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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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schließlich waren sie praktisch Fach- und Berufskollegen, nicht wahr? Und daraus entwickelte sich allmählich ein zuerst reichlich stockender, aber dann mit der Zeit immer lebhafterer Dialog, dem ich andächtig lauschte, ganz so, als ob ich davon jedes Wort verstanden hätte oder dabei Arabisch hätte lernen können. Ich hatte mich sogar zu Ibrahims Gaudium längst verkehrt auf meinen Sitz gekniet und meinen Kopf auf die Sitzlehne gestützt, um die Vorgänge hinter mir besser im Auge behalten zu können; Sitzgurte oder eine Gurtenpflicht gibt's ja in Ägypten nicht, und wenn, so wär' mir das auch wurscht gewesen. Wer hätte mich in diesem einsamen Wüstental schon kontrollieren oder gar abstrafen wollen? Das einzige Problem war, daß eine Wüstenpiste natürlich nicht immer ganz so glatt wie eine gepflegte Asphaltfahrbahn ist - ganz im Gegenteil. Andererseits war deutlich zu erkennen, daß Ibrahim jetzt merklich langsamer und vor allem viel sachter fuhr, wahrscheinlich aus purer Rücksicht gegenüber dem Verwundeten im Kofferraum.
    Irgendwann begann der Dialog zwischen Ruschdi und seinem gefesselten Kollegen allerdings zu stocken und war dann mit einemmal aus. Ich blieb noch eine Zeitlang in meiner verkehrten, knienden Stellung und träumte einfach vor mich hin und versuchte gleichzeitig meinen bereits heftig nagenden Hunger und meinen ebenso quälenden Durst zu vergessen. Die beiden hatten sich nämlich mit aller Macht eingestellt, seit ich nichts mehr zu tun hatte, und vielleicht war das einer der Gründe, warum ich mich so intensiv um die Vorgänge hinter mir kümmerte; und seitdem es dort still geworden war, spürte ich den Hunger und den Durst jetzt doppelt. Immerhin war's schon drei vorbei. Mir war inzwischen völlig klar, daß mir vorläufig nichts anderes übrigbleiben würde, als Allahs Gebote zu befolgen. Erst die sonore Stimme des guten Ibrahim riß mich aus meinen Tagträumen und veranlaßte mich, mich wieder normal hinzusetzen. Ich merkte nämlich, daß er eigentlich zu mir redete. Er sagte zuerst etwas, was ich nicht beachtete und natürlich auch nicht verstehen konnte, aber dann begann er auf einmal: 'Uáhad ... itneen ...'; und dabei grinste er mich schelmisch an, und seine weißen Zähne blitzten, und das, obwohl er bestimmt nicht weniger als ich an Hunger und Durst zu leiden hatte - höchstwahrscheinlich sogar mehr, denn er durfte ja seit der Morgendämmerung nicht mehr essen und trinken. Und wann hatte ich gefrühstückt?
    Also: Ibrahim begann zu zählen: 'Uáhad ... itneen ...', und dabei streckte er seine rechte Hand nach mir aus und hielt seinen Zeigefinger gekrümmt, als ob er ein Schießeisen in der Hand hätte und auf uns schießen wollte; und dazu grinste er, wie gesagt, übers ganze Gesicht. Da setzte ich mich schnell richtig hin, streckte meine rechte Hand nach ihm aus und rief: '... taláta ... bumm!' Na, was soll ich euch sagen, jetzt war er wieder in seinem Element, und Achmad ebenso, und es ging wieder eine tolle Blödelei los, an der sich nach und nach auch Freund Ruschdi beteiligte; nur der Herr Inspektor der Altertümer schien das Ganze überhaupt nicht witzig zu finden, denn man hörte ihn immer wieder mürrisch knurren, und den Verwundeten, dieses Schwein, hörte man übrigens von hinten immer wieder stöhnen. Aber jetzt achtete keiner von uns mehr auf die zwei; wir registrierten höchstens das Stöhnen mit einer gewissen Befriedigung, denn es zeigte uns an, daß der Kerl noch da war und lebte. Den Vogel schoß ich übrigens dabei selber ab, als ich in diesem Zusammenhang an Machmut seligen Angedenkens zurückdenken mußte und das Sprüchlein aufsagte, das er mir mit vieler Mühe beigebracht hatte und über das er sich immer so mordsmäßig amüsiert hatte: 'Ana ... bádrab ... áschara.' Na, damit löste ich ein Gewieher aus - das könnt ihr euch wahrscheinlich gar nicht vorstellen! Und der gute Ibrahim hatte sichtlich Schwierigkeiten, seinen Wagen halbwegs in der Spur zu halten. Zum Glück befanden wir uns noch auf der Wüstenpiste und noch nicht auf der belebten Straße, und zum Glück durchfuhren wir gerade ein harmloses, einigermaßen ebenes Gelände. Hundert Mal mußte ich Machmuts Spüchlein wiederholen, und jedesmals mit demselben Erfolg. Wenn das der gute Machmut wüßte!
    Naja, einmal ging das auch vorüber, und Ibrahim hielt an, und wir waren am Ufer des Nils angelangt. Was geschah jetzt? Achmad und Ibrahim hoben den Verwundeten aus dem Wagen und probierten jetzt

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