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Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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glaubt, er müsse sich verirrt haben.
    Wenn er nicht genau wüßte, daß Saba eine Insel in der Karibik ist, würde er meinen, in Alt-Holland zu sein.
    Zwei Jahrhunderte zurückgedreht, wandelt er durch Bottom oder die meist 400 Meter hoch am Kraterrand gebauten anderen kleinen Ortschaften, als sei er in einem anderen Erdteil. Die einzigen Transportmittel sind Pferde oder Esel, ab und zu ein stöhnender Jeep. Sie verbinden die vielen kleinen Gärten, die Häuschen miteinander, die Gärten, in denen nicht nur holländische Blumen, sondern auch Gemüse und Salate wachsen. Ein winziges Stückchen felsiger Erde, für immer von den Kolonialherren geprägt. Ein Staubkorn im fernen Meer, das holländische Beschaulichkeit in sich aufsog und bewahrt hat.
    Die ALTUN HA hatte gerade an der kleinen Mole festgemacht, als ein mittelgroßer schlanker Mann in einem naturfarbenen Tropenanzug auf das Schiff zuging. Er trug einen Strohhut und war – bis auf das Glasauge – ein unauffälliger Mensch. Dieses Glasauge allerdings war ein Kuriosum: Während das natürliche Auge des Mannes braun-schwarz, wie die Hautfarbe des Mischlings, war, leuchtete das Glasauge in hellstem nordischem Blau. Der Gegensatz war so frappierend, daß jeder, der Luis de Vegas ansah, entweder lächelte oder sich mitleidig fragte, welch ein Ignorant von Augenarzt so etwas auf dem Gewissen habe!
    Joanna und Dr. Rainherr gingen zuerst von Bord.
    McDonald stand noch auf der Kommandobrücke und kratzte sich den roten Vollbart. Er kannte Luis genau – der erste Satz, die erste Begrüßung entschied.
    Luis de Vegas nahm seinen Hut vom Kopf und verbeugte sich vor Joanna. Auch wenn er auf einer holländischen Insel der Karibik wohnte, so war er doch ganz der altspanischen Grandezza verhaftet, ganz Kavalier.
    Dann sah er Dr. Rainherr fragend an; wobei das blaue Auge kritischer zu blicken schien als das echte, dunkelbraune.
    »Ja, ich bin's!« sagte Rainherr, ehe Luis die richtigen Worte fand. »Ich glaube, Sie sind über alles unterrichtet.«
    »So ist es, Señor.« Luis hatte eine angenehme, baritonale Stimme, die weich klingen konnte, aber auch schneidend, wenn es erforderlich war. »Von zwei Seiten – mit unterschiedlichen Meinungen.«
    »Ich nehme an, Sie haben die Zeit genützt, um sich darüber klarzuwerden, welcher Seite Sie zuneigen.«
    »Ich habe Don Fernando angeboten, mich zu besuchen«, antwortete Luis ausweichend.
    »Oh! Sie lieben Informationen aus erster Hand?«
    »Ich habe ihm angeboten, an mir … eine nicht salonfähige Handlung auszuführen!«
    Rainherr lächelte verständnisvoll. Es war die galante Umschreibung eines Kavaliers. Für Luis war es unmöglich, so etwas in Gegenwart der Señorita auszusprechen.
    Luis de Vegas gab Rainherr die Hand.
    Auf der Kommandobrücke atmete McDonald erleichtert auf. Nun war alles klar. Luis machte mit.
    »Wenn du dich querstellst, Bursche!« hatte Jim noch gestern abend drahtlos in das de Vegassche Haus gebrüllt, »kastriere ich dich bei voller Besinnung! Fernando Dalques ist ein Gauner, aber wir sind ehrbare Seeleute, denen nur ab und zu ein Goldfisch vor den Bug schwimmt!«
    »Ich habe ein Essen vorbereitet«, sagte Luis de Vegas höflich. »Don Fernando funkt fast pausenlos und will wissen, ob Sie schon hier sind, Käpten. Soll ich es ihm sagen?«
    »Später, Luis.«
    Joanna blickte an den Kraterwänden hoch. Auf halber Höhe war ein Haus unter Ausnutzung der natürlichen Höhlen gebaut. Ein wahrer Adlerhorst. Die Fenster blinkten in der Sonne.
    »Das ist es, Andres …«, sagte sie.
    Rainherr betrachtete die Anlage, die mehr einer Festung glich. »Uneinnehmbar«, sagte er. »Nur mit Geschützen kann man es wegschießen …«
    »Das Vorderhaus vielleicht. Aber die Haupträume liegen im Felsen. Man kann nicht den ganzen Berg wegschießen.«
    »Warum auch?« mischte sich Luis de Vegas ein. »Wer sollte ein Interesse daran haben, rechtschaffene Bürger zu beschießen?«
    »Sagten Sie rechtschaffen, Luis?« fragte Rainherr sarkastisch.
    »Sie hörten richtig, Señor.« Luis' Glasauge, dieser blaue See in seinem Mulattengesicht, glotzte den Besucher an. »Saba ist die friedlichste Insel der Karibik.«
    »Schon immer, was?« Rainherr lachte. »Saba war eines der letzten Seeräuberverstecke, gewissermaßen die letzte Bastion, ehe das Piratentum vernichtet wurde. Man behauptet, daß noch heute in unentdeckten Höhlen große Goldschätze lagern. Als 1632 die Holländer die Insel in Besitz nahmen, war sie das Paradies

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