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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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gleich selbst bedienten, solange wir noch daneben tief und fest schlummerten - diese Schweine, diese Saukerle, diese Halunken!
    'Myriam! Lydia! Diese Schweine ...!' rief ich voller Entsetzen und mit einer Stinkwut sondergleichen im Bauch, indem ich mich zu meinen zwei Süßen umwandte, und verstummte sofort wieder. Myriam lag wieder ohnmächtig auf Lydias Schoß, und Lydia war zwar nicht ohnmächtig, aber sichtlich einer Ohnmacht nahe und zeigte keinerlei Reaktion, und als sie nach einiger Zeit doch reagierte, sagte sie ganz apathisch mit schwacher Stimme, ohne mich anzuschauen: 'Aber ... deshalb sind wir doch keine Schweine!'
    Darauf reagierte aber wieder ich nicht mehr. Ich war inzwischen in eine Art Erstarrung verfallen und starrte nur noch stumpf vor mich hin und grübelte über diese unerhörte Schweinerei nach. Und daraus schrak ich erst wieder auf, als der Bus plötzlich stehenblieb. Ich erschrak wirklich, denn ich glaubte im ersten Moment, jetzt werden wir doch noch hinausgeschmissen. Wie ich dann aber aus dem Fenster schaute, erkannte ich, daß wir im Land, wo Milch und Honig fließt, gelandet sein mußten: saftig grüne Felder, blühende Büsche und schlanke Palmen, die sich im Wind wiegten, und dahinter eine große, blaue Wasserfläche, und hinter dieser wieder Palmen, überragt von den Häusern einer richtigen Stadt! Im Land, wo Milch und Honig fließt - oder war's nur eine Fata Morgana? Aber dann sah ich, wie die Fahrgäste, teils ohne sich weiter um uns zu scheren, teils uns scheue Blicke zuwerfend, in den Mittelgang drängten, dem Ausgang zuströmten und sich lebhaft diskutierend und zum Teil rauchend draußen vor dem Bus versammelten und dabei immer wieder irgendwie ängstlich zu uns her blickten. Und da erwachte ich erst allmählich aus meinem Delirium, oder wie ich das nennen soll, und wußte, jetzt ist's so weit, jetzt nur noch über den Nil, und wir sind daheim; und ich begann von den schönen Dingen zu träumen, die uns 'daheim', wie ich das in meiner Vorstellung nannte, erwarteten, und mußte dann schlagartig wieder an meine verschwundene, verlorene, geklaute Brieftasche denken und war mit einemmal hellwach und zugleich total verzweifelt. Denn ich wußte: nichts ist mit den schönen Dingen, die uns in Luxor erwarten! Ohne Geld - keine Musik!
    Na, wie auch immer: jetzt rasch hier raus! Und ich räumte in Blitzesschnelle meine Sachen - ohne Brieftasche! - wieder in meine Umhängetasche, hängte mir diese um den Hals, ließ den Freßsack aber liegen, wo er war, sprang auf und wandte mich meinen zwei armen Süßen zu. Bei denen hatte sich leider noch keine Besserung eingestellt; Myriam lag immer noch ohnmächtig auf Lydias Schoß. Ich rüttelte Lydia aus ihrer Lethargie, und mit ihrer Hilfe richtete ich Myriam auf und legte sie mir auf den Rücken. Und so schleppte ich sie durch den Mittelgang nach vorne wie weiland Äneas seinen alten Vater Anchises aus dem brennenden Troja, und hinter mir folgte Lydia und hielt Myriam auf meinem Rücken fest. Und so erreichten wir den Herrn Chauffeur, der uns mit unbewegter Miene entgegenblickte. Da erinnerte ich mich an meine gewaltigen arabischen Sprachkenntnisse und rief ihm atemlos zu: 'Schokran! Schokran!', zu deutsch also 'Danke! Danke!' Und da ging auf einmal ein wunderbares Leuchten über sein Gesicht. Trotzdem blieb er stumm wie ein Fisch. Nachdem wir aber ohne irgendwelche Zwischenfälle die Stufen des Ausstiegs bewältigt hatten, sahen wir ihn, nämlich den Herrn Chauffeur, uns in ganz ungewohnter Hast nachkommen und mit einem komischen Blick auf uns hinter dem Bus verschwinden.
    Die anderen strömten inzwischen schon, laut schnatternd, dem Fluß zu, und so zögerten wir nicht lange und eilten ihnen, so gut es ging, nach, um ja nicht die Fähre zu verpassen. Wir - das waren noch immer nur Lydia und ich mit Myriam ohnmächtig auf meinem Rücken. Und wir hatten eben den Abstieg zu dem zur Landungsbrücke führenden Weg am Nilufer erreicht, als wir plötzlich eilige Schritte und ein atemloses Keuchen hinter uns hörten. Erschrocken drehten wir uns um, und wen sehen wir da? Den Herrn Chauffeur! Er kam uns wie ein geölter Blitz nachgesaust, blieb vor uns stehen und streckte uns, ohne ein Wort zu sagen und ohne eine Miene zu verziehen, drei Wasserflaschen entgegen - wohlgemerkt keine von denen, die ich in seinem Bus quasi entsorgt hatte, sondern frische - volle! Da rief ich begeistert: 'Schokran! Schokran!', und wieder leuchtete sein Gesicht auf, und er

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