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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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war. Der Dickwanst stieß ein kurzes Kommando aus, und der Touristenpolizist nahm die Papyri, und zwar alle beide, kam mit ihnen zu mir zurück und überreichte sie mir und erklärte dazu in seinem unnachahmlichen Deutsch, diese bekäme ich sofort zurück; über den Revolver hingegen müsse erst der Herr Direktor entscheiden.
    Na, der Revolver war mir scheißegal, den konnte sich der Herr Direktor meinetwegen an den Hut stecken! Hauptsache, ich hatte meine zwei kostbaren Papyri wieder! Mit denen hatten sie offenkundig nichts anzufangen gewußt. Und hochzufrieden blätterte ich sie durch, um sicherzugehen, daß ja nichts fehlt und daß sie ja nicht beschädigt worden sind, und steckte sie wieder in die Tasche. Doch während ich sie in die Tasche steckte, durchzuckte mich ein plötzlicher Schrecken: um Himmels willen - der Paß! Mein Paß fehlt mir ja noch! Den hätte ich jetzt in der Aufregung beinahe vergessen! Den hat doch noch ... Und ich streckte den Zeigefinger gegen die Brust des Touristenpolizisten aus und sagte: 'Bitte, meinen Paß!'
    'Ah, Ihr Paß!' erwiderte der, und ein Leuchten der Erinnerung ging über sein Gesicht. Aha, den hätte er sich auch gerne behalten, dachte ich bei mir. Ein österreichischer Paß soll ja, wie man hört, in manchen Ländern ein begehrtes Objekt sein und eine schöne Stange Geld einbringen. Er griff in seine Jacke hinein und zog ihn hervor. Und dann tat er etwas, wofür ich ihn hätte erwürgen können. Er drehte sich nämlich um und legte ihn vor dem Dickwanst auf den Schreibtisch. Und der griff gelangweilt nach ihm, blätterte ihn nur einmal mit gleichgültigem Gesicht kurz durch und legte ihn hierauf achtlos zur Seite und sagte dabei ein paar Worte. Der Touristenpolizist nickte ehrfürchtig, drehte sich zu mir um und sagte: 'Über Paß Herr Direktor muß entscheiden.'
    Da war meine Zufriedenheit mit einem Schlag vollends beim Teufel, und ich sagte einigermaßen ungehalten: 'Ja, wieso kann er denn nicht gleich entscheiden?'
    Er ignorierte aber meine Empörung und antwortete ganz sachlich: 'Weil er heute nicht im Amt. Heute Sonntag.'
    'Was heißt, er ist nicht im Amt?' sagte ich gereizt; ich fühlte mich von ihm richtiggehend verarscht. 'Da sitzt er ja und glotzt!' Und ich zeigte mit dem nackten Zeigefinger auf den Dickwanst, der uns in diesem Augenblick wirklich saublöd anglotzte.
    'Das ist nicht Herr Direktor. Herr Direktor morgen, inscha Allah.'
    Jetzt war ich einen Moment lang sprachlos, und dann riß mir trotz der geheiligten Gegenwart des Dickwanstes die Geduld, und ich ließ meiner Wut und meiner Empörung freien Lauf. Was ich ganz genau zu ihm sagte, weiß ich nicht mehr; dazu war ich viel zu aufgebracht, aber ich wies jedenfalls darauf hin, daß das mein Paß sei und daß niemand das Recht habe, ihn mir vorzuenthalten, und dergleichen mehr. Der Touristenpolizist sagte gar nichts, sondern starrte mich nur belämmert und offenbar ungläubig an, und Ruschdi sagte auch nichts; vermutlich hatte er gar nicht mitgekriegt, um was es eigentlich ging. Aber der Dickwanst - der sagte plötzlich was, oder genauer: der ließ plötzlich ein Donnerwetter los, im Vergleich zu dem das erste Donnerwetter ein Frühlingslüfterl gewesen war, und dabei streckte er zornbebend den rechten Arm aus und zeigte ungefähr Richtung Tür. Naja, so viel Arabisch verstand ich ja, aber ich wollte meinen Paß zurück; das war mir wichtiger als das ganze Scheißwohlwollen des Dickwanstes. Und da keiner von all denen irgendwelche Anstalten machte, mir freiwillig meinen Paß zurückzugeben, mußte ich mich eben auf meine eigenen Füße stellen und mich selbst bedienen. Und ich war, ohne mich um das idiotische Donnerwetter des Dickwanstes zu scheren, mit zwei oder drei Schritten beim Schreibtisch und wollte mir eben meinen Paß schnappen, da spüre ich plötzlich einen brennenden Schmerz im Kopf, wie ich ihn heute in dieser Scheißbude schon einmal gespürt hatte, nur noch bedeutend heftiger als damals, und ich sehe sämtliche Sterne und gehe zu Boden und verliere für einige Augenblicke das Bewußtsein. Meine Magengegend bleibt übrigens diesmal glücklicherweise verschont, offenbar nach dem Motto: Aus Erfahrung wird man klug. Jedenfalls bleibt dafür diesmal auch der Fußboden verschont.
    Wach wurde ich erst durch zwei kräftige Pratzen, die mich über besagten Fußboden schleiften. Sie schleiften mich bei der Tür hinaus, und auf dem Gang kam ich, wie gesagt, wieder ganz zu mir und stand auf, ließ mich

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