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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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einer ganz neuen Perspektive, nicht wahr, und konnte daher in der Mitte noch ein schönes Stück hinauf- oder besser hineinschauen. Das ist aber noch lange nicht alles. Um die Flasche zu öffnen, stellte ich sie natürlich genau wie der Götzi vorher die seine auf den Fußboden und beugte mich nach vorne. Und dabei waren meine Augen jetzt gar nur mehr ein paar Zentimeter von Lydias wohlgeformten, nackten Knien entfernt und registrierten, wie glatt die Haut darüber ist und in was für einem herrlichen Schwung sich die Körperlinien nach oben fortsetzen und welche Verlockungen und Verheißungen in ihnen verborgen sind. Und da meine Lippen ja auch nicht viel weiter entfernt waren als meine Augen, eher weniger, konnten sie sich auf einmal nicht mehr zurückhalten, verloren momentan alle Scheu und drückten, während meine Hände mit dem Flaschenöffnen beschäftigt waren, zuerst auf das eine Knie und dann auch noch auf das andere Knie einen verstohlenen Kuß - jawohl, einen verstohlenen Kuß! Mal zwei, macht zwei verstohlene Küsse.
    Unmittelbar nach vollbrachter Freveltat bekamen es nun aber Lippen und Augen mit der Angst zu tun, und die Augen richteten sich vorsichtig nach oben, um Nachschau zu halten, wie die Besitzerin dieser so reizvollen Knie reagieren würde. Würde sie mit mir schimpfen? Würde sie mich ohrfeigen? Nun, geohrfeigt hat sie mich zum Glück nicht, aber geschimpft hat sie schon. 'Oh, du Schlimmer!' sprachen ihre Lippen mit der gebührenden Strenge, und ihr ausgestreckter Zeigefinger kam meinen Zähnen ein paarmal bedenklich nahe, so daß sie schon direkt versucht waren zuzuschnappen; aber ihre Augen - ja, die blitzten fröhlich und lächelten irgendwie verschmitzt. Jetzt tat ich natürlich sehr zerknirscht und erklärte, wie verführerisch diese zwei halt seien - damit meinte ich klarerweise ihre zwei Knie -, und versprach, in Hinkunft immer ganz brav zu sein, wie es sich für einen Reiseleiter gezieme; ein Reiseleiter habe ja stets moralisch gefestigt zu sein und ausschließlich künstlerische Schönheiten zu bewundern, also etwa die Knie der Venus von Milo oder meinetwegen der Venus von Medici, nicht aber die Knie der Lydia von St. Pölten. Und verzieh mir die Lydia von St. Pölten daraufhin? Oh - Gott sei Dank, ja: die Lydia von St. Pölten verzieh mir auf das großmütigste. Und sie verzieh mir nicht nur mit Worten, sogar mit einer Geste: sie fuhr mir nämlich, während ich da zu ihren Füßen, oder sagen wir: zu ihren Knien, mit der Weinflasche hantierte, mit der Hand leicht über die Haare und dann über den Bart, aber sie verzieh mir nur unter der Bedingung, daß ich, wie versprochen, in Hinkunft ganz brav sein und ausschließlich die Knie der Venus von Milo und der Venus von Medici bewundern würde. Und dazu erstickte sie beinahe vor Lachen, die Arme, das heißt, sie bemühte sich krampfhaft und mit nur mäßigem Erfolg, es zu unterdrücken und todernst zu erscheinen.
    Währenddessen vernachlässigte ich meine Pflichten keineswegs, das heißt, ich entkorkte die Flasche, oder genauer: ich murkste so lang mit dem verdammten Flaschenöffner herum, bis der Korken in tausend Stücke zerbröselt war, die sich teils auf dem Fußboden ansammelten, teils im Wein herumschwammen, und füllte anschließend alle vier Plastikbecher auf, ohne allzuviel dabei zu verschütten. Und sobald die Lydia mit ihrer Verzeihungsaktion zu Ende war, forderte ich alle auf, zu trinken und ja schön brav zu bleiben. Und jetzt erst fiel mein Blick auf Götzi. Na, der hatte richtige Stielaugen bekommen und machte ein Gesicht wie beim Porno - ich meine: wie ein Zuschauer beim Porno! Jetzt brüllte er 'Prost!', leerte seinen Becher fast in einem Zug und angelte sich meine Flasche mit einem gemurmelten 'Du gestattest?' Und jetzt nahm er endlich seine Pfoten von Lydias Schultern weg; und ich merkte deutlich, wie sie erleichtert aufatmete. Seine Pfoten - ja, die brauchte er nun, um sich selber nachzuschenken. Er schenkte sich also selber nach - und was, glaubt ihr, tat er als nächstes?“
    Giggerle macht eine bedeutungsschwere Pause.
    „Rülpsen?“ versucht die Henne.
    „Ach wo!“ ruft Johnny. „Trinken natürlich!“
    „M-m!“ macht Giggerle. „Weder - noch. Sondern exakt das gleiche wie ich vorhin beim Flaschenöffnen. Nur war sein Opfer natürlich die Babsi. Also im Klartext: er beugt sich ein kleines Stück nach vor in Richtung auf Babsis Knie und drückt erst auf das eine und dann auf das andere einen Kuß,

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