Geliebte Korsarin
Verschlingen der ersten Portion.
Der Boy legte nach. Luis lächelte vor sich hin – er kannte die Geschichte. Joanna bedauerte Andreas, daß dieser so im direkten Schußfeld von Dr. Meier XXIII saß.
»Ich hatte von Saba nie etwas gehört, ich kannte nur das Saba aus der Bibel, das mit der schönen Königin, die mit Salomon … na, Sie wissen schon! Ein Zufall brachte mich hierher, ein Frachter, auf dem ich die Mannschaft betreute. Ja – mittlerweile war ich abgerutscht! Der Suff, die Weiber … So blieb ich auf Saba, diesem Vulkannest, und richtete mich ein. Ja – und jetzt bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Meine Patienten sind dankbar, auch wenn sie mal ein Plüschtierauge bekommen; ich habe ein ruhiges Leben, bin siebzig Jahre alt und hoffe, noch weitere zehn Jahre zu leben und zu praktizieren! Zehn herrliche Jahre. Und Sie, Dr. Rainherr? Sie reformieren die schönste und mutigste Frau der Karibik und sind auch noch stolz auf Ihr Werk, wie ich sehe. Wie kamen Sie denn überhaupt an Mary-Anne?«
»Sie hat mich geklaut … als Piratin!«
»Du lieber Himmel!« Dr. Meier XXIII schlug die Hände zusammen. »Daraus lernt man, daß das Schicksal eine elende Kupplerin ist! Wein her! Das muß ich erst hinunterspülen!«
So turbulent der Tag begonnen hatte, so wild bewegt endete er.
Während Dr. Rainherr und Dr. Meier XXIII die Anlagen von Joannas ›Firma‹ in der Ladder Bay besichtigten und sie selbst im Haus mit Luis de Vegas sprach und ihm klarmachte, daß sie alles aufgeben wolle, hatte drüben im fernen Belize Fernando Dalques die dunkle Ahnung, daß die in der ganzen Karibik gesuchte ALTUN HA mittlerweile in Saba eingetroffen sein mußte.
»Ich spüre es!« sagte er zu Dr. Casillas. Seit Tagen war der Betrieb der ›Exportgesellschaft indianischer Kunst‹ wie gelähmt. Mit Mary-Annes Verschwinden und ihrer Ankündigung, daß sie ein neues Leben beginnen wolle, war alles anders geworden. Zwar beteuerte Dalques immer noch lautstark, daß er allein weitermachen wolle … Aber das war nur ein müdes Auflehnen gegen die Realität: Er hatte kein Schiff mehr, keine Mannschaft, keinen Kontaktmann wie de Vegas … und vor allem auch nicht den Schneid, den Mary-Anne als Piratenkapitän bei jedem Einsatz bewiesen hatte.
»Ich fliege nach Saba.«
»Mit Ihrer Zweimotorigen?« fragte Dr. Casillas und verzog den Mund. »Fernando, damit können Sie auf dem winzigen Flugplatz nicht landen.«
»Das weiß ich allein!« bellte Dalques.
»Oder wollen Sie etwa Saba bombardieren? Das sähe Ihnen ähnlich! Wenn Sie unbedingt einen Feuerzauber wollen, dann machen Sie ihn hier! Von Saba kommen Sie garantiert nicht zurück. Wenn man Sie nicht mit den schweren MGs Ihrer ›Altun Ha‹ vorher abschießt, werden das die alarmierten Jagdflugzeuge der verschiedenen Karibikstaaten tun! Don Fernando – Sie haben doch absolut keine Chance!«
»Ich will sehen, ob sie vor Saba liegen!«
»Und dann?«
»Dann werden andere die Schmutzarbeit übernehmen!« Er starrte Casillas böse an. »Ich weiß, wie ich diesen Rainherr am besten treffen kann! Durch seine Tochter.«
Dr. Casillas schluckte krampfhaft. »Das mache ich nicht mit, Don Fernando«, sagte er heiser.
»Was?«
»Kidnapping? Irgendwo ist die Grenze …«
»Wer hat denn gesagt, daß ich das Mädchen kidnappen will?« antwortete Fernando. »Halten Sie mich für so einen Idioten? Was käme dabei heraus? Was sollte ich mit dieser Annette erpressen?«
»Was wollen Sie sonst mit dem Mädchen?«
»Das werden Sie erleben, Casillas!« Dalques lächelte böse. »Ich werde nicht einen einzigen Finger rühren, und ich werde diesen Dr. Andreas Rainherr trotzdem tödlich treffen …«
Das war am Vormittag.
Gegen Mittag stieg Fernando Dalques mit seiner zweimotorigen Cessna auf, ohne die Raketen, die nun wieder – in Kisten mit Holzwolle verpackt – in der Lagerhalle lagen mit der Aufschrift ›Tanzmasken aus Nikaragua‹.
Fernando flog zunächst die Küste entlang, überquerte dann die Atolle und wandte sich nun in direkter Richtung nach Saba. Über dem freien Meer stellte er die Frequenz der ALTUN HA in seiner Funkanlage ein und rief eine halbe Stunde lang, mit Unterbrechungen, immer von neuem:
»AH melden! AH melden! AH melden!«
Endlich kam eine Antwort.
Es war die dröhnende Stimme von McDonald, der unwirsch fragte: »Was soll das? Gehen Sie aus unserer Frequenz, Mister! Sie haben den falschen Kanal. Hier spricht die Yacht ›Gotland‹!«
»Red keinen Mist,
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