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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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wusste Mark, dass seine Lage schlimmer war als vermutet. Denn es bedurfte nur dieser einen Bitte, und alle Vorbehalte, die er gegen sie gehabt, alle Argumente, die er so sorgsam abgewogen hatte, lösten sich in Wohlgefallen auf. All sein Denken kreiste einzig um sie.

12. KAPITEL
    J essica atmete erleichtert auf, als Sir Mark ihr schweigend die Tür öffnete und sie eintreten ließ. Er nahm ihr den Umhang ab und hängte ihn auf. Er sprach noch immer kein Wort, als er sie den langen Korridor hinabführte, den sie schon einmal gegangen war. In der Stube bedeutete er ihr wortlos, sich an den Kamin zu setzen. Draußen war es mit zunehmender Dämmerung kühl geworden, hier im Haus war es geradezu kalt. Mit geübter Hand schichtete er Holz im Kamin, griff nach dem Blasebalg und entfachte die Glut.
    All das tat er still, ohne ihr zu nahe zu kommen. Er hatte auch nicht wie zufällig mit den Fingern ihren Hals gestreift, als er ihr den Umhang abgenommen hatte. Sie war dankbar darum.
    Flammen loderten auf, fraßen sich ins Holz. Er schob das Gitter vor den Kamin und wandte sich ihr zu. Nur kurz traf sein Blick den ihren, dann fiel er auf ihre Hände, die sie, blass und wohl kalt, noch immer verschränkt hielt.
    „Sie frieren“, stellte er fest. Er sagte es so nüchtern, dass sie kaum glauben mochte, vorhin erst von ihm geküsst worden zu sein. Man könnte meinen, nichts sei zwischen ihnen als bloße, unverfängliche Tatsachen. „Möchten Sie einen Tee?“
    „Nein.“ Ihre Finger krampften sich ineinander, sie barg sie in ihrem Rock. „Nein, ich möchte keinen Tee.“
    Er musste etwas in ihrer Stimme bemerkt haben, denn er sah sie mit fragendem Blick an. Er drang jedoch nicht weiter in sie. „Kaffee? Warme Milch?“
    „Hätten Sie vielleicht einen Port?“ Es war ihr einfach so herausgerutscht.
    Er schien aber nicht entsetzt, dass eine Frau so undamenhaft nach Alkoholischem verlangte. Vielmehr wirkte er belustigt. Er wandte sich um und verließ den Raum. Sie hörte seine Schritte auf dem Gang, das lang gezogene Quietschen einer Tür, leises Rascheln. Als er wenige Minuten später zurückkehrte, hielt er zwei bauchige Gläser und eine angestaubte Flasche in der Hand.
    „Kein Port“, sagte er. „Aber“, er hielt die grünglasige Flasche hoch, „ich hätte Apfelbrand zu bieten. Haben Sie den schon mal probiert?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er zog den Korken aus der Flasche und goss einen Fingerbreit der karamellfarbenen Flüssigkeit in eines der Gläser. „Shepton Mallet ist berühmt dafür.“ Er reichte ihr das Glas, abermals darauf bedacht, sie nicht zu berühren. Dann schenkte er sich selbst etwas großzügiger ein. „Um nicht zu sagen berüchtigt.“
    Sie wollte nur ihre flatternden Nerven beruhigen. Ein Schluck, mehr nicht. Eigentlich kam sie sich töricht vor, ihn überhaupt aufgesucht zu haben.
    Er stellte die Flasche beiseite und ließ sich auf dem Sofa nieder. Sie hätte ihn zurechtweisen können, weil er sich neben sie setzte. Aber es war ein geräumiges Sofa, und er hatte am entgegengesetzten Ende Platz genommen. Würde sie ihren Arm zur Seite strecken und er seine Hand, hätten ihre Fingerspitzen sich kaum berührt. Und doch erschauerte sie leise. Sie saßen beinah nebeneinander. Die Kissen in ihrem Rücken gaben nach, als er sich zurücklehnte. Gedankenverloren strich sie über das seidene Polster.
    „Auf Ihr Wohl.“ Er hob sein Glas und trank.
    Jessica schnupperte vorsichtig an ihrem Glas. Durch die vergorene Süße von Äpfeln nahm sie ein scharfes, durchdringendes Aroma wahr. Allein der Geruch ließ ihr die Augen tränen. „Sir Mark“, fragte sie, „wollen Sie mich betrunken machen?“
    „Ich habe ihnen kaum einen Fingerbreit gegeben.“ Er hob fragend eine Braue. „Sagen Sie bloß, Sie vertragen nichts?“
    „Seien Sie unbesorgt – ich könnte Sie unter den Tisch trinken“, gab sie in gewohnter Manier zurück, doch ihre Gedanken waren anderswo. Ihr stand nicht der Sinn nach Koketterie. Sie hob ihr Glas und nahm einen Schluck.
    Sie hatte etwas Mildes erwartet, so etwas wie Apfelwein. Doch was ihre Kehle hinabrann, war Alkohol, reiner Alkohol, der ihr auf der Zunge brannte und ihr den Atem aus den Lungen fegte. Sie hustete und brachte kaum den Schluck herunter, den sie genommen hatte. Das war nicht der gepflegte Geschmack gut gereifter Spirituosen, wie Gentlemen sie in Londoner Clubs genossen. Das war ein Gebräu, wie man es nur auf dem Land fand. Selbst gebrannt, derb, wie gemacht für

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