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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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und nicht in diesem schäbigen Zimmer mitten in London. Sie begann, ihm die Schultern zu massieren.
    „Hat Weston geschrien?“, wollte sie wissen. „Hat er um Gnade gefleht?“
    „Allerdings.“
    „Sehr befriedigend.“
    Er lachte unter dem nassen Tuch. „Wohl wahr. Ich wünschte, du wärst dabei gewesen.“
    „Der Bericht in der Zeitung war auch recht amüsant.“ Sie seufzte. „Ich wünschte … ich wünschte …“
    „Was?“
    Ihre Finger waren feucht und kühl von der Kompresse. Er legte seine Hand, warm und trocken, auf die ihre.
    „Das hast du wunderbar gemacht, Mark.“ Fast ungläubig schüttelte sie den Kopf. „Ich … ich hätte nie gedacht, dass er dafür bezahlen würde.“
    Aber. Sie sprach es nicht aus, das machte es indes nicht besser. Mark könnte sich noch so oft mit Weston prügeln – er könnte ihr nicht zurückgeben, was der ihr genommen hatte. Allein der Gedanke an Weston bereitete ihr Unbehagen, wie ein bedrohliches Tier, das im dunklen Gehölz auf sie lauerte. Nein, sie fühlte sich jetzt nicht besser. Aber Weston dürfte sich entschieden schlechter fühlen.
    Gewiss auch ein Grund zur Freude. Aber …
    „Liebste“, sagte Mark und nahm sich das Tuch vom Gesicht. „Du wirst mich doch heiraten, oder?“
    Alles, was er in ihr geweckt hatte, schnürte ihr die Kehle zu. Ihre Hände zitterten. „Ich … Selbst wenn Weston über die Vergangenheit schweigt und mir aus dem Weg gehen sollte, so könnte jemand anders mich erkennen. In der Zeitung steht, man würde dich, da Weston in Ungnade gefallen ist, vermutlich in die Armenkommission berufen. Wieder stündest du im Licht der Öffentlichkeit, vielleicht gar noch mehr als jetzt. Früher oder später wird irgendeiner über mich sprechen, eine Bemerkung machen. Die Schande würde auch auf dich fallen.“
    „Du kennst meinen ältesten Bruder nicht.“ Mark lächelte. „Der Duke of Parford wird schon dafür sorgen, dass nichts dergleichen geschieht.“
    „Auch ein Duke kann nicht allen Gerüchten Einhalt bieten.“
    „Mach dir keine Sorgen.“ Er sagte es leichthin, aber sie sah, wie angespannt er war, sah, wie ein Muskel an seiner Wange zuckte, wie er die Hand zu einer leichten Faust ballte.
    „Und nun wirst du gar Kommissar. Du wolltest doch gar nicht in den Ausschuss!“
    „Nun ja.“ Er stritt es nicht ab. „Aber dich wollte ich. Und ich will es noch immer.“
    Jessica hatte oft genug erlebt, wie rasch das Interesse eines Mannes schwinden konnte. Sie gab wenig darauf, was ein Mann will. Zu Beginn ist er zu fast allem bereit, doch bald schon setzt Gewohnheit ein. Was er einst für eine Frau aufgab, wird schließlich zum Vorwurf, zum Anfang vom Ende.
    Sie wusste kaum damit umzugehen, dass Mark sie schätzte und respektierte. Seine Missachtung könnte sie nicht ertragen.
    Es war hoffnungslos. Doch was ihnen blieb, war diese Nacht. Sie reichte ihm die Hand.
    „Willst du mit mir zu Bett gehen?“, fragte sie. Es war keine Antwort auf seine Frage, doch auch ein Angebot, gewissermaßen. Einen Moment zögerte er, dann hob er langsam seine Hand, bis seine Fingerspitzen die ihren berührten, bis seine Finger sich warm und voller Gewissheit abermals um die ihren schlossen.
    „Ja“, sagte Mark mit tiefer, rauer Stimme. „Ja, ich will.“

20. KAPITEL
    A ls Jessica aufwachte, fand sie Mark noch schlafend an ihrer Seite. Wie jung und unschuldig er im blassen Licht des Morgens aussah! Fast fürchtete sie, ihn zu berühren, hatte sie doch Angst, den Zauber zu brechen, der über allem lag.
    Sie fühlte sich wie als Kind am Weihnachtsmorgen – wieder war da diese unwirkliche Vorfreude, das Gefühl, den Tag kaum erwarten zu können, weil er etwas ganz Besonderes für sie bereithielt. Dabei wusste sie, dass sie nur im Bett zusammen sein konnten. All seinen schönen Worten vom Abend zum Trotz musste er eigentlich wissen, dass sie nicht in sein Leben passte. Er zumindest passte nicht in das ihre. Die Königin hatte ihn zum Ritter geschlagen – er war sozusagen der Moralist Ihrer Majestät. Zudem war er der Liebling der Londoner Gesellschaft. Er war Sir Mark Turner – und sie noch immer die Frau, die ihn verführt hatte.
    Alle Unschuld an ihr war, im wahrsten Sinne des Wortes, verloren. Wenn sie die Augen schloss, sah sie jene Todesanzeige vor sich, die ihr Vater aufgesetzt hatte. Gut möglich, dass Mark ihr Lancelot war, aber sie war nicht seine Guinevere. Sie war eine Kurtisane. Kein Ritter, so kundig in der Kriegskunst er auch sein mochte,

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