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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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rosigen Lippen, ihren Mund, der sich ihm öffnete … Noch immer meinte er, sie süß auf seinen Lippen zu schmecken.
    Sie entfachte seine Glut, raubte ihm den Verstand. Und statt Ordnung in seine überbordenden Gedanken zu bringen, stellte sie erst recht alles auf den Kopf, bis er kaum wusste, was oben und was unten war, was richtig und was falsch. In seinem Denken gab es nur noch sie, etwas anderes kam darin nicht mehr vor.
    Nein. Ihrer Klugheit zum Trotz und unabhängig der gegenseitigen Anziehung und der Verbindung, die zwischen ihnen existierte, stand außer Frage, dass sie die Falsche für ihn war. In jeder nur erdenklichen Hinsicht falsch.
    Das sagte ihm sein Verstand, wenn auch alles andere an ihm mit dieser Entscheidung wenig einverstanden schien.
    Mark bog von der staubigen Straße in einen kleinen, von Birken umsäumten Weg, der hinab an einen munter plätschernden Mühlbach führte. Kühl war es hier, schattig, und der frische Hauch, der vom Wasser aufstieg, legte sich wohltuend auf seine Haut. Er folgte dem Lauf des Bachs, auch wenn es ein Umweg war. Bewegung half, seiner Frustration, seinem unerfüllt gebliebenen Verlangen die Schärfe zu nehmen. Zudem brachte ihn der Pfad zum Haus seiner Mutter. Das sollte ihm Mahnung und Erinnerung sein, das innere Gleichgewicht wiederzufinden, jene Gelassenheit, die ihn unanfechtbar machte. Nichts ging über körperliche Ertüchtigung, um sich unerwünschter Begierden zu entledigen.
    Glaswand. Er stellte sich vor, wie er sie Stein auf Stein errichtete, wie sie sich kühl und beruhigend an seine Haut schmiegte, Distanz schuf. Was man durch Glas sah, konnte einen nicht berühren. Sein schwelendes, quälendes Verlangen könnte er sich so vom Leib halten. Er nähme es wahr, verlöre jedoch nicht die Beherrschung. Seiner Mutter Erbe hallte nicht länger in ihm wider, er wäre wieder der, der er sein wollte – ein Mann, dessen Gefühle anständig und gentlemanlike waren.
    Er konzentrierte sich ganz auf die Wirkung des Glases. Es dämpfte alle Farben, Formen, Empfindungen – eigentlich alles, was nicht nüchtern und normal war. In seiner Vorstellung zog er die Wand immer höher hinauf, bis sie dem Turm von Babel gleichkam. Seine geistige Übung wurde dadurch zunichtegemacht, dass er sich auf Schritt und Tritt an sie erinnert fand. Der dunkle Schatten, den eine knorrige Eiche an der Wasseroberfläche warf, erinnerte ihn an die dunkel glänzenden Flechten ihres Haars. Ein heller, warmer Sonnenstrahl, der durchs Laub fiel, rief ihm die süße Wärme ihrer Lippen in Erinnerung. Er blieb stehen und wartete, bis sein Atem sich etwas beruhigt hatte, bis seine Begierden auf Normalmaß geschrumpft waren und ihn nicht länger zu überwältigen drohten.
    Dann erst wagte er einen neuerlichen Blick auf seine Umgebung und stellte erstaunt fest, wie weit er gelaufen war. Immer dem Bachlauf folgend, hatte er das Haus seiner Mutter längst hinter sich gelassen. In der Ferne sah er die rußgeschwärzte Ruine einer Fabrik – vermutlich eine der vielen, die in den Zeiten des Aufruhrs niedergebrannt worden war. Zeiten, an denen seine Familie nicht ganz unschuldig war. Hätte er noch eines Grundes bedurft, die Gefahren zu meiden, die seiner harrten, würde er seinen niederen Trieben nachgeben, so sollte dieses Zeichen der Verwüstung ihm Mahnung genug sein. Hier ging es nicht um ihn und sein eigennütziges Verlangen. Hier ging es um viel mehr.
    Mark war nicht sein Vater. Er war auch nicht seine Mutter. Aber … er könnte ihre Fehler wiederholen, wenn er sich nicht vorsah.
    Selbst nun, da schon eine Stunde seit besagtem Kuss vergangen und all sein Denken einzig darauf gerichtet war, jegliches Gefühl der Leidenschaft zu ersticken, meinte er noch immer, ihre Lippen auf den seinen zu spüren. Nein, so ging das nicht weiter. Er durfte nicht länger seinen Überlegungen nachgeben. Er musste aufhören, sich einzureden, sein Begehren nach ihr sei irgendetwas anderes, irgendetwas Besseres als ein rein animalisches Bedürfnis.
    Am besten wäre es, er würde sie nie wiedersehen.
    Doch weshalb fühlte es sich an, als wäre genau das die falsche Entscheidung?
    Dieses Bedauern, diese unendliche Leere, die sich seiner bemächtigte …
    Am Ende nur ein weiterer Beweis, dass sie wahrlich die letzte Frau auf Erden war, auf die er seine Gedanken verwenden, seine Gefühle richten sollte.
    Nachdem das geklärt war, machte er sich auf den Heimweg. Nun, da er nicht länger vor seinen Begierden davonlief, kam ihm

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