkamen ihn. Er sagte sich, dass es nötig gewesen war, dass er es für die Parlamentarier und für den Krieg hatte tun müssen. Aber er fühlte sich trotzdem wie der übelste Schurke.
Anne war nicht wie er. Sie hatte angeboten, aus Liebe ihr Erbe aufzugeben und ihre Treue zu brechen. Er hingegen hatte seinem Vater wegen seiner eigenen Prinzipien den Rücken gekehrt. Die Entscheidung verursachte ihm noch immer Albträume.
Abrupt stand er auf und ging zum Fenster hinüber. Wieder einmal durchsuchten Truppen das Gut nach dem Schatz des Königs. Er konnte sehen, wie sie in den Ställen das schmutzige Stroh wegschaufelten, die Futtertröge durchforsteten, das Dachgebälk und die Abflüsse untersuchten. Die Pferdeknechte beobachteten sie mit
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