Geliebte Korsarin
eine gewaltige Flutwelle nach einem Taifun über ein Drittel der Stadt wegriß.
Das war selbst den ansonsten geduldigen Leuten von Belize zuviel, und sie bauten 80 km landeinwärts eine neue Hauptstadt, die sie Belmopan nannten und an der das Schönste ihr romantischer Name ist. Es wurde eine reine Beamtenstadt, ein Verwaltungskomplex, bewohnt von ganzen 4.000 Menschen, die damit beschäftigt sind, in die Staatskasse von Belize durch den Export von Rohrzucker, Zitrusfrüchten und Mahagoniholz wenigstens etwas Geld zu bringen.
Dabei hätte dieses von der Welt vergessene Land alles, um eine Touristenattraktion erster Klasse zu werden, und es liegt wirklich nur an den Belizern selbst, daß vor allem deutsche Reiseunternehmen mit ihren unermüdlich in der Welt umherreisenden Spähern hier noch kein neues Paradies entdeckt haben, das man vermarkten kann.
Denn was die Natur Belize geschenkt hat, ist einfach grandios: Das zweitgrößte Korallenriff der Erde, kilometerlange, menschenleere, weiße, wirklich paradiesische Strände, das ganze Jahr über das idealste Badewetter, eine Wassertemperatur von 25 bis 28 Grad, die Cays und Reefs mit ihrem Fischreichtum, wo ein Angler gar nicht so schnell seine Köder an die Haken stecken kann, wie die Fische anbeißen … Dazu ein Himmel, der am Tag wie in der Nacht gleichermaßen zum Träumen verführt, wenn man unter Kokospalmen am Strand liegt und Wind, Meer und Himmel eine vollkommene Einheit bilden.
Zwischen den Korallenriffen liegen unzählige Schiffswracks: spanische Galeonen, britische Fregatten, Vollmaster und Karavellen, Galeeren und dreistöckige Linienschiffe … und alle voll von versunkenen Schätzen, in Taifunen gestrandet, von Piraten versenkt, durch Korallenriffe aufgeschlitzt … Ein Eldorado also für Taucher und Schatzsucher, wenn nicht die ewigen Wächter wären: Haie und Barrakudas.
Aber Belize will keine Touristenattraktion werden. Bis auf ein paar Hotels an der Festlandküste und auf den größeren Cays bleibt man unter sich. Wer nun durchaus in das Innere des Landes will, der nimmt eine alte Propellermaschine oder fährt auf Booten die Flüsse hinauf durch unwegsamsten Urwald oder benutzt die wenigen Straßen, die eine seltene Eigenschaft haben: sie verschwinden nach einem starken Regenguß.
Wozu ein Land für die Fremden erschließen, wenn man selbst glücklich ist? Was ist Armut? Was ist Reichtum? Man kann sich sattessen – genügt das nicht? Wer paradiesisch lebt, muß auch paradiesisch denken …
Belize City, die ehemalige Hauptstadt, hat wieder 45.000 Einwohner, die meist in einfachen Holzhäusern leben. Diese stehen auf Pfählen, denn man weiß ja nicht, ob wieder einmal eine große Flut kommt. Jedes Jahr werden Taifune gemeldet … einmal kann auch einer von neuem auf Belize zudrehen und die Stadt wegspülen …
Ein paar feste Häuser aus Stein gibt es aber doch. Vor allem die Banken – wie könnte es anders sein? –, einige Handelskompanien, Verwaltungen und Privatbauten reich gewordener Bürger, Magazine und ein Stadion für Sport und Politik.
Und etwas außerhalb der Stadt, wo der Urwald noch nicht begonnen oder wo man ihn ausgerottet hat, liegen ein paar prachtvolle Villen, im englischen oder spanischen Kolonialstil erbaut, weiße Paläste mit riesigen Parkgärten. In Belize gibt es noch Gegenden, wo man sich dem erhabenen Gefühl hingeben kann, auf diesem Fleck Erde der einzige Mensch zu sein.
Fernando Dalques stand an der Hafenmole, als die ALTUN HA langsam durch das brackige Wasser furchte und am Liegeplatz III stoppte. Einer der Matrosen warf das Tau hinüber, ein Hafenarbeiter schlang es um den Polder und zurrte es fest. Dann stieß die Yacht, die Flanken geschützt durch eine Reihe weißer Sandsäcke, gegen die Kaimauer. McDonald hob grüßend die Hand, aber Dalques erwiderte den Gruß nicht.
»Der ist schon auf dem Sprung!« sagte der Bärtige zu Jim. »Ich bin immer froh, diese Visage nicht zu sehen. Mal wieder vier oder sechs Wochen auf See … das wäre etwas! Und dann die Taschen voller Dollars und hinein in die Puffs von Haiti!«
Die ALTUN HA hatte in einem Seitenbecken festgemacht.
Das normale Hafenleben spielte sich im Hauptbecken ab, wo die Frachter den kargen Export Belizes einluden und als Gegenleistung von Amerika und England Maschinen, Medikamente und Elektroartikel löschten. Sogar Autos und Lastwagen … Zeichen einer optimistischen Zukunft, in der auch Belizes Straßen einmal besser sein würden, kamen vereinzelt
Weitere Kostenlose Bücher