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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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ganze Gesicht und rief mit einer Intensität, die ich ihr in ihrem Zustand gar nicht zugetraut hätte: 'Er kommt! Sofort! Spätestens morgen um diese Zeit wird er hier sein!'
    'Ja, super!' erwiderte ich. 'Da muß ich dazu schauen, daß ich bis dahin gesund und fit bin!'
    'Ja, er bittet ausdrücklich darum, daß ihn einer von uns begleitet und führt, und so, wie's bei mir und Lydia aussieht ... Außerdem verlangt er strengste Geheimhaltung.'
    Da lachte Lydia und sagte: 'Na, solange wir so marod sind und den ganzen Tag nichts als schlafen ...'
    'Ja, außer einer von uns plaudert unser süßes Geheimnis im Schlaf aus!' versuchte ich zu scherzen. Aber meine Lydia war nicht auf den Mund gefallen und konterte: 'Du hast vollkommen recht, das ist eine echte Gefahr, wenn du mit einer Freundin im Bett liegst! Schließlich wohnst du ganz allein, und inzwischen kennen wir dich ja schon, nicht wahr, Myriam?'
    Aber Myriam schien mit ihren Gedanken ganz woanders zu sein und antwortete gedankenverloren: 'Ja, inzwischen kennen wir den Zugang ja schon, und ich glaube, du wirst am besten das gleiche Gewand anziehen, das du in der Zeit unserer Gefangenschaft angehabt hast.' (Ich hatte es nämlich noch nicht weggeschmissen.) 'Es wird ja nur wieder staubig, und das deine ist ja bei weitem nicht so mitgenommen wie unseres, nicht wahr, Lydia?'
    Aber meiner Lydia ging's offenbar insgesamt doch schon bedeutend besser, denn sie war immer noch zum Scherzen aufgelegt und sagte lachend: 'Genau! Das ist ja die Schweinerei! Wir machen ihm eine Freude und zerreißen extra unsere Kleider, damit er was zu sehen hat, und er vergönnt uns nicht einmal diese kleine Freude und hält seinen Luxuskörper die ganze Zeit schamhaft verhüllt - stimmt's?'
    'Luxuskörper?' fragte Myriam pikiert. 'Wie meinst du das?' Aber Lydia dachte nicht daran, es ihr zu erklären, sondern lachte sie nur an, und so wandte sich Myriam wieder an mich und fuhr fort: 'Und vergiß bitte nicht, genügend Wasser mitzunehmen! Er denkt vielleicht nicht dran. Kauf dir's am besten heute noch in der Hotelbar! Es tut mir ja so leid, daß ich noch nicht gesund bin und an diesem Unternehmen nicht teilnehmen kann!'
    Und so schwärmte Myriam noch die längste Zeit von dem bevorstehenden 'Unternehmen', wie sie's nannte, und gab mir noch allerhand gute und ebenso auch noch allerhand überflüssige Ratschläge, während Lydia ihre gute Laune allmählich verlor und zusehends ernster und nachdenklicher wurde; und als ich sie fragte, was denn so plötzlich in sie gefahren sei, gab sie zur Antwort: 'Hast du nicht erst vorgestern erklärt, du hast dich so an uns gewöhnt?' Und als ich eifrig nickte, fuhr sie fort: 'Na siehst du! Und was glaubst du denn von uns? Wir haben uns natürlich auch so an dich gewöhnt, nicht wahr, Myriam?'
    Jetzt mußte endlich auch einmal Myriam lächeln, und ich sagte: 'Du bist lieb - ihr seid lieb!' und wußte sonst nichts mehr zu sagen.

    3. Teil

    Bei Philippi sehen wir uns wieder!
    (SHAKESPEARE)

    Den Rest des Tages verbrachte ich teils mit Vorbereitungen für das bevorstehende 'Unternehmen', teils mit Essen, Trinken und Schlafen, um endlich wieder einmal ordentlich zu Kräften zu kommen. Und als mich am nächsten Morgen das Läuten des Telefons weckte - ich hauste ja nicht mehr in einer Abstellkammer und schon gar nicht in einer unterirdischen Grabkammer -, da spürte ich sofort, daß ich schon wieder halbwegs auf dem Damm war. Und wer wagte es, mich zu so früher Stunde so unsanft aus dem süßen Schlummer zu reißen? Na, wer wohl? Myriam war's. Und wozu? Um mir mitzuteilen, daß der Archäologe aus Kairo da sei und in der Hotelhalle auf mich warte. Übrigens: von früher Stunde konnte überhaupt keine Rede sein; es war halb neun.
    Als ich in die Hotelhalle hinunter kam, diesmal, ohne zuvor meine zwei Süßen zu besuchen, saß da bereits in einem Fauteuil Myriam, offensichtlich von den Toten wiederauferstanden und wieder umwerfend hübsch, und ihr gegenüber saß ein frühzeitig ergrauter Herr mittleren Alters mit eindrucksvoller arabischer Adlernase und unterhielt sich angeregt mit ihr. Als sie mich erspähte, unterbrach sie sich abrupt und deutete auf mich, woraufhin sich der frühzeitig ergraute Herr erhob und mir seine Hand entgegenstreckte. Myriam stellte zuerst auf arabisch mich ihm vor, und dann wechselte sie ins Deutsche über und stellte ihn mir vor als Herrn Doktor Ruschdi El Manfaluti, wohingegen er mich in fließendem Englisch anredete. Er sagte, er sei

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