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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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daß ich mir's überhaupt nicht vorstellen konnte, von ihm getrennt leben zu müssen, und ihm, ganz objektiv gesehen, auch keine vaterlose Kindheit antun wollte - aber genauso wenig eine mutterlose.
    Wißt ihr, was ich getan habe? Ich bin zu ihm ins Kinderzimmer geschlichen, habe die Tür sorgfältig zugemacht, ihm was vorgeheult - wirklich! - und ihn beschworen, seinem Mamilein in den Ohren zu liegen, sie möge doch bitte nicht darauf bestehen, daß der Papi ausziehen müsse. Ich hab' keine blasse Ahnung, ob er's getan hat. Gefragt hab' ich ihn nicht. Aber falls er's getan haben sollte, so war der Erfolg gleich null.
    Sobald ich mich wieder halbwegs gefaßt hatte, steuerte ich die nächste Telefonzelle an – zu einem dieser neumodischen Handys hatte ich mich noch nicht aufgerafft – und wählte Lydias Nummer. Ob wir uns irgendwo treffen könnten? Ich hätte was Wichtiges mit ihr zu besprechen. Und nun erlebte ich die nächste Überraschung. Ich möge doch gleich zu ihr kommen, und ich würde Augen machen, wer bei ihr zu Besuch sei. Direkt in ihre Wohnung? Ja, klar. Und ihr Freund? Was sei mit dem? Ach, der sei ausgezogen. Von dem habe sie sich jetzt endgültig getrennt.
    Ich war so baff, daß ich nicht einmal fragte, wer denn bei ihr zu Besuch sei, über wen ich Augen machen würde. Aber ich sollte es ohnehin sehr bald erfahren, denn ich machte mich augenblicklich auf die Socken, fuhr wie die Feuerwehr und läutete kaum eine halbe Stunde später an Lydias Haustür. Und dann machte ich tatsächlich große Augen: denn der Besucher, von dem sie gesprochen hatte, oder vielmehr die Besucherin war niemand anderer als die gute, alte Babsi. Natürlich war jetzt keine Möglichkeit, meiner Lydia zu erzählen, was ich auf dem Herzen hatte, sondern zunächst einmal wollte die Babsi unterhalten werden, und sie brannte danach, mir zu berichten, was sich nach jenem verhängnisvollen Abend in Luxor zugetragen hatte - der Lydia hatte sie's garantiert schon berichtet, das sah ich dieser an der Nasenspitze an -, und vor allem die sagenhafte Aufregung am Morgen danach. Da waren ja zunächst einmal gleich fünf spurlos verschwunden, und als man Clemens und Klein-Barbara endlich fand, da verdoppelte sich die Aufregung ja nur, oder genauer: da kam noch die moralische Entrüstung dazu, und zwar nicht nur bei der Familie Giftzwerg. Um das Gespräch in etwas angenehmere Bahnen zu lenken, fragte ich sie, zugegebenermaßen reichlich unvermittelt, wo sie denn ihren Götzi gelassen habe; der hätte sich sicher gefreut, wieder einmal die Lydia zu sehen. Ich fürchte, das hätte ich nicht sagen sollen. Die Babsi war jetzt auf einmal wie ausgewechselt, stotterte eine Zeitlang nur herum und sagte dann sinngemäß ungefähr folgendes: mit dem Götzi habe sie keinen Kontakt mehr, der wolle von ihr nichts mehr wissen; und dann, nach einer Pause: sie sei vielleicht nicht ganz sein Typ, er sei ziemlich ungalant gewesen und habe angedeutet, daß es mit ihr nichts heiße; und schließlich, nach einer weiteren Pause: er habe eben immer nur Augen für Lydia gehabt.
    Kurz danach hatte es die Babsi auf einmal furchtbar eilig und verabschiedete sich von uns, und ich war darüber, ehrlich gesagt, heilfroh. Denn jetzt konnte ich endlich meiner Lydia alles das mitteilen, was ich ihr mitzuteilen hatte. Sie verhielt sich phantastisch: erst tröstete sie mich mit lieben und passenden Worten und streichelte mich dabei immer wieder zärtlich, und dann erklärte sie, selbstverständlich könne ich bei ihr wohnen, und sie würde sich sogar über die Maßen darüber freuen, ja, sie kenne kein größeres Glück, als wenn ich bei ihr einziehen würde. Als ob sie's geahnt hätte - ausgerechnet jetzt habe sie sich von ihrem Ex-Freund getrennt! Das Schicksal scheine tatsächlich seine Hand dabei im Spiel gehabt zu haben. Und mich empfinde sie gar nicht so sehr als ihren Freund als vielmehr als ihren Mann. Und noch mehr von der Sorte. Ich saß die ganze Zeit neben ihr und hörte ihr andächtig zu und genoß ihre Zärtlichkeiten und erwiderte genauso wenig wie zuvor auf die Gardinenpredigt meiner Frau, aber im Gegensatz dazu tat mir das, was Lydia sagte, alles so unendlich wohl, es war - wie sagt man da? - Balsam für meine verwundete Seele. Und das Ende vom Lied: ich ließ mich von ihr überreden, meiner Frau ihren Herzenswunsch zu erfüllen und dabei gleichzeitig ihr selber, also Lydia, ihren Herzenswunsch zu erfüllen und dabei außerdem das zu tun, was für mich selber

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