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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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verführen, hatte mich dorthin verschlagen …“ Sie hatte vor, größtenteils die Wahrheit zu sagen, nur ein paar kleine Änderungen und Auslassungen wären nötig. Und so erzählte sie. Parret hörte zu, nickte bisweilen. Als sie fertig war, nahm er die von ihr heute früh dicht beschriebenen Seiten auf und las sich alles noch einmal durch.
    „Sie schreiben gut“, stellte er erstaunt fest, als er die erste Seite umschlug.
    „Gut für eine Kurtisane, meinen Sie?“
    „Gut für eine Frau“, erwiderte er zerstreut und trommelte mit den Fingern auf den Tisch, blätterte wieder um. „Genau genommen“, meinte er, „auch für einen Mann.“
    Jessica überlegte, was sie darauf wohl erwidern sollte. Sie spielte in Gedanken alles durch, von Sarkasmus bis Entrüstung, und entschied sich schließlich für die einfachste und ehrlichste Antwort. „Danke“, sagte sie.
    Als Parret zum Schluss gelangt war, sah er sie an. Unter dem zotteligen Schnurrbart waren seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst. „Ich halte es indes für keine gute Idee.“
    „Dann werde ich zur Konkurrenz gehen“, erwiderte sie kühl und versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Sie hatte gehofft, von Parret gleich eine ordentliche Summe bar auf die Hand zu bekommen – genügend, um für eine Weile überleben zu können und sich so bald keine Gedanken mehr um Geld machen zu brauchen.
    Grimmig saß Parret da. „Oh nein, ich meinte nicht Ihren Artikel als solchen“, erklärte er. „Ich halte es für keine gute Idee, Sie als Kurtisane zu bezeichnen. Das ist zu gewagt. Warum nennen wir Sie nicht einfach eine ‚gefallene Frau‘ und belassen die genaueren Umstände im Dunkeln? So steht es der Fantasie der Leser frei, sich auszumalen, was immer sie wollen.“
    Jessica atmete erleichtert auf.
    „Natürlich könnte ich Ihnen mein übliches Honorar anbieten“, fuhr Parret fort. „Ein Shilling per Zeile. Ein faires Angebot, wie ich finde – jedem Mann würde ich unter den gegebenen Umständen dasselbe zahlen.“
    Fast musste Jessica lächeln. „Sir“, sagte sie, „mir scheint, Sie scherzen. Ein Mann hätte diese Geschichte wohl kaum erzählen können. Wir reden hier über den brisantesten Artikel, der seit Langem in London erschienen ist. Mit ein paar Shilling lasse ich mich nicht abspeisen. Ich will fünfzig Prozent der Erlöse.“
    Seine Augen wurden schmal. „Ich trage sämtliche Ausgaben und das Risiko. Zwei Pfund, mehr ist nicht drin.“
    „Fünfundvierzig Prozent. Sonst gehe ich woanders hin. Entweder Sie beteiligen mich am Umsatz, oder Sie bekommen gar nichts.“
    Er hieb mit der flachen Hand auf ihren Artikel, als wolle er ihn für sich beanspruchen. „Fünfundzwanzig.“
    „Dreißig, und fünf Pfund Vorauszahlung.“ Damit könnte sie ihre Schulden tilgen und die nächsten Monate überstehen. Der Rest sollte reichen, ihre Zukunft wieder hoffnungsvoll erscheinen zu lassen, nicht als dunkel drohendes Verhängnis. Selbst die Straße vor dem Fenster schien auf einmal weniger trostlos.
    Mr Parret neigte den Kopf zur Seite. „Na schön. Einverstanden.“ Er reichte ihr die Hand.
    Jessica schlug ein. „Sie verhandeln nicht schlecht“, sagte sie. „Für einen Mann.“
    Mit leisem Ingrimm sah er sie an. Mehr brauchte es anscheinend nicht, um aus einer Kurtisane eine ehemalige Kurtisane zu machen. Sie hatte soeben so viel verdient, dass es eine ganze Weile vorhalten würde. Und bis ihr das Geld ausginge, hätte sie längst Mittel und Wege gefunden, sich wieder welches zu verdienen. Nie wieder würde sie sich verkaufen müssen.
    „Sir Mark dürfte wenig erfreut sein.“ Das war das einzig Schlimme an diesem so einträglichen Geschäft. Sie wusste, wie verhasst ihm alle Neugier an seinem Privatleben war – und nun stieß sie ihn mit aller Gewalt zurück ins öffentliche Interesse.
    Parret nahm es mit einem gleichmütigen Schulterzucken hin und schob ihre Papiere zusammen. „Das ist er nie. Davon habe ich mich noch nie abhalten lassen.“
    Vielleicht könnte sie Marks Reaktion eines Tages mit demselben Gleichmut abtun. Doch dieser Tag schien ihr in weiter Ferne.
    „Ich würde den Artikel gern als Fortsetzung in fünf Teilen bringen, jeden Tag eine Folge – dann hängen die Leser uns wie gebannt an den Lippen oder vielmehr am Papier. Für die letzte Ausgabe berechnen wir dann den doppelten Preis. Als Titel hatte ich an ‚Die Verführung des Sir Mark‘ gedacht. Klingt vielversprechend, oder?“
    „Aber

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