Geliebte Kurtisane
…“ Er spreizte seine schwieligen Finger; unter den Nägeln waren dunkle Ränder. „Sir Mark, es wäre mir eine Ehre, wenn einer von Daisys Welpen an Elizabeth Turners Sohn ginge.“
Mark war so gerührt, dass er kaum wusste, was er sagen sollte. Die wohlhabenderen Bürger von Shepton Mallet, die Fabrikbesitzer, die Gutsherren, hatten ihn gerade mal zum Essen eingeladen. Und selbst diese spärlichen Gesten der Gastfreundschaft waren nicht frei von Hintergedanken: Man dürstete nach Neuigkeiten aus London und wollte sich damit brüsten, ihn zu Gast gehabt zu haben.
Mark wusste, was ein guter Hütehund jemandem wie Mr Taunton bedeutete. Ein solches Tier sicherte nicht nur den Lebensunterhalt, er war dem Schäfer auch ein treuer Gefährte und Trost in einem ansonsten recht kargen Leben. Fast war es, als hätte der gute Mann ihm seinen Erstgeborenen angeboten.
„Mr Taunton, ich bin nach Shepton Mallet gekommen, um nachzudenken“, holte Mark weit aus, „um ein Angebot zu überdenken, das kürzlich an mich herangetragen wurde. Man hat mich gebeten, der Armenkommission beizutreten.“
Taunton nickte wissend. „Das ist … eine Ehre“, sagte er, doch um seine Mundwinkel zuckte es leise.
Mark rieb sich die Stirn. „Sie meinen, es ist ein Ärgernis. Ich bin kein Befürworter des Armengesetzes, und die Kommission hat alles noch schlimmer gemacht als das Parlament. Ich kann mir wahrlich Schöneres vorstellen, als meine Zeit darauf zu verwenden, über die Zuteilung der Essensrationen in den Armenhäusern des ganzen Landes zu befinden.“
Taunton begann mit den Fingern auf den Knien zu trommeln. „Wenn die solchen Mist gebaut haben, könnten Sie das vielleicht in Ordnung bringen. Die könnten bestimmt einen guten Mann gebrauchen.“
„Ja, ich weiß. Das ist auch der Grund, weshalb ich das Angebot nicht rundheraus abgelehnt habe.“
Er war populär, man würde auf ihn hören – auch bei den höchsten Stellen. Wenn er sagte, dass seiner Ansicht nach das gesamte System der Erneuerung bedürfe, würde man zumindest darüber nachdenken, vielleicht sogar etwas tun. Er könnte etwas verändern. Das Schicksal hatte ihm zu ungeahnter Beliebtheit verholfen – nun stand es in seiner Verantwortung, sie bestmöglich zu nutzen. Wenn es ihm nur nicht so … so maßlos erschienen wäre.
„Nun, was ich eigentlich sagen will – würde ich den Posten annehmen, wäre ich ständig auf Reisen. Daisys Welpe hat gewiss ein besseres Zuhause verdient.“
Seine Antwort schien den Mann zutiefst zu treffen.
„Gewiss“, murmelte Taunton. „In den vornehmen Salons hat so ein dreckiger kleiner Köter natürlich nichts verloren.“ Er straffte die Schultern und sah sich etwas ratlos um. „Nun, vielleicht kann ich ja mit etwas anderem dienen.“
Mark wusste, dass seiner Mutter gute Taten keine Almosen gewesen waren. Aber dieser einfache, stolze Mann wusste es offensichtlich nicht. Lieber ließe Taunton sich die Hand abhacken, als Almosen anzunehmen. Dass Mark nun sein Angebot ablehnte, kam dem schon ziemlich nah.
„Aber mein Bruder“, hörte Mark sich darum sagen, „bei ihm hätte der Hund es gewiss gut. Und ich weiß, dass er gern einen hätte. Kürzlich dachte ich erst, dass ich ihm vielleicht einen Hund besorgen könnte.“
Tauntons Miene hellte sich auf.
„Doch, wirklich“, bekräftigte Mark. „Ich bin mir sicher, dass er sich darüber freuen würde. Und der Hund wäre bei ihm auf jeden Fall glücklicher als in irgendwelchen Londoner Salons.“
Jetzt strahlte Taunton über das ganze Gesicht. „Ein paar Tage muss der Kleine noch bei seiner Mutter bleiben, aber dann bringe ich ihn vorbei. Sie haben recht – auf Parford Manor hat er bestimmt mehr Platz zum Herumtoben.“
„Um genau zu sein“, setzte Mark an, ehe ihm aufging, dass er nicht unbedingt zu erklären brauchte, für welchen Bruder das Geschenk gedacht war. „Ja, genau“, sagte er. „Ich werde ihn so bald nicht besuchen, weshalb es auf ein paar Tage nicht ankommt. Haben Sie vielen Dank. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viel es meinem Bruder bedeuten wird.“
Taunton nickte knapp. „Keine Ursache, Sir Mark. All die Jahre hat das Wissen auf mir gelastet, dass ich mehr hätte tun sollen. Sie wissen schon, für … Ihre Schwester. Und für Sie und Ihre Brüder. Ich hab ja gesehen, was los war, als ich wieder zurück war. Aber ich hab mich nicht getraut, was zu sagen.“
Mark saß reglos da. Er wollte sich kaum eingestehen, wie sehr diese
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