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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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nicht so wenig!' murmelte Götzi.
    'O nein, aber die Zahl ist trotzdem viel zu niedrig gegriffen. Unsere eigenen Schätzungen sprechen von mindestens 15 Prozent.'
    Aha, jetzt wurde mir einiges klar. Jetzt glaubte ich nämlich zu erraten, womit Freund Salam, der Liebling aller Frauen, nichts zu tun haben wollte. Und ich meldete mich wieder zu Wort und sagte: 'Werden die Christen auch noch in anderer Hinsicht benachteiligt?'
    'Na, und ob! Früher, als ich noch jung war ...'
    'Aber Sie sind doch noch immer jung!' rief der vorlaute Götzi dazwischen.
    Sie schmunzelte aber nur, warf ihm einen belustigten Blick zu und fuhr, ohne auf seinen etwas anzüglichen Einwurf einzugehen, fort: 'Früher, da war's noch besser. Aber schon in den Siebzigerjahren hat eine neue Islamisierungspolitik eingesetzt, und besonders seit der Ermordung Sadats ist der islamische Fundamentalismus stark geworden, und die Front zwischen Islam und Christentum hat sich verhärtet. Seitdem kann man ohne Übertreibung von einer neuen Unterdrückung sprechen, ja, von einer neuen Christenverfolgung: Christen werden bewußt als Bürger zweiter Klasse hintangesetzt, in Kirchen werden immer wieder Brände gelegt, und christliche Frauen werden häufig in verwerflicher Weise grausam vergewaltigt ...'
    'Vergewaltigt?' japste Götzi dazwischen. 'Aber - was hat denn Vergewaltigung mit Religion zu tun?'
    'Oh, im Islam sehr viel: Vergewaltigung bedeutet nämlich nach islamischem Gesetz Zwangskonversion. Das geht so: Geschlechtsverkehr, gleich, ob freiwillig oder unter Zwang, ist nach islamischem Gesetz gleichbedeutend mit Heirat; die Ehefrau eines Moslems aber wird, so bestimmt es das islamische Gesetz weiter, durch die Heirat automatisch ebenfalls Moslem.'
    'Na und? Sie heiratet ja ihren Vergewaltiger nicht wirklich und ist doch damit frei, ihre christliche Religion weiterhin auszuüben!'
    'O nein, o nein! Denn natürlich sorgt der Vergewaltiger dafür, daß die „Heirat“, wie er sie nennt, im Dorf oder im Stadtviertel allgemein bekannt wird. Und damit sieht sich die unglückliche Frau buchstäblich gezwungen, ihrem christlichen Glauben abzuschwören und sich als Moslem zu deklarieren. Andernfalls wäre sie nämlich dem Tod verfallen ...'
    'Dem Tod verfallen?'
    '... nach islamischem Recht dem Tod verfallen, jawohl - wie jeder Moslem, der dem Islam untreu wird. Gleichzeitig ist leider Gottes auch eine starke Abwanderung christlicher junger Männer zum Islam zu beobachten; man sagt, daß Jahr für Jahr zirka fünftausend Männer dadurch dem Christentum verlorengehen.'
    'Aha', folgerte ich, 'und darum hat sich auch niemand um die Müllmenschen gekümmert, bevor Schwester Emmanuelle ...?'
    'Genau! Durch ihre Initiative wurden mit Hilfe Tausender edler Spender in Europa eine Schule für zur Zeit elfhundert Schüler gegründet, eine Klinik eingerichtet, damit die Schwangeren in hygienischer Umgebung entbinden können, und eine Kompostfabrik gebaut, in der Humus erzeugt wird; und mit dem Erlös dieser Kompostfabrik war es möglich, eine Teppichmanufaktur zu errichten, in der zirka zweihundert Mädchen und Frauen Fleckerlteppiche herstellen und damit eigenes Geld verdienen.'
    'Hm', meinte Götzi und nickte anerkennend, 'das klingt ja alles ganz großartig und höchst lobenswert - aber ist bei der Riesenzahl von Müllmenschen das alles nicht ein bloßer Tropfen auf dem heißen Stein?'
    'Oh - das ist es sicher, und das ist ja auch der größte Schmerz für Schwester Emmanuelle, daß sie ihr großes Werk nicht fortsetzen und vergrößern kann! Aber zumindest setzen wir damit ein Zeichen in der Welt!'

    'Ist Schwester Emmanuelle krank, daß sie ihr großes Werk nicht fortsetzen kann?' fragte ich.
    'O nein, o nein! Krank ist sie, Gott sei gedankt, nicht, und sie fühlt sich mit ihren 86 Jahren auch noch lange nicht zu alt! Aber ihre Ordensoberen in Frankreich finden, daß sie schon längst in den Ruhestand gehört, und haben ihr deshalb befohlen, ihre Wirkungsstätte hier zu verlassen und in ihr Stammkloster zurückzukehren. Und da sie an ihr Gehorsamsgelübde gebunden ist, blieb ihr eben nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Aber das eine können Sie mir glauben: es war sehr schwer für sie, und es ist sehr schwer für uns, sie nicht mehr bei uns zu haben! Aber sie erkennt darin ihre neue Berufung als Betende, und wir spüren ihre Gebete, die uns immer begleiten.'
    'Soso', meinte Götzi nach einer Pause nachdenklich, 'da scheinen aber ihre Ordensoberen nicht gar so viel

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