Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Besatzungsmitglieder schon in Reihe auf dem Sonnendeck. Der Bärtige hatte ein nasses Handtuch um den Kopf gewickelt und kühlte damit eine große Beule.
    Er war der einzige gewesen, der sich gegen Juan gewehrt hatte. Ihm war nicht gleich eingefallen, daß Juan ein ausgezeichneter Judokämpfer war.
    Nun trottete auch McDonald mißmutig und mit gesenktem Kopf an die Spitze der Reihe und schielte hinüber zu seiner geliebten ALTUN HA. Sie hieß jetzt, wie er feststellen mußte, GOTLAND, was ihm sehr gefiel, aber der Name schuf plötzlich einen Abstand. Ein Fremdkörper am Heck …
    »Wer hätte das jemals gedacht?« brummte er. »Mit wehender Fahne untergehen – ja! Aber diese Erniedrigung … Sir, das haben wir nicht verdient, wir haben über sieben Millionen im Bauch der ›Annette I‹.«
    »Das ist es ja gerade! In meinem ehrlichen Schiff!«
    »Es sollte doch nur eine Starthilfe in ein neues Leben sein, Sir. Für den Käpten, für Sie … für uns alle. Was sollen wir denn tun ohne unsern Käpten? Können Sie sich eine in Eis und Schnee und Kälte ausgesetzte Vollwaise vorstellen …«
    »Jim, ich fange gleich an zu weinen!«
    Rainherr musterte die Mannschaft Joannas. Es waren wirklich Burschen, mit denen man die Hölle aufreißen konnte … nur hatten sie den falschen Job ausgeübt. Von der ALTUN HA ertönte ein Pfeifsignal.
    »Achtung!« schrie Rainherr. Die Crew Mary-Annes stand stramm. »Kommandant kommt an Bord …«
    Auf dem Nebenschiff erschien jetzt Joanna. Sie trug wie früher ihre Kapitänsuniform und ging mit schnellen Schritten über die Gangway. Die Goldtressen funkelten …
    »Käpten …«, stammelte der Riese Jim wie ein kleines Kind. »Oh, Käpten …«
    Joanna stellte sich vor die Reihe ihrer Leute. Sie sah ihre glänzenden Augen, die lächelnden Lippen, das Glück in den verwitterten Gesichtern. Ein heißer Ring legte sich um ihr Herz. Zerreiß ihn, dachte sie. Zerreiß ihn in kleine Stücke …
    »Jungs!« sagte sie mit ihrer hellen Kommandostimme. »Viele Worte haben wie nie gemacht. Auch jetzt nicht. Ihr seid freie Menschen. Ihr seid entlassen. Geht dorthin in die Welt, wo sie euch gefällt und wo ihr euch wohl fühlt …«
    »Bei Ihnen, Käpten!« sagte McDonald dumpf. »Wir bleiben nur bei Ihnen.«
    »Aber ich kann euch nicht mehr gebrauchen.«
    »Wir können alles. Wir tun alles. Nur … jagen Sie uns nicht weg!«
    »Es gibt aber keine Kaperfahrten mehr, Jim. Wenn ich auf See fahre, dann nur noch, um zu angeln oder aus Freude darüber, über das Meer zu fliegen. Jungs … es ist aus. Es ist wirklich alles aus! Ich bin auch nicht mehr Mary-Anne Tolkins. Ich heiße jetzt Joanna Tabora …«
    »Was sind Namen, Käpten! Sie bleiben unser Kommandant!« röhrte der Bärtige. »Was ist eure Meinung, Kameraden?«
    »Sie bleibt unser Kommandant!« brüllte die ganze Mannschaft. Joanna wandte sich achselzuckend an Rainherr. In ihren Augen standen Tränen. »Was soll ich tun, Andres? Du hörst es, sie gehen nicht!«
    »So habe ich mir das gedacht.« Rainherr trat vor. »Hört einmal, ihr Bande!« sagte er laut. »Ist es überhaupt möglich, daß ihr ein ehrliches Leben führt?«
    »Jawoll!« brüllte McDonald sofort.
    »Wißt ihr denn überhaupt, was ein ehrliches Leben ist?«
    »Nein!« brüllte McDonald zurück. »Aber wir können es ja lernen. Man kann alles lernen, und ich habe gesagt, wir können alles. Auch ehrlich sein! Wenn's nicht anders geht …«
    »Es geht nicht anders, Jim! Ich nehme euch alle in meine Dienste …«
    »Hurra!« schrie der Bärtige und griff sich an seine Beule.
    »Aber nur, wenn ihr bereit seid, euch vollkommen umzustellen. Wer rückfällig wird, der wird von mir ohne Wimpernzucken der Polizei ausgeliefert! Ist das klar?«
    »Klar!« dröhnte wieder McDonalds Baß. »Was machen wir mit den sieben Millionen unter Deck, Sir?«
    »Die liefern wir wieder ab!«
    »O du gekochte Scheiße!«
    »Ich zahle euch eine Heuer, die über dem Tarif liegt. Damit müßt ihr auskommen … als ehrliche Menschen.« Rainherr drückte das Kinn an. »Wer das nicht will, kann jetzt weggehen und seinen Seesack packen. Ich halte ihn nicht auf, und ich übergebe ihn auch nicht der Polizei. Er soll einfach verschwinden …«
    Die weiße Mauer rührte sich nicht.
    Alle Männer blickten hinüber zur ALTUN HA, die jetzt GOTLAND hieß und an deren Heck die schwedische Flagge wehte. Die neue Zeit, das ehrliche Leben – begann es nicht auch mit einer Lüge, einer Täuschung? Rainherr verstand die

Weitere Kostenlose Bücher