Geliebte Kurtisane
kurz den Riemen seiner Tasche ein wenig zurecht.
„Nun“, sagte Smite. „Eine kleine Pause sollte nicht schaden, ehe wir aufbrechen zu unserer kleinen Landpartie.“
„Nein, macht euch meinetwegen keine Umstände.“ Ash grinste. „Ich kann locker mit euch mithalten.“
Smite warf Mark einen kurzen Blick zu.
„Mithalten?“
„Aber ja, ich begleite euch natürlich“, sagte Ash. Er straffte das Kinn und sah beiseite. „Es sei denn …“
„Kommen deine Geschäfte denn so lange ohne dich aus?“, fragte Mark.
„Oder deine Frau?“, setzte Smite süffisant nach.
Ash seufzte tief. „Es war Margarets Idee. Sie hat geradezu darauf bestanden.“
Mark und Smite wechselten erneut einen Blick. Ash und Margaret waren seit fünf Jahren glücklich verheiratet. Mark konnte sich kaum vorstellen, dass Margaret ihren Gemahl einfach so fortschickte.
Noch während er überlegte, wie er sich höflich erkundigen könnte, was denn passiert sei, kam Smite ihm schon ganz unhöflich zuvor. „Mein Gott, Ash, was hast du denn nun wieder angestellt?“
„Nichts!“, rief Ash. „Zumindest nichts, was ich nicht hätte tun sollen.“
„Gar nichts?“
„Na schön, wenn ihr es unbedingt wissen wollt“, gab Ash sich gönnerhaft geschlagen. „Sie ist in anderen Umständen.“
„Glückwunsch!“ Mark schlug seinem Bruder beherzt auf den Rücken.
Smite schüttelte ihm die Hand, und Ash lächelte so zufrieden, als habe er wirklich Großes geleistet.
„Aber nun wundert es mich noch mehr“, fuhr Mark fort. „Ich hätte nicht gedacht, dass du angesichts dieser Neuigkeit auch nur einen Augenblick von ihrer Seite weichen würdest.“
Mit einmal wurde sein Bruder ganz kleinlaut. „Sie sagt“, murmelte er, „dass ich ihr mit meiner Fürsorge auf die Nerven gehe.“
Mark musste sich das Lachen verkneifen, ebenso Smite.
„Ich weiß gar nicht, was sie meint“, fuhr Ash fort. „Bin ich denn überfürsorglich? Gehe ich euch auf die Nerven?“
„Aber nein“, versicherte ihm Mark etwas zu rasch.
Smite grinste. „Nie.“
„Ich weiß auch nicht, wie sie darauf kommt.“
„Eben.“
„Ich würde andauernd um sie herumscharwenzeln, sagt sie.“
„Das kann ich mir nicht vorstellen“, meinte Mark. „Scharwenzeln klingt viel zu leicht und tänzerisch, als könntest du jeden Moment in die Lüfte entschweben …“
„Wahrscheinlich kreist du eher wie ein Geier über ihr“, fand auch Smite.
„Um beim ersten Anzeichen der Schwäche zuzuschlagen.“
Ash stemmte die Hände in die Hüften. „Ihr kleinen Schlawiner“, sagte er schmunzelnd. „Ich würde niemals …“
„Natürlich nur, um ihr hilfreich zur Seite zu stehen“, stellte Mark fest. „Du meinst es doch nur gut – du bist der gutmütigste Geier, den man sich nur denken kann.“
Smite lachte leise. „Wenn auch nicht der höflichste.“
„Ihr beide seid wirklich der Undank in Person“, beschwerte sich Ash, klang aber ganz vergnügt. Und zum ersten Mal, seit Jessica ihn verlassen hatte, bemerkte Mark, dass er wieder lächeln konnte. Die Zukunft schien ihm nicht länger so trostlos wie noch Tage zuvor. Es würde sich alles finden. „Aber nun mal im Ernst“, sagte Ash und holte tief Luft. „Stört es euch, wenn ich mitkomme?“
Es stand Mark nicht zu, darauf zu antworten. Fragend sah er Smite an, der den Blick abwandte.
Er hatte Jessica erzählt, dass Smite nicht leicht Freundschaften schloss. Das war untertrieben. Smite tat sich generell schwer mit Menschen, er duldete nicht einmal Dienstboten unter seinem Dach. Selbst wenn er in London war, wohnte er nicht in Ashs Stadthaus; er hatte eine eigene Wohnung, in die er sich zurückzog. Auf der ganzen Welt gab es vielleicht drei Menschen, die verstanden, warum er so war.
Smite presste die Lippen zusammen, holte tief Luft. „Keine Sorge, Ash“, sagte er. „Schau uns an – da passt du dazu.“
Mark atmete erleichtert auf. Ein paar Tage wandern. Nichts weiter als Natur und frische Luft, nichts tun müssen, außer einen Fuß vor den anderen zu setzen und mit seinen Brüdern zu reden. Eine Woche lang würde ihn nichts – oder zumindest nicht viel – an Jessica erinnern. Wieder musste Mark lächeln. Bis er nach London zurückkehrte, würde er sie vergessen haben.
Die Schlagzeile lautete: Sir Mark, verführt?!
Jessica konnte sie über den Platz hinweg lesen. Der Zeitungsjunge wurde bereits von einer Menge belagert, die es kaum erwarten konnte, Geld für diese skandalöse Nachricht loszuwerden.
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