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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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konnte es mit den Windmühlen aufnehmen, die sie gefangen hielten.
    Sie legte ihre Hand an sein Kinn. Seine Haut war warm, rau von feinen Bartstoppeln. Was war nur geschehen, dass das Schicksal ihr diesen Mann beschert hatte? Wie könnte sie ihn je wieder fortschicken? Und hatte er ihr wirklich fünftausend Pfund vermacht? Welch eine törichte … absurde … schrecklich romantische Geste.
    Ausgerechnet bei diesem Gedanken schlug er die Augen auf. Er blinzelte zweimal, dann sah er sie an.
    „Ich habe nichts zu essen im Haus“, ließ sie ihn wissen.
    „Auch gut.“ Er setzte sich auf und rieb sich die Augen. Sie wartete nur darauf, dass er zu Sinnen kam. Mittlerweile müsste er es sich wohl anders überlegt haben. Bestimmt.
    „Guten Morgen“, sagte er und küsste sie leicht auf die Lippen.
    Eine herrliche Sekunde lang hätte sie beinah dem Versprechen dieses Kusses geglaubt, hätte fast gehofft dass dies niemals vorüberging, dass sie noch Tausende Morgen neben ihm erwachte. Hunderttausende.
    Jäh zog sie sich zurück. Als sie ihn jenseits ihrer Reichweite wähnte, war es ihr so sicher erschienen, ihn zu lieben. Nichts könnte passieren, weil nichts passieren würde. Nun wusste sie selbst nicht mehr, woran sie war. Nur eine Gewissheit hatte sie: Alles, was ihr je etwas bedeutet hatte, war ihr früher oder später genommen worden. All ihre Träume waren zu Staub zerfallen.
    „Ich wünschte, wir hätten gestern etwas mehr Aufmerksamkeit auf deine Kleider verwandt“, murmelte sie. „Sie lagen die ganze Nacht auf dem Boden herum und dürften reichlich zerknittert sein.“
    „Ich habe sie vor den Kamin gehängt“, sagte er. „Nachdem du eingeschlafen warst.“
    Sie bedachte ihn mit einem bösen Blick. Manchmal war er wirklich unerträglich, gerade zu gut, um wahr zu sein.
    „Bestimmt sind sie trotzdem noch zerknittert“, fuhr er versöhnlich fort, „aber man sollte sich darin sehen lassen können. Kannst du meine Krawatte binden?“
    „Fester, als dir lieb ist“, grummelte sie.
    Er tat ihre schlechte Laune mit einem Achselzucken ab. „Es geht auch so. Komm, lass uns frühstücken.“
    „Ich habe doch eben gesagt, dass …“
    „Nicht hier.“
    „Du willst … frühstücken gehen? Du willst dich da draußen mit mir zeigen? Du musst verrückt sein.“
    Seine Augen blitzten so zornig, dass sie ihre letzten Worte am liebsten zurückgenommen hätte.
    „Ich will mich mein ganzes Leben mit dir zeigen“, sagte er so klar und deutlich, dass sie es auch ja verstand. „Stell dich lieber darauf ein.“
    An Frühstück war wohl kaum zu denken. Was würde wohl geschehen, wenn Sir Mark ein Londoner Wirtshaus betrat und nach Tee, Eiern und Räucherhering verlangte? Binnen Minuten wäre er belagert. Ein Blick auf sein zerknittertes Hemd und seine zweifelhafte Gesellschaft – und sein guter Ruf wäre die längste Zeit gut gewesen. Und wenn er erst einmal Tadel und Häme der Öffentlichkeit zu spüren bekam, wollte er sich gewiss nicht mehr so leichtfertig mit ihr verbinden.
    „Eigentlich“, fuhr er fort, „hatte ich auch eher an einen privaten Rahmen gedacht.“
    „Aber die Dienstboten …“
    „Werden finden, dass meine Zukünftige wunderschön und die Liebenswürdigkeit in Person ist.“ Er sah sie an. „Du kannst doch noch liebenswürdig sein, oder?“
    Beschämt schlug Jessica die Hände vors Gesicht. Ja, sie war grässlich zu ihm, und einzig aus dem Grund, weil Mark sie bislang nicht aufgegeben hatte. Ihm stand Heirat vor Augen, ihr die Katastrophe.
    „Entschuldige, du hast recht“, sagte sie schließlich. „Sowie ich etwas gegessen habe, werde ich mich besser fühlen.“ Es war nicht fair, ihn für Verfehlungen zu bestrafen, die er noch gar nicht begangen hatte. „Hilf mir bitte beim Ankleiden“, sagte sie. „Dann helfe ich dir.“
    Jessica brauchte ewig, um sich anzuziehen, was vor allem daran lag, dass Mark ihr nur bedingt eine Hilfe war. Kaum war sie in ihre Chemise geschlüpft, fasste er sie um die Hüften, um den Stoff glatt zu streichen. Statt wie gebeten ihr Korsett enger zu schnüren, schlang er die Arme um sie und zog sie fest an sich. Küsste ihr den Nacken, ließ seine Hände schweifen. Sie wand sich in seinen Armen, wollte ihm sagen, dass er das lassen solle. Doch selbst ihre schlechte Laune war machtlos, als er ihr Gesicht umfing und sie küsste, als wäre sie das Kostbarste der Welt.
    Es war ein zarter, zaghafter Kuss. Als ob er nicht dauern könne. Als ob gleich die Zukunft ihr

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