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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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doch war sie noch immer die, die er gekannt hatte. Immer noch war da diese wunderliche, aufreizende Anständigkeit, die sie sich trotz allem bewahrt hatte.
    All der Schmerz und all der Kummer, die er die letzte Woche über zu beschwichtigen versucht hatte, die stummen Vorwürfe, sie kamen ihm nun reichlich kindisch vor, da sie durch nichts gerechtfertigt schienen. Denn wenn sie die Wahrheit sagte, so war sie verführt worden. Sie war aus ihrem Elternhaus verstoßen worden, hatte ihre beste Freundin durch einen schrecklichen Unfall verloren und besaß keine Familie mehr, die diesen Namen verdient hätte. Unwillkürlich sah er zu seinen Brüdern.
    Er war reich, sie hingegen hatte nichts.
    Wie gebannt las er weiter. Der Schmerz ließ nicht nach, aber er wandelte sich. Jegliche Darstellung körperlicher Annäherung – die Küsse, die Berührungen, alles, bis auf jenen Moment, da er ihr tief in die Augen geschaut und den Blick kaum mehr hatte abwenden können – sparte sie aus; doch er meinte ihren Nachhall noch immer zu spüren. Sie war geradezu diskret. In jeder einzelnen Folge fand er seine Geheimnisse gewahrt. Und so zog die Geschichte sich hin bis zu seinem glücklosen Antrag.
    Mark überflog rasch die letzten Worte und legte das Blatt beiseite, ehe er sie laut aussprach. Als er aber ansetzte, versagte ihm die Stimme. Er brachte sie einfach nicht über die Lippen. Smite lehnte sich an ihn und bot ihm stummen Trost. Ash legte ihm die Hand auf die Schulter.
    Wenn sie diese Worte ganz allein hatte schreiben können, so würde er sie wohl jenen beiden Menschen vorlesen können, die ihm die liebsten und vertrautesten waren. Mark atmete tief durch und nahm das Blatt wieder zur Hand. „Ich ging. Was sonst hätte ich tun sollen? Ich hasste ihn aus demselben Grund, aus dem ich ihn liebte – weil ich ihn nicht brechen konnte, und weil eine Frau wie ich niemals einen Mann wie ihn haben würde.“
    Ich hasste ihn. Ich liebte ihn. Sein Herz raste. Fast meinte er, die Einsamkeit fassen zu können, die aus ihren Worten sprach.
    Ich liebte ihn. Ihre Geschichte war in ruhigem, fast schon nüchternem Ton verfasst, aber diese drei Worte hallten in ihm wider wie ein Paukenschlag. Vielleicht war es gelogen. Vielleicht hatte sie es nur des dramatischen Effekts wegen so geschrieben.
    Doch es klang wahr. Es fühlte sich wahr an.
    Er hatte sich an den Glauben geklammert, dass sie lügen müsse, weil er eine andere Möglichkeit nicht in Erwägung hatte ziehen wollen. Er hatte sich vorgestellt, wie sie ihn auslachte. Er hatte sich ihr Treffen mit George Weston ausgemalt und ihren Spott über sein zaghaftes Werben. All das hatte er glauben wollen, denn sonst hätte er sich der Tatsache stellen müssen, ihr versichert zu haben, sie wäre nicht allein. Und da hatte er gelogen.
    Ich liebte ihn. Er fühlte sich trunken und unsicher, als hätte ein Schwindel der Seele ihn befallen.
    Ich liebte ihn. Aber auch sie hatte ihn belogen. Er versuchte, an den letzten Resten gerechter Empörung festzuhalten, doch sie drohten sich in nichts aufzulösen. Jessica hatte ihn verletzt. Und sie gab es zu. War das nicht auch etwas wert?
    Ich liebte ihn, aber eine Frau wie ich könnte niemals einen Mann wie ihn haben.
    Blind war er gewesen. Und dumm. Völlig falsch hatte er gelegen. So sehr auf seine verletzten Gefühle konzentriert, dass er sich keine Fragen gestellt hatte. Sie hatte ihn praktisch angefleht, sie nicht zu mögen. Sie hatte ihm offen gestanden, dass sie ruiniert sei, eine Ausgestoßene der Gesellschaft. Wenn sie sich dazu hergegeben hatte, ihn zu verführen, wie verzweifelt musste ihre Lage sein? Wovon lebte sie jetzt? Und wo war sie?
    Mark hatte sich noch nie so reich gefühlt. Sein Leben war reich an Liebe und Freundschaft.
    Aber was tat sie jetzt? Bei wem war sie?
    Wie sollte er sie finden?
    Blicklos sah er vor sich hin, von Fragen bestürmt. Er sah so lange ins Dunkel, bis Farben vor seinen Augen zu tanzen begannen. Er saß reglos und lauschte dem Schweigen seiner Brüder, bis Ash ihm schließlich einen Klaps auf die Schulter gab, sich dann eines Besseren besann und die Geste in einem unbeholfenen Tätscheln ausklingen ließ. Hinter ihnen knackte das Feuer im Kamin.
    „Wie viel ist daran wahr?“, wollte Ash wissen.
    „Sie hat alles ausgespart, was kein gutes Licht auf mich geworfen hätte. Ich habe ihr von Mutter erzählt – hätte sie uns zum Gespött machen wollen, wäre es ihr ein Leichtes gewesen.“
    „Hmmm“, kam es von

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