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Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie mit hinaus, ich will Ihnen etwas zeigen.«
    Sie ging voraus, und Joanna folgte ihr bis zur Treppe. Dort blieb Annette stehen und streckte ihren Arm weit aus.
    »Von hier aus können Sie es genau sehen. Dort liegt Ihr Schiff. Vielleicht zwanzig Meter von der Mole nach links wird das Meer grünlicher.«
    »Ich erkenne es gut. Da muß ein Korallenriff sein.«
    »Richtig. Das Wasser in der Bucht ist nicht sehr tief, darum hat Paps auch die Mole gebaut, um mit genug Tiefgang ankern zu können. Dort, wo die Korallenbank liegt und weiter zum Strand hin ist das Wasser so flach, daß wir diesen Teil unser Schwimmbecken nannten. Damals hatten wir noch nicht den Swimming-pool am Haus. Mama war eine gute Schwimmerin … sie bewegte sich im Meer wie ein goldener Fisch. Eines Morgens – sie schwamm am liebsten, wenn die Morgensonne die ersten schrägen Strahlen über das Meer schickte – war sie auch dort draußen, zwischen den Korallen und dem Strand. Plötzlich schrie sie … Sie schrie so grell, daß wir es hier oben hörten und auf die Terrasse rannten. Da sahen wir sofort die dreieckige Rückenflosse, und wir erkannten von hier oben ganz deutlich den silbergrau schimmernden, langen Leib des Fisches. Wir konnten sogar sehen, wie er das Maul aufriß, und wie er sich, etwas zur Seite gedreht, auf Mama stürzte. Und wir konnten sehen, wie die fürchterlichen Zahnreihen zuklappten und Mamas Oberschenkel nur noch ein blutiges Gebilde aus Fleischfetzen und zersplitterten Knochen war. Und sie schrie … sie schrie und schwamm weiter … mit dem einen Bein, und Paps schrie zurück – ich habe noch nie einen Menschen so schreien hören – und stürzte die Treppe hinunter zur Bucht. Was wir da sahen, war überhaupt nicht zu verstehen, denn in solch flache Gewässer geht sonst nie ein Hai. Dort fehlt ihm die Tiefe, um jagen, um seine Schnelligkeit und Wendigkeit ausnutzen zu können. Im flachen Wasser fühlt sich sonst jeder Hai wie ein Gefangener – aber dieser kümmerte sich wenig darum. Er legte sich wieder auf die Seite und schoß von neuem auf Mama zu. – Und wir standen hier, sahen alles mit an und konnten nicht helfen. Begreifen Sie, wie furchtbar das war? Wir mußten wehrlos zusehen, wie der Hai meine Mutter förmlich zerriß. Ersparen Sie mir Einzelheiten, der rechte Arm und die rechte Hand mit dem Trauring wurden später ans Ufer geschwemmt. Seitdem trägt Paps diesen Ring, und ich glaube, man müßte ihm den Finger abhacken, ehe er sich von diesem Ring trennen würde …«
    Annette atmete tief auf und wandte sich dann vom Meer ab.
    »Seitdem tötet Paps jeden Hai, den er zu sehen bekommt. Wenn er mit dem Schiff hinausfährt, um – wie er sagt – zu angeln, dann wissen wir alle: Jetzt jagt er wieder den Mörder von Mama. Er wird diesen grausigen Tod nie vergessen, so wie er Mama nie vergessen wird. Ich weiß nicht, ob Paps in den vergangenen Jahren Frauen geliebt hat – ich habe es nie bemerkt, und wir haben nie darüber gesprochen. Es war ein Thema, das es zwischen uns nicht gab. Die einzige Frau, die immer um uns war, war Mama …«
    Sie ging in das Zimmer zurück, in die wohltuende Kühle, die eine geräuschlose Klimaanlage erzeugte, und ließ sich in einen Sessel fallen. Joanna blieb noch in der offenen Glastür stehen.
    »Und plötzlich kommt nun Paps von einer seiner Haijagden zurück und bringt eine Frau mit! Sie, Joanna! Und diese Frau sagt: Ihr Vater liebt mich, und ich liebe Ihren Vater! – Glauben Sie wirklich, Sie könnten Mama ersetzen … oder Mama vergessen lassen? Ich werde Sie nie akzeptieren, Joanna …«
    »Sie können so grausam sein und Ihrem Vater kein neues Glück gönnen? Er ist über das schreckliche Erlebnis etwas hinweg …«
    »Durch Sie!«
    »Durch unsere Liebe …«
    »Sie haben es fertiggebracht, Mama aus seinem Herzen zu verdrängen? Mit Ihren schwarzen Augen und Ihrem Katzenkörper vernichten Sie jetzt Mama zum zweitenmal?«
    Annette sprang aus dem Sessel auf.
    »Ich hasse Sie!« schrie sie. Ihre Stimme hatte in diesem Ausbruch ihres tiefsten Gefühls einen hellen, kindlichen Ton angenommen. »Sie sind wie der Hai, der verdammte Hai … Sie fressen meine Mutter auf!«
    »Annette … bitte, hören Sie mich an …«, brachte Joanna stockend hervor.
    »Ich will nichts mehr von Ihnen hören!«
    Annette rannte zur Tür und riß sie auf. Sie prallte gegen Juan, der gerade die Tür – den Metallkoffer auf der Schulter – erreicht hatte.
    »Ach! Die neue Frau richtet sich schon häuslich

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