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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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Tränen zu kämpfen. Natürlich versprachen wir, einander fleißig zu schreiben; doch gleichzeitig warnte uns Myriam, daß sie eigentlich furchtbar schreibfaul sei. Aber wir - also Lydia und ich, nicht wahr - wir trösteten sie und sagten, mach dir nichts draus, liebste Myriam, wir sind ja selber schreibfaul. Und schließlich kamen wir zur Paßkontrolle, und dort hieß es nun endgültig Abschied nehmen. Und da fielen wir einander um den Hals und küßten uns ab und machten uns gegenseitig mit den Tränen naß, und Myriam und Lydia schluchzten laut auf. Und wie wir uns dann voneinander lösten, da griff Myriam mit einemmal in ihr Täschchen, kramte in ihm ein Weilchen mit zittrigen Fingern herum und zog schließlich ein Silberketterl mit einem ebenfalls silbernen Anhänger heraus, drückte es der Lydia in die Hand und murmelte dazu unter Tränen: 'Damit du mich nicht vergißt!' Danach kramte sie erneut in ihrem Täschchen, entnahm diesem ein Kuvert, drückte dieses mir in die Hand und murmelte: 'Damit du mich auch nicht vergißt!'
    'Ja, wie könnte ich dich denn vergessen?' rief ich aus, schaute sofort hinein - es war nämlich nicht zugeklebt - und fand darin zwei entzückende Fotos von Myriam, ein neueres und eines, das sie als ungefähr Siebzehn-, Achtzehnjährige zeigt. Da erinnerte ich mich, daß ich mir schon längst überlegt hatte, ob ich ihr nicht zum Abschied meinen - leider inzwischen etwas eingedepschten - tibetanischen Silberlöffel als Andenken schenken solle, holte ihn aus meiner Umhängetasche und sagte zu ihr: 'Darf ich dir den hier als Andenken an unsere gemeinsamen Ferien in den Thebanischen Bergen schenken? Es könnte ja sein, daß du einmal was zum Auslöffeln hast, und dann denkst du vielleicht an mich!' Und während sie unter Tränen unglaublich süß lächelte, drückte ich ihn ihr in die Hand. Und auch Lydia ließ es sich nicht nehmen, ihr ein Andenken zu hinterlassen: sie streifte sich ihren zarten, filigranen Goldring mit einem wirklich hübschen grünen Stein - ich glaube, es ist ein Smaragd - vom Finger, ergriff Myriams linke Hand und streifte ihr diesen Ring auf den Ringfinger, und dazu sagte sie gar nichts, sondern küßte sie, heftig weinend - wohin? Ich traute meinen Augen nicht: auf den Mund!
    Nach einer weiteren, allerletzten rührseligen Liebesszene zu dritt reihten wir, also Lydia und ich, uns in die vor der Paßkontrolle wartende Schlange ein, und Myriam blieb in der Nähe stehen und winkte uns, noch immer hemmungslos heulend, immer wieder zu, bis wir die Kontrolle passiert hatten und der Sichtkontakt endgültig abgerissen war. 'Kontrolle' übrigens und nicht 'Paßkontrolle' - jedenfalls für mich. Ich hatte ja keinen Paß mehr, sondern nur das von der Botschaft ausgestellte Ersatzdokument. Dieses bereitete dem kontrollierenden Beamten zwar sichtlich Kopfzerbrechen, denn es dauerte auffällig lang, bis er mir's wieder zurückgab, aber er sagte kein Wort und gab mir's eben schließlich wieder zurück, und damit war die Sache erledigt. Und da hatte ich mir damals in Luxor noch im Ernst überlegt, ob ich mich am nächsten Tag noch einmal in die Höhle des Löwen wagen und mir wegen meinem Paß vielleicht noch weitere Schändlichkeiten antun lassen solle!
    Sobald wir dann in der zu unserem Flugsteig führenden Abflughalle standen und aufs Einsteigen warteten, hatten wir beide dieselbe Idee: wir holten Myriams Geschenke noch einmal hervor, um sie genauer zu begutachten und uns gegenseitig zu zeigen, ich das Kuvert mit den zwei Fotos und Lydia das Silberketterl. Der Anhänger dieses Ketterls erwies sich bei näherer Betrachtung als kleine Kapsel, die man aufklappen konnte. Und was kam, wenn man sie aufklappte, drinnen zum Vorschein? Eine winzig kleine gemalte Ikone, darstellend die heilige Maria, oder auf arabisch: die heilige Myriam. 'Na, das ist aber ein wirklich passendes und zugleich entzückendes Andenken an unsere Myriam, findest du nicht auch?' kommentierte ich. Und was sagte Lydia drauf? Sie sagte gar nichts, aber ihre Augen füllten sich von neuem mit Tränen, so daß ich mich meinerseits veranlaßt fühlte, sie, nämlich ihre feuchten Augen, möglichst zärtlich zu küssen.
    Nachdem wir uns im Flugzeug häuslich niedergelassen hatten - wir hatten's nie erwartet, aber wir hatten tatsächlich zwei Sitze nebeneinander bekommen -, merkte ich plötzlich, daß ihr die Augen immer noch - oder schon wieder? - voller Tränen standen. Da flüsterte ich ihr zu: 'Aber Schatzilein, du

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