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Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Welches Rindvieh von Arzt hat Ihnen dieses hellblaue Glasauge eingesetzt?«
    »Sie werden das Rindvieh gleich kennenlernen«, antwortete Luis und lächelte schief. Beleidigt war er nicht. »Er wartet schon! Er sitzt vor dem gedeckten Tisch und hat Hunger. Er hat übrigens immer Hunger und ißt sich durch ganz Saba durch. Dabei hat er das gar nicht nötig. Er verdient genug, denn er ist ein vorzüglicher Arzt.«
    »Das sieht man an Ihrem Glasauge!« warf Rainherr sarkastisch ein. »Wenn dieser Doktor noch mehr solcher Andenken hinterlassen hat …«
    »Urteilen Sie erst, wenn Sie ihn kennengelernt haben!«
    Luis de Vegas ging weiter.
    »Die Menschen auf Saba danken Gott jeden Tag, daß es ihn gibt.«
    Das Haus von Luis de Vegas war das größte in der Ladder Bay, was verständlich war, denn es war nicht nur ein Wohnhaus, sondern auch Lagerhalle und Funkstation. Es war, wie alle Häuser auf Saba, im holländischen Stil gebaut, mit hochragendem Giebel und weiß getüncht. Die hölzernen Fensterläden waren grün lackiert. Im Innern des Hauses war es angenehm kühl – die alten Holländer verstanden etwas von Baukunst und von Isolation. Wer über die ganze Welt verstreute Kolonien besaß, der wußte, wie man wohltemperierte Häuser baut.
    In der großen Halle, wo der breite Tisch gedeckt war – ganz nach dem Muster des Mutterlandes mit Spitzendecke und bemaltem Porzellangeschirr –, erhob sich ein schmächtiges Männchen mit schütterem weißem Haar und in einem Anzug, der nur bei der Herstellung einmal gebügelt worden war – dann nie wieder! Aus einem viel zu weiten Hemdkragen wuchs ein dürrer Hals hervor … der Schlipsknoten, korrekt gebunden, hing erbarmungswürdig schmal auf der Brust.
    »Willkommen, Mary-Anne!« rief das Männchen. »Wie schön, Sie gesund zu sehen, obwohl ich ja von Kranken lebe!«
    Dann drehte er sich um und blickte Dr. Rainherr an. Er hatte durchdringende Augen. Wie Röntgenstrahlen, dachte Rainherr unwillkürlich. Er sieht einen an – und ist schon in der Tiefe!
    »Und Sie sind also Dr. Rainherr …«, sagte das Männchen. »Sie sind uns schon lange avisiert! Wenn es nach Fernando Dalques ginge, müßte ich Sie jetzt mit einem Schuß aus der Hosentasche töten und bekäme dafür hunderttausend Dollar! Hören Sie gut zu – einhunderttausend Dollar! Das sind Sie ihm wert. Sie haben unverschämtes Glück, daß ich mir aus Geld nichts mache. – Meier XXIII.«
    »Aha!« sagte Rainherr bloß. Meier XXIII zog an seinem Schlipsknoten.
    »Sie sagen ›Aha‹! Das macht Sie mir sofort sympathisch. Die meisten lachen über meinen Namen.«
    »Weil Sie der dreiundzwanzigste Meier sind? Was gibt es denn da zu lachen?« Dr. Rainherr gab dem Arzt die Hand. Erstaunlich war der Druck, mit dem der kleine Mann des Besuchers Begrüßung erwiderte.
    Rainherr fuhr fort: »Viel mehr regt mich auf, daß Sie es fertigbrachten, Luis ein hellblaues Auge einzusetzen.«
    »Das ist eine Wucht, was?« Meier XXIII lachte kichernd. »Aber das ist noch nicht alles. Das ist kein Menschenauge, sondern das Auge eines Stofftieres, das ich bei einem Ausflug nach Guadeloupe in einer Schießbude gewann! Dreimal die Zwölf! Ich suchte mir einen Affen mit Nylonfell aus, und der hatte – absurd bei Affen – hellblaue Augen! Made in USA. Da ist alles möglich!«
    Dr. Meier sprach längst deutsch. Weder Joanna noch Luis verstanden ihn – und das war gut so. Vielleicht wäre Luis doch böse geworden, wenn er gewußt hätte, daß sein blaues Auge von einem Stoffaffen stammte.
    »Als Luis auf die Insel kam«, erzählte Meier XXIII weiter, »mit seiner leeren Augenhöhle, habe ich meinem Affen ein Auge ausgerupft, es ausgekocht und Luis eingesetzt. Sagen Sie jetzt nur, das wäre keine gute Tat gewesen …«
    »Zumindest ist sie ungewöhnlich, Doktor.«
    »Wie soll ich denn hier auf Saba an ein anatomisch richtiges Auge kommen? Die Leute auf Saba haben sich übrigens an das blaue Auge gewöhnt – und das ist die Hauptsache. Übrigens trug diese Tat dazu bei, daß ich hier auf der Insel unschlagbar bin.«
    »Ich weiß! Die Leute beten jeden Tag, daß Sie ihnen erhalten bleiben.«
    »Das ist übertrieben, Dr. Rainherr – aber denkbar!« Dr. Meier setzte sich hinter seinen Teller. »Ich habe einen Hunger, Leute! Rainherr, nehmen Sie Platz, damit endlich aufgetragen werden kann!«
    Er schwenkte jetzt wieder um und sprach spanisch weiter. »Mary-Anne, Ihre Jungens haben gute Arbeit geleistet. Zuerst war ich platt. Ein fremdes Schiff

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