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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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„Sexueller Mißbrauch Abhängiger - das war's doch, oder?“
    „So lautete die Beschuldigung, ja. Und ihr wißt auch, daß er sich damals höchst ungeschickt verhalten hat, und die übrigen Bischöfe ebenso, unserer natürlich wieder ganz besonders, und daß als Folge die Leute massenhaft aus der Kirche ausgetreten sind. Und offenbar im Zusammenhang damit gingen auch die Anmeldungen für die Reisen des Katholischen Bildungswerks schlagartig zurück, und als man den Unentwegten, die sich trotzdem für eine der Reisen anmelden wollten, für die ich als Reiseleiter vorgesehen war, mitteilen mußte, daß ich diese Reisen doch nicht leiten werde, traten nicht wenige davon gleich wieder von ihrer Anmeldung zurück.“
    „Mm, alle Achtung!“ bemerkt die Henne anerkennend. „Da hast du also jede Menge Fans!“
    „Naja, sieht so aus“, konzediert Giggerle bescheiden. „Also wurde den Interessenten mitgeteilt, es sei erfreulicherweise gelungen, Herrn Deuschl doch zur Durchführung seiner Reisen zu bewegen, und darauf meldeten sich die wieder an, und der Herr Deuschl hat alle seine geplanten Sommerreisen durchgeführt und dazu im Herbst noch mehrere, für die er gar nicht vorgesehen war; aber jetzt war er ja vom Schuldienst beurlaubt, nicht wahr, und folglich nicht mehr an die Schulferien gebunden.“
    Nun meldet sich wieder Johnny zu Wort: „Aber das bischöfliche Veto! Hat dein Hannes dadurch nicht Schwierigkeiten gekriegt?“
    „Also, welche Bewandtnis es damit hatte, hat er mir erst viel später erklärt. Er hatte nämlich in Wirklichkeit schon längst die allergrößten Schwierigkeiten mit dem Bischof, auch ohne mich. Genau wie bei mir aus einem vollkommen läppischen Grund, der zeigt, daß die Kirche in ihrer Denkart noch tief im Mittelalter steckt. Sie sind nämlich beide verheiratet, nur eben nicht miteinander. Nun behauptet aber die Fama schon lange, daß sie miteinander ... naja, daß sie eben im stillen Kämmerlein so tun, als wären sie miteinander verheiratet. Und darum scheint sie der Bischof mehr und mehr unter Druck gesetzt zu haben - falls ich das richtig mitgekriegt habe. Naja, der langen Rede kurzer Sinn: sie beschlossen, die entsprechenden Prüfungen abzulegen, eine Reisebürokonzession zu erwerben und sich damit auf die eigenen Füße zu stellen, mit anderen Worten: ein eigenes Reisebüro aufzumachen und sich so von der bischöflichen Willkür unabhängig zu machen, und zwar mit Beginn des heurigen Jahres. Und natürlich hatten sie vor, ihre bisherigen Reiseleiter in die neue Organisationsform mitzunehmen. Und so hat es sich eben ergeben, daß ich nach wie vor für Hannes und Vera fahre, und fleißiger als je zuvor.
    Naja. Jetzt werdet ihr mich aber wahrscheinlich bald rügen und sagen: aus den Augen - aus dem Sinn! Von seiner lieben, süßen Myriam erzählt er gar nichts mehr, dieser Schuft, und vom Ruschdi auch nicht! Und bevor ihr das sagen könnt, wollen wir jetzt ganz rasch wieder an unsere lieben ägyptischen Freunde denken, an Myriam eben und an Ruschdi, ja? Ich hatte sie nämlich absolut nicht vergessen, und Lydia auch nicht. Wie hätten wir auch eine Myriam vergessen können, mit der uns so viele unzerreißbare Fäden verbanden und deren Andenken wir beide ständig mit uns herumtrugen? Nein, nein, wir schrieben ihr beide relativ fleißig nach Kairo, und wir vergaßen auch nicht unser Versprechen, das wir ihr nach ihrer Vergewaltigung durch unseren vermeintlichen Freund und Helfer, dieses Schwein, gegeben hatten, und legten gleich einem unserer ersten Briefe einen gemeinsamen Scheck über einen größeren Geldbetrag bei - ihr wißt schon: für den dadurch notwendig gewordenen gynäkologischen Eingriff.
    Ja - aber sie schien uns binnen kürzester Zeit vergessen zu haben. Zwar - am Anfang schien noch alles in Butter zu sein, und sie schrieb uns, nicht fleißig, aber doch gelegentlich, und zwar beiden, mir nach Melk und der Lydia nach St. Pölten; das war ja noch lang vor dem 1. Juni, als ich mit der Lydia in dieses Haus hier eingezogen bin. Und sie bedankte sich auch irrsinnig für den Scheck, über den sie sich sehr gefreut haben muß. Und einmal schrieb sie uns: 'Hurra! Meine Jungfräulichkeit ist wiederhergestellt!' Aber bald darauf wurden ihre Briefe noch spärlicher und gleichzeitig inhaltlich dünner, und Ende April kam schließlich ein Brief mit der lapidaren Mitteilung, sie trete am 5. Mai in den Stand der Ehe, und mit einer unlesbaren arabischen Vermählungsanzeige, und dann kam

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