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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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Zimmer, stattgefunden hat.
    Nachdem dieses Fest beendet war, fiel mir auf einmal wieder ein, was ich eigentlich vorhatte, und mich packte der wilde Schrecken, und ich wurde zu Lydias Leidwesen mit einem Schlag hektisch. Ich löste mich von ihr, sprang aus dem Bett, sauste ins Badezimmer, um mich zu waschen, sauste zurück, um mich anzuziehen, küßte sie noch einmal, verabschiedete mich von ihr und eilte in meine Kemenate. Dort angekommen, schnappte ich mir den mit Wasserflaschen vollgestopften Sack, den ich mir gestern an der Rezeption ausgeborgt hatte und wollte ihn mir gerade an die Schulter hängen, da fiel mir ein, daß ich ja auf Myriams Empfehlung das alte, staubige, verschwitzte Gewand anziehen sollte. Also: Wassersack noch einmal ablegen, das frische, saubere Gewand ausziehen, das alte verdreckte Gewand anziehen, Wassersack schnappen, und ab geht die Post. Bei meiner Lydia traute ich mich in meinem jetzigen Aufzug sowieso nicht mehr aufzukreuzen, und so wählte ich gleich die Direttissima in die Hotelhalle. Der Herr Doktor, dessen Namen ich mir natürlich nicht gemerkt hatte, erlitt beinahe einen Schock, als er mich jetzt so verändert sah, während Myriam sehr zufrieden dreinschaute. Er sprang aber sofort auf, und wir machten uns gemeinsam auf den Weg. Myriam begleitete uns noch vors Hotel, wo schon ein Taxi auf uns wartete; jedenfalls sprang der Fahrer sogleich aus dem Wagen und hielt dem Herrn Doktor die hintere Tür auf. Bei mir zögerte er sichtlich, doch als der Herr Doktor was zu ihm sagte und ihm was in die Hand drückte, stieg seine Begeisterung merklich, und er eilte rund um den Wagen und hielt mir, jetzt ohne zu zögern, die andere Tür auf.
    Es ging los. Ich bat den Herrn Doktor, mir noch einmal seinen Namen zu sagen; er sei mir leider entfallen. Aber sehr gerne, antwortete er: Ruschdi El Manfaluti, und wiederholte ihn noch einmal. Und wie sei der meine gewesen? Er habe ihn nämlich nicht recht verstanden. Ich sagte ihn ihm ebenfalls ein paarmal langsam vor, bis er ihn mitgekriegt hatte, und fragte ihn anschließend, ob Ruschdi sein Vor- oder sein Nachname sei. Sein Vorname natürlich. Ach so? Ich dachte, es sei ein Familienname; schließlich heiße so der weltberühmte, von den Mullahs mit dem Tod bedrohte Verfasser der 'Satanischen Verse' mit Nachnamen, nicht wahr? Klar; aber es sei eigentlich ein arabischer Vorname; und er lud mich ein, ihn mit dem Vornamen anzusprechen. Da konnte ich natürlich nicht zurückstehen und bat ihn, mich ebenfalls einfach Christian zu nennen. Die Frage des Duzens stellt sich ja im Englischen nicht.
    Während wir noch so miteinander plauderten, hielt das Taxi an, und wir waren am Nilufer angelangt, und es hieß aussteigen und auf die Fähre umsteigen. Auf der Fähre hielt ich neugierig nach dem Touristenpolizisten Ausschau, und es fuhr auch brav einer mit, aber es war ein anderer, und der musterte mich mißtrauisch, entweder wegen meiner Aufmachung, oder weil ich ihm so erwartungsvoll entgegengeblickt hatte, redete mich aber dann doch nicht an, als ich, etwas enttäuscht, in eine andere Richtung schaute. Am anderen Ufer wurden wir, oder vielmehr: wurde Ruschdi, wie ich ihn jetzt immer nannte, bereits erwartet: zwei schnurrbärtige Galabejaträger, beide mit blitzenden weißen Zähnen, um die sie jede Schönheitskönigin hätte beneiden können, rannten auf ihn zu, fielen ihm um den Hals und busselten ihn ab, daß es eine Freude war. Anschließend stellte er mich ihnen vor, und sie schüttelten mir mit breitem Grinsen lang und kräftig die Hand, daß mir die Finger krachten und ich mich zurückhalten mußte, um nicht vor Schmerz aufzuschreien. Dann gingen wir zum Parkplatz, und sie führten uns zu einem Auto, das dort abgestellt war, einem Jeep oder Landrover oder sowas Ähnlichem; ich kenn' mich da ja nicht aus. Der sehr geräumige Kofferraum war, wie ich zu meiner Befriedigung sogleich feststellte, angeräumt mit allerhand Geräten wie Schaufeln, Maurerkellen, Schabern, Pinseln, Bürsten, Maßbändern, Linealen, und was weiß ich noch allem; dazu gab's auch noch Körbe und Holzkisten. Auch Ruschdi schien durchaus befriedigt zu sein und vermehrte die Sammlung noch durch seine eigene Reisetasche und eine Fototasche. Hierauf setzte er sich auf den Beifahrersitz und bat mich, mich hinter ihn zu setzen; ans Lenkrad und neben mich setzte sich zuletzt je einer der beiden Galabejaträger, die Türen wurden zugeschlagen, und der Fahrer startete den Motor. 'Also das

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