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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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von ihrem segensreichen Wirken hier zu halten?'
    Auf diese Bemerkung hin wurde Schwester Sara trotz ihrer schönen braunen Gesichtsfarbe merklich blässer und schaute einigermaßen betroffen drein, und ihr Redeschwall war urplötzlich versiegt. Sie hatte sich aber bald wieder in der Gewalt und sagte dann mit betonter Fröhlichkeit: 'Wollen wir jetzt einmal die Koffer öffnen und nachsehen, was uns unsere edlen Spender in Österreich geschickt haben?'
    'O ja, fein!' rief Götzi enthusiastisch aus. 'Schauen wir doch einmal nach, was wir da so geschleppt haben!' Und er sprang auf, öffnete die Stricke, mit denen die Koffer verschnürt waren, öffnete die Verschlüsse und klappte die Deckel in die Höhe. Und mit einem gemeinsamen Aufschrei des Entzückens machten sich beide Schwestern über die Koffer her und begannen sie auszuräumen und die Spenden auf dem großen Tisch, auf der Couch und dann auch noch auf dem Fußboden auszubreiten: Kreuze jeglicher Machart, geschnitzte Heiligenfiguren, Andachtsbilder und Kinderzeichnungen mit Bibelszenen, diversen Christbaumschmuck, Kerzen, Bibeln und Gebetbücher auf deutsch und auf lateinisch, Kugelschreiber und Filzstifte, Schokoladen, Zuckerl, Kekse und anderes Naschwerk und jede Menge Altkleider inklusive Schuhe. Und über jedem einzelnen Gegenstand brachen die beiden in Entzückensschreie aus, daß es nur so eine Freude war. Und zum Schluß bedankten sie sich überschwenglich und baten uns, ihren wärmsten und innigsten Dank auch unserem Bischof und damit allen Spendern auszurichten. Das versprachen wir und fanden übereinstimmend, daß es nun langsam an der Zeit wäre, an den Aufbruch zu denken und den armen Taxler nicht länger warten zu lassen. Also tranken wir unseren Tee aus, bedankten uns auch unsererseits für ihre Gastfreundschaft und wurden von den beiden, vor allem aber von der Schwester Sara, aufs herzlichste verabschiedet.
    Als wir vors Haus traten, merkten wir zu unserer Überraschung, daß es bereits dämmerte. So schnell war die Zeit vergangen! Unser Fahrer erwartete uns dementsprechend schon sehnsüchtig und wollte natürlich ganz genau wissen, was wir mit den beiden knusprigen 'ladies' da drinnen getrieben hätten. Naja, alles verrieten wir ihm klarerweise nicht, schon allein aus dem Grund, weil es halt mit der Verständigung haperte, und von uns aus sollte er sich denken, was er wollte; ihm tat's wahrscheinlich gut, und uns störte es nicht im geringsten - jedenfalls nach Götzis Meinung.
    Wir waren noch nicht weit gefahren und befanden uns gerade am Ausgang der von den Mokattam-Bergen herabführenden Schlucht, als plötzlich etwas völlig Unerwartetes geschah: ein ohrenbetäubender Knall zerriß auf einmal die relative Stille, und es klang wie ein Kanonenschuß, und fast gleichzeitig konnten wir genau vor uns in der Zitadelle einen Feuerschein wie von einem Kanonenschuß erkennen. Ja, was war denn passiert? Während wir noch entsetzt hinausstarrten, um eventuell gleich in volle Deckung gehen oder rechtzeitig aus dem Taxi springen zu können - je nachdem -, hielt der Fahrer sein Fahrzeug auf der Stelle an, ging aber seinerseits keineswegs in volle Deckung und sprang auch nicht aus dem Auto, sondern schaute sich erst einmal mit glückstrahlendem Gesicht nach uns um, sagte etwas, was wir beide nicht verstanden, und begann dann in einem Plastiksackerl vor dem Beifahrersitz zu kramen. Und was er dort herausholte, war keine Maschinenpistole und auch keine Handgranate, sondern eine Thermosflasche, mehrere Fladenbrote und mehrere Zwiebel, und in aller Seelenruhe begann er diese Köstlichkeiten vor unseren Augen zu verspeisen und nahm von Zeit zu Zeit einen Schluck aus der Thermosflasche. Als ihm unsere erstaunten Blicke auffielen, wandte er sich, ungeniert schmatzend, nach uns um und sagte nur ein Wort: 'Ramadan'.
    Ah, jetzt ging mir ein Licht auf, und ich erklärte dem Götzi, dem nämlich kein Licht aufgegangen war, was er mit dem einen Wort 'Ramadan' gemeint hatte. Natürlich, daß Ramadan der Name des islamischen Fastenmonats ist, das wußte der Götzi auch. Aber welcher Unterschied zwischen der christlichen Fastenzeit und dem islamischen Fastenmonat besteht, das war ihm keineswegs klar. Was bedeutet die Fastenzeit für das praktischen Leben der Christen heutzutage? Na, wenn wir ehrlich sind: gar nichts. Und was bedeutet der Fastenmonat für das praktische Leben der Moslems? Eine enorme, für uns unvorstellbare Einschränkung. Sämtliche weltlichen Genüsse

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