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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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wir uns gelegentlich Zeit nahmen, war der Gang zu jenem Loch im Boden des ersten Säulensaals der Hotelsuite, um die Dämonen zu verehren. Und dabei fiel mir übrigens was auf. Und zwar fiel mir auf, daß die Steinplatten, die wir da so mühsam freischaufelten, nach Form, Aussehen und Struktur genau jenem Bodenloch entsprachen und höchstwahrscheinlich aus ihm stammten. Und ihr Zweck wurde nebenbei umso klarer, je länger wir schaufelten. Ihr Zweck dürfte kein anderer gewesen sein, als das Loch ins Kohlpechrabenschwarze zu verbarrikadieren, wie ich's von allem Anfang an vermutet hatte. Und der Zweck des Sandbergs? Denn daß das kein natürlicher Sandberg war, sondern von Menschenhand angelegt, daran zweifelte ich inzwischen nicht mehr. Nun, der Zweck des Sandbergs konnte es nur sein, die aufrecht stehenden Steinplatten in ihrer Lage zu halten. Aber warum war er so hoch? Etwa, um die Stelle unkenntlich zu machen?
    Hie und da probierte ich, ob sie sich vielleicht schon bewegen ließen. Und ich weiß noch, wie ich aufgejubelt habe, als ich zum ersten Mal eine bewegen konnte, wenn auch nicht mehr als um Millimeterbruchteile. Mit der Zeit machte sich dann allerdings bei allen dreien von uns ein unübersehbarer Erschöpfungszustand breit, und unser Eifer drohte mit der Zeit zu erlahmen, und das Gesicht, das meine zwei Süßen machten, wurde immer verdrießlicher, und meines vermutlich auch. Naja, kein Wunder; schließlich war's schon sechs Uhr vorbei. Die Steinplatten ragten inzwischen dank unserer gemeinschaftlichen Arbeitswut schon ungefähr einen halben Meter aus dem Sandberg oder vielmehr dem, was bis dahin von ihm übriggeblieben war. Da hatte ich mit einemmal genug von dieser blöden Schufterei, schmiß meinen Löffel hin und machte mich über eine der Steinplatten her, und zwar über die in der Mitte, hinter der sich nämlich besagter Spalt öffnete; denn hier hatte man klarerweise den besten Griff. Nun, ich griff mit beiden Händen hin, stützte mich mit den Füßen an der Wand ab und begann unter Mobilisierung meiner letzten Kraftreserven sowie unter gräßlichem Ächzen und Stöhnen mit der Steinplatte zu kämpfen und an ihr zu reißen und zu zerren. Und siehe da: sie gab tatsächlich nach und ließ sich bewegen, und sie ließ sich weiter nach vor bewegen als bisher, und noch weiter und noch weiter, und dann machte es auf einmal laut und vernehmlich plumps!, und wir waren von einer dichten Staubwolke eingehüllt, so daß Myriam fürchterlich zu husten begann, und die Steinplatte lag besiegt zu unseren Füßen. Und da nun der Kampf mit dieser einen Steinplatte so erfolgreich über die Bühne gegangen war, nahm ich unverzüglich die nächste in Angriff, und zwar letztlich mit demselben Erfolg. Und so ging's jetzt der Reihe nach allen an den Kragen, und binnen kurzem hatte ich im buchstäblichen Sinn alle umgelegt.
    Alle hatte ich sie umgelegt, und an ihrer Stelle gähnte jetzt ein großes kohlpechrabenschwarzes Loch. Da ich selber momentan total groggy war, setzte ich mich fürs erste auf eine der Steinplatten, um trotz der dichten Staubwolke zu verschnaufen und gleichzeitig das neuentstandene Loch zu betrachten. Es war mindestens einen halben Meter breit und fast ebenso hoch; es wäre natürlich noch höher gewesen, wenn wir den Sandberg zur Gänze abgebaut und die Steinplatten weggeschleppt hätten. Ob's durch dieses Loch ins Freie geht? Dafür würde sprechen, daß in der Inschrift darüber vom Schatzhaus der Dämonen die Rede ist, aber dagegen spricht, daß es dahinter, wie gesagt, kohlpechrabenschwarz ist; nirgendwo ein Schimmer vom Tageslicht, nach dem ich, um ehrlich zu sein, inzwischen schon echte Entzugserscheinungen hatte.
    Während mir diese Gedanken durch den Kopf schossen - und das hatte bestimmt nicht länger als höchstens ein paar Sekunden gedauert, wenn überhaupt -, wurde es plötzlich im Kohlpechrabenschwarzen hell, und dieselbe übernatürliche Erscheinung leuchtete in den herrlichsten Farben auf wie vorhin während der Peep-Show. Was war geschehen? Ganz einfach: die Lydia hatte wieder einmal die einzig richtige Idee gehabt und leuchtete nun mit ihrer Taschenlampe in das neuentstandene Loch hinein, oder genauer: durch das neuentstandene Loch hindurch auf die wunderbaren Dinge dahinter. Und gleichzeitig stieß sie einen Schrei des Entzückens aus, und auch Myriam hustete auf einmal ganz entzückt, und mir blieb der Mund offenstehen, und die Augen gingen mir über. Und jetzt lenkte ich natürlich

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